2200 CDU-Anhänger feiern Verteidigungsminister zu Guttenberg im CCH. 300 Genossen applaudieren Altkanzler Helmut Schmidt in Langenhorn.
Hamburg. Erst der Bundesverteidigungsminister und junge Shootingstar der Union, dann der Altkanzler und große Staatsmann der Sozialdemokratie - mit Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Helmut Schmidt präsentierten CDU und SPD im Wahlkampf ums Rathaus gestern Abend in Hamburg ihre größten Zugpferde. Unterschiedlicher hätten die Veranstaltungen aber kaum ausfallen können.
2200 Menschen drängten sich in den großen CCH-Saal, um den weltgewandten Adeligen wie einen Popstar zu feiern. 400 Neugierige mussten sogar draußen bleiben - alle Plätze belegt. Sie verpassten eine Politinszenierung, wie sie derzeit wohl nur mit Deutschlands beliebtestem aktiven Politiker möglich ist. Der Verteidigungsminister marschierte gemeinsam mit Bürgermeister Christoph Ahlhaus und CDU-Chef Frank Schira zur bombastischen Filmmusik aus dem Piratenklamauk "Fluch der Karibik" ein - und schaffte es sogar, das in seine Rede einzubauen. "Piraterie hat nichts mit Jack Sparrow zu tun", erklärte zu Guttenberg mit Blick auf den durchgeknallten Kapitän. Die Piraterie am Horn von Afrika berühre auch deutsche Wirtschaftsinteressen, und er sehe es überhaupt nicht ein, warum man diese Interessen nicht mit Fragen regionaler Sicherheit verknüpfen dürfe. Die Hamburger Reeder, deren Schiffe schon mehrfach in der Region gekapert wurden, erwähnte der Minister nicht.
Konkret wurde zu Guttenberg auf seiner knapp 45-minütigen Tour d'Horizon, die ihn von Hamburg nach Afghanistan, von Pakistan ins "Dschungelcamp" - "Muss das sein?" - und zurück nach Hamburg führte, ohnehin selten. Umso heftiger wurde er gefeiert für seine allgemeine Kritik an Politikern, die "schwadronieren", bevor sie verstehen, die zu wenig entscheiden und zu selten Klartext reden. An einem Punkt legte sich der Minister aber fest - dass Hamburg "in neun Jahren sicherer geworden ist und auch kinderfreundlicher". Diese gute CDU-Regierungsbilanz dürfe nicht dem "Versprechensszenario" der SPD geopfert werden. Davon hätten die Menschen "die Schnauze gestrichen voll". Klartext à la Guttenberg.
Auch Christoph Ahlhaus, der Mann, der das "Szenario" verhindern soll, hatte SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz zuvor hart für seine Versprechen attackiert. Zwar kosteten die gestern nur noch eine halbe Milliarde Euro, nachdem der Bürgermeister am Tag zuvor beim CDU-Wirtschaftsrat noch von 600 bis 700 Millionen Euro gesprochen hatte. Aber "unsolide" fand er das beide Male und warf Scholz daher "vorgezogenen Wahlbetrug" vor - was allerdings voraussetzt, dass die SPD die Wahl gewinnt. Das müsse verhindert werden, so Ahlhaus, denn: "Der rote Filz steht vor der Tür, wir dürfen ihn nicht reinlassen." Im Übrigen gelte: "Wer die SPD wählt, wählt die Grünen gleich mit." Das sei "die Partei der Ideologen und Blockierer, das sage ich aus Erfahrung". Dagegen ist "Fluch der Karibik" ein Kindergeburtstag.
Kontrastprogramm bei der SPD: Im Langenhorner Lichtspielhaus warb Scholz um seine Politik. Auch er hatte personelle Unterstützung - von Helmut Schmidt, selbst Langenhorner. Und als ein solcher kam er auch. "Das hat es lange nicht gegeben, dass ich auf einer öffentlichen SPD-Veranstaltung der SPD nur als Zuhörer komme", hatte er Scholz zur Begrüßung gesagt. Mehr sagte er an diesem Abend nicht. Zwar gab es das obligatorische Bild von Scholz mit Schmidt und Altbürgermeister Peter Schulz. Das war es aber auch an Inszenierung. Die Show blieb aus.
Schmidt wurde im Rollstuhl in den Raum gefahren, seinen Gehstock fest in der Hand. Fast schien es ihm unangenehm, dass die rund 300 Gäste sich von ihren Plätzen erhoben und ihm minutenlang applaudierten.
Scholz kam fast unbemerkt einige Minuten später und stellte sein Wahlprogramm vor. Danach sprach er nicht mehr zu den Bürgern, sondern mit ihnen - beantwortete Fragen, diskutierte, erläuterte. Es war ein dankbares Publikum in Langenhorn - "das Rückgrat der Partei" nannte es ein Sozialdemokrat. Kritik war hier nicht zu erwarten, zumal Kritik an Scholz bei den Genossen derzeit ohnehin tabu ist. Da brauchte es die Hilfe des Altkanzlers gar nicht.