Das 24-köpfige Gremium des HSH-Ausschusses diskutierte heute in der letzten Sitzung über die Erkenntnisse der vergangenen Monate.
Hamburg. Am Ende war Harald Krüger doch ganz zufrieden. „Wir wollen uns ja nicht selber loben“, sagte der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft zur HSH Nordbank bei der letzten Sitzung des Gremiums am Freitag in der Hansestadt. „Aber dieser Ausschuss hat gezeigt, dass sich die Politik tief in eine solche Materie einarbeiten kann.“ Das zeige der fast 700 Seiten starke Abschlussbericht.
Der CDU-Politiker wollte damit auch jenen Kritikern entgegentreten, die in der mehr als zwei Millionen Euro teuren Ausschussarbeit nicht mehr sehen wollten als eine nutzlose Alibi-Veranstaltung. Quer durch die Fraktionen waren sich die Abgeordneten einig, dass sich die Arbeit von 37 Sitzungen in eineinhalb Jahren und Dutzenden von Zeugenvernehmungen durchaus gelohnt habe. Der Ausschuss habe Erkenntnisse zutage gefördert, die dem Parlament und der Öffentlichkeit sonst verborgen geblieben wären.
Die HSH Nordbank war in keinem guten Zustand, als sie im Jahr 2008 in die Finanzkrise taumelte und nur mit Milliardeneinsatz der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein vor dem Absturz gerettet werden konnte. Darüber waren sich sie Abgeordneten im Ausschuss inhaltlich grundsätzlich einig, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. „Die Finanzmarktkrise hat die Schwächen offengelegt, die bereits vorhanden waren“, formulierte es der CDU-Obmann im Ausschuss, Thilo Kleibauer. Deutlicher formulierte es Joachim Bischoff von den Linken: „Die massive Schieflage der Bank wurde vor allem durch hausgemachte Defizite verursacht.“
Der Ausschuss deckte Organisationsschwächen der Bank auf, mangelndes Risikomanagement, verspätete Reaktionen auf Fehlentwicklungen und ein überzogenes Renditestreben, um den Gang an die Börse zu bewältigen. Unterschiedlich sind die Meinungen, ob es sich lediglich um unternehmerische Fehlentscheidungen handelte, die an den Rand des Abgrunds führten, oder ob Vorstände ihre Pflichten verletzt haben. Das ist jedoch keine politische, sondern eine juristische Frage, die letztlich wohl von Gerichten geklärt wird. Die Bank fordert bereits Schadenersatz von vier ehemaligen Vorständen, nicht aber vom noch amtierenden Vorsitzenden Dirk Jens Nonnenmacher.
Auch die Rolle des Aufsichtsrats wird von der CDU anders bewertet als von SPD, Grünen und Linken. Das Gremium, das von den CDU-Politikern Wolfgang Peiner und Michael Freytag geführt wurde, sei für die Milliardenverluste der Bank nicht verantwortlich, meinte Kleibauer. Das sieht zum Beispiel die SPD ganz anders. „Die Öffentlichkeit und das Parlament wurde systematisch in die Irre geführt“, sagte ihr Obmann Thomas Völsch.
Vor allem SPD, Grüne und Linke forderten, die Aufsicht über öffentliche Unternehmen und die Rechte des Parlaments sowie von Parlamentarischen Untersuchungsausschüssen deutlich zu stärken. Die Überwachung der Bank sei unzureichend gewesen. Die Bank habe sich gegenüber dem Ausschuss unkooperativ gezeigt und wichtige Unterlagen gar nicht oder nur unter Druck und begrenzt zugänglich gemacht. „Am Ende mit Erfolg“, meinte Andreas Waldowsky von der GAL. „Sie hat die Arbeit des Ausschusses verzögert und so verhindert, dass einige Komplexe abschließend untersucht werden konnten.“
Und an diesem Punkt waren sich dann auch wieder alle Fraktionen einig: Es sei schade, dass die Arbeit wegen der vorgezogenen Bürgerschaftswahl am 20. Februar nicht zu Ende geführt werden konnte. Einen neuen Ausschuss in der nächsten Legislaturperiode wünscht sich aber bislang nur Bischoff von den Linken. Er wird ein ergänzendes Minderheitsvotum vorlegen, ebenso wohl die SPD. Der Bericht des Ausschusses und die Minderheitsvoten werden in der letzten Sitzung der Bürgerschaft am 9. Februar diskutiert. (dpa)
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Eigentlich ein Satz, der Mut macht: "Learning by doing". Das Motto der Pfadfinder erlaubt Fehler beim Handeln, solange man später daraus lernt. Aber passt dies zur Aufgabe, Milliarden-Machenschaften einer Landesbank zu kontrollieren? Eine Mitarbeiterin der Finanzbehörde jedenfalls hat sich auf diese Maxime berufen, sagte sie im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur HSH-Nordbank aus. Ihre Aufgaben waren neu, trotz Fortbildungskurses "Betriebswirtschaftslehre für Juristen". Das war Anfang 2007, als sich das Desaster der HSH Nordbank aufbaute. Immerhin, später bekam sie Hilfe. Das Motto des Kollegen nach eigener Aussage: "Learning by doing".
Es sind haarsträubende Details, die hervorgehen aus der noch geheimen Fassung des finalen Berichts des Ausschusses. Neue Erkenntnisse zur Verantwortung der Politiker in den Aufsichtsräten und Bankchef Dirk Jens Nonnenmacher finden sich auf den 700 Seiten jedoch nicht. Der Bericht wurde mit heißer Nadel gestrickt, mit der Legislatur endet auch diese Untersuchung. Während die Staatsanwaltschaft weiter ermittelt, diskutiert das 24-köpfige Gremium in der letzten Sitzung heute über Deutungen. Und die Politiker müssen sich fragen: Wie viel Aufklärungen haben die Sitzungen in den 21 Monaten gebracht, die insgesamt 2,4 Millionen Euro gekostet haben?
"Learning by doing", das scheint auch das Motto der Abgeordneten zu sein. Hier sind sich die parteilichen Vertreter einig: Die rechtlichen Möglichkeiten müssten gestärkt werden, weil das Gremium bei der HSH Nordbank auf Granit gebissen hat. Ansonsten konkurrieren Interessen. Der CDU muss es darum gehen, ihre ehemaligen Finanzsenatoren Michael Freytag und Wolfgang Peiner zu schützen. Aber auch die SPD muss Aufsichtsräte decken und die Parteifreunde in Schleswig-Holstein.
Auch so war es kein leichter Job. Juristische Streitigkeiten um die Herausgabe von Akten spickten die Arbeit. Bezeichnend, dass die HSH Nordbank schließlich anbot, in einem "Datenraum" Akten einzusehen, Kopieren verboten. Auch dürften Fraktionen nicht ihre Mitarbeiter entsenden. Nicht gerade einladend für Politiker eines Feierabend-Parlaments.
Das frustriert. "Dieser Untersuchungsausschuss ist ein Papiertiger", sagt der GAL-Abgeordnete Andreas Waldowsky. "Die Bank hat erfolgreich gemauert." Eigentlich dazu bestimmt, behördliches Handeln zu überprüfen, stand der Ausschuss einem Unternehmen mit städtischer Beteiligung gegenüber; mit verflochtenen Beteiligungen und Tochterfirmen, die nur wenige Eingeweihte durchschauen. Waldowsky hält zudem die Bewertungen politischer Verantwortungen für "wenig meinungsstark", auch orientiere sich der Bericht stark am Gutachten der Anwälte von "Freshfield". Das entlastet Bankchef Nonnenmacher, dessen Entlassung GAL, SPD und Linke fordern.
Entsprechend den Mehrheiten in der Bürgerschaft haben überwiegend von der CDU ausgewählte Fachleute am Bericht mitgeschrieben. Auch das ist ureigenes Prinzip des PUA: Die Deutungshoheit hängt von Mehrheiten ab.
Also diskutiert das Gremium heute über Änderungen. Die Linke wird den Bericht ablehnen. "Es bleiben zentrale Bewertungen offen, die nicht der mangelnden Kooperation seitens der Bank zu verdanken sind", sagte Finanzexperte Joachim Bischoff. In der SPD hielt man sich gestern zurück. Doch gilt als wahrscheinlich, dass die entscheidenden Akteure CDU und SPD sich einigen, ihre Mehrheit würde reichen. Die 700 Seiten bieten auch willkommenen Diskussionsstoff in der letzten Sitzung der Bürgerschaft vor den Wahlen.
"Die Fakten im Bericht sind, wie sie sind, der Rest ist politische Deutung", sagt der Vorsitzende des Ausschusses, Harald Krüger (CDU). (Philip Volkmann-Schluck)
Hier finden Sie das Dossier zur HSH-Nordbank-Affäre .