Millionen veruntreut? Das Bundesversicherungsamt stellt der Securvita ein Ultimatum. Die Verantwortlichen sollen gehen.
Hamburg. Der Skandal um die mögliche Veruntreuung von Versichertengeldern bei der Securvita BKK wird personelle Konsequenzen haben. Das Bundesversicherungsamt (BVA) - die Aufsichtsbehörde der gesetzlichen Krankenkassen - hat den Verwaltungsrat der Hamburger Krankenkasse ultimativ aufgefordert, Thomas Martens und Dr. Ellis Huber ihrer Ämter zu entheben, sollten sie die Vorwürfe nicht doch noch entkräften können. Das bestätigte BVA-Sprecher Tobias Schmidt dem Abendblatt.
In einem Schreiben wurde den Verwaltungsratsmitgliedern ein "Verpflichtungsbescheid" angekündigt. Das bedeutet: Sollte der Verwaltungsrat nicht handeln, wird er vom BVA gezwungen, Martens und Huber ihrer Ämter zu entheben. Wie berichtet, ermittelt die Hamburger Staatsanwaltschaft gegen den Gründer und Verwaltungsratsvorsitzenden der Securvita BKK, Thomas Martens, den Vorstand Dr. Ellis Huber und zwei ehemalige Vorstände (AZ 3302Js90/10). Das BVA hatte Strafanzeige wegen des Verdachts der Untreue in einem besonders schweren Fall erstattet. Bei den Vorwürfen geht es um den Mietvertrag für die Securvita-Zentrale am Lübeckertordamm in St. Georg. Unterschrieben hatte den Vertrag Ellis Huber.
Der Vorwurf: Die L.T.D. Lübeckertordamm Entwicklungs-GmbH (LTD), bei der Martens über eine eigene Firma Mitgesellschafter war, hatte den Neubau am Lübeckertordamm geplant und mit der Securvita BKK einen Mietvertrag über 20 Jahre abgeschlossen - über mehr Bürofläche, als die Kasse benötigt. Ein Gutachten der Bremer Rechtsanwälte Ralf Schäfer und Jan van Dyk, das dem Abendblatt vorliegt, bestätigt, dass der Kasse ein Schaden von mindestens 17,8 Millionen Euro entsteht.
Zugleich habe Thomas Martens als LTD-Mitgesellschafter profitiert: Er verkaufte die Geschäftsanteile in Höhe von 50 000 Euro für 4,225 Millionen Euro weiter.
"Wenn sich die Vorwürfe bestätigen würden, wäre das ein Riesenskandal", sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dem Hamburger Abendblatt. Grundsätzlich plädiert Lauterbach für ein "aggressives Vorgehen" gegen Korruption, die es sowohl bei Krankenkassen als auch bei Ärzten und in Krankenhäusern gebe. "Korruption vergiftet die Atmosphäre im gesamten Gesundheitssystem", sagte Lauterbach. "Deshalb arbeiten wir zurzeit mit Experten an einem Anti-Korruptionsgesetz, das in den kommenden Wochen vorgestellt wird."
Die Securvita BKK, Thomas Martens und Ellis Huber waren gestern trotz mehrfacher Anfragen zu keiner weiteren Stellungnahme bereit.
Auffällig ist, dass die privaten Unternehmen von Thomas Martens mit der Securvita BKK eng verknüpft sind. "In dieser Ausprägung ist das bundesweit einmalig", sagt Gesundheits-Ökonom Prof. Jürgen Wasem.
Michael Rüther, Ver.di-Landesbezirksfachbereichsleiter Sozialversicherung, fordert, den Fall schnell aufzuarbeiten. "Wenn ein sehr langfristiger Mietvertrag mit einem derart hohen Finanzvolumen dem Verwaltungsrat bewusst vorenthalten wird, dann ist dieses Vorgehen gesetzeswidrig", sagt er.