Im Gespräch mit dem Abendblatt betont Schattensenator Frank Horch, wie wenig Differenzen es zwischen ihm und Olaf Scholz gibt.
Hamburg. Frank Horch ist einen ungewöhnlichen Schritt gegangen. Doch von Nervosität ist nichts zu spüren, als er das erste Interview als Schattensenator dem Abendblatt gibt.
Hamburger Abendblatt: Haben Sie eine heimliche Sympathie für die SPD?
Frank Horch: Mein Engagement hat mit Parteiensympathie nichts zu tun. Die Handelskammer hat als neutrale Institution seit Jahrzehnten den Senat beraten - egal, ob er von der SPD oder der CDU geführt war. Ich möchte mit meiner Erfahrung etwas für die Hamburger Wirtschaft tun.
Das Außergewöhnliche ist, dass Sie die Bereitschaft, Senator bei Olaf Scholz zu werden, vor der Wahl erklären. Sie machen damit Wahlkampf für die SPD.
Horch: Die Tatsache ist, dass Olaf Scholz und nur er mich angesprochen hat. Seit dem Koalitionsbruch hat mich kein anderer angesprochen. In mehreren Gesprächen ist Olaf Scholz sehr überzeugend auf mich zugegangen. Wir haben auch in den Inhalten große Übereinstimmung festgestellt. Er ist mir, was Verlässlichkeit, Ziele und elementare Zukunftslösungen für Hamburg angeht, sehr nah. Ich will nicht einseitig Wahlkampf machen. Aber ich verhehle nicht, dass meine Bereitschaft eine Aussage zugunsten von Olaf Scholz darstellt.
Sind Sie SPD-nah?
Horch: In früheren Jahren ja, besonders zu Studentenzeiten. Später war das dann nicht mehr so. Insgesamt dürften die Stimmen recht gleich verteilt sein.
In welchem Zustand sehen Sie die CDU?
Horch: Die CDU hat, ausgelöst durch die Schulstrukturdebatte, im bürgerlichen Lager Schaden genommen. Ich war schon nach dem Volksentscheid gegen die Primarschule der Ansicht, dass es zu weiteren erdrutschartigen Veränderungen für die CDU kommen kann.
Meinen Sie ein schlechtes Wahlergebnis für die Union?
Horch: Richtig.
Im Sommer hat es Gespräche zwischen Ihnen und Bürgermeister Christoph Ahlhaus über Ihren möglichen Eintritt in den CDU-Senat gegeben. Hängen Sie Ihr Fähnchen nach dem Wind?
Horch: Nein. Damals hatte ich inhaltlich die gleiche Ausgangsposition wie jetzt gegenüber Herrn Scholz. Allerdings waren die Gespräche jetzt noch intensiver, um konkreter auf inhaltliche, strukturelle und organisatorische Zielsetzungen zu kommen. Damals wie heute bin ich bereit, im Interesse der Hamburger Wirtschaft dieses Amt zu übernehmen. Von daher habe ich die Ausrichtung der Fahne nicht verändert.
Ist aus der damaligen Zeit persönliche Verletzung geblieben, weil sich Ahlhaus gegen Sie entschieden hat?
Horch: Nein.
Was macht Herr Scholz denn besser als Herr Ahlhaus?
Horch: Am besten hat mir an Herrn Scholz gefallen, dass er vor der Wahl ohne Not ein so klares Bekenntnis zu meiner Person als Wirtschaftssenator abgelegt hat. Das ist überzeugend für mich.
Und inhaltlich?
Horch: Wir stimmen zu 95 bis 98 Prozent überein. Das sagt alles.
Sie befürworten längere Laufzeiten für Atomkraftwerke, die SPD ist dagegen. Ein erster Konflikt?
Horch: Nein. Zum einen haben wir auf dem Hamburger Stadtgebiet ja gar keine Atomkraftwerke. Zum anderen sehe ich die Atomkraft lediglich als eine Übergangstechnologie. Ich bin mit der SPD einer Meinung, dass die Zukunft den regenerativen Energien gehört.
Welche drei Schwerpunkte würden Sie als Wirtschaftssenator setzen?
Horch: Wir müssen dafür sorgen, dass die Elbvertiefung zügig umgesetzt wird. Wir stehen bei großen internationalen Reedereien im Wort, und eine Verspätung der Fahrrinnenanpassung kann äußerst negative wirtschaftliche Folgen für den Wirtschaftsstandort Hamburg haben. Deshalb würde ich mich als Senator auf allen Ebenen - im Bund und in Brüssel - für eine schnelle Elbvertiefung starkmachen.
Wie lautet Ihr zweiter Schwerpunkt?
Horch: Der Mittelstand in der Stadt muss noch stärker als bisher gefördert werden. Deshalb sollte die Stadt den kleineren Betrieben unter anderem mehr Flächen zur Verfügung stellen.
Auch im Hafen?
Horch: Ja, gerade im Hafen wünsche ich mir mehr Industrieansiedlungen. Dort könnte zum Beispiel ein zentraler Standort für Unternehmen sein, die sich auf die Elektromobilität spezialisieren. Denn dieser Bereich ist ein wichtiges Zukunftsfeld, auf dem Ökonomie und Ökologie miteinander verbunden werden. Mein dritter Schwerpunkt ist die enge Verzahnung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. So bin ich ein großer Befürworter von Technologieparks, die mit Unterstützung der Stadt ausgebaut werden sollten.
Das hilft den Studenten, die in überfüllten Hörsälen sitzen, wenig.
Horch: Selbstverständlich müssen wir für bessere Verhältnisse an den Universitäten sorgen. Doch das wird als Wirtschaftssenator nicht mein originäres Arbeitsgebiet sein.
Wären Sie für eine Große Koalition?
Horch: Es ist nicht meine Aufgabe, über Koalitionen nachzudenken. In der Wirtschaftspolitik ergibt sich zwischen CDU und SPD eine größere Deckungsgleichheit als zwischen SPD und GAL. Ich weiß aber, dass die SPD eine Zusammenarbeit mit der GAL bevorzugt.
Werden Sie Wahlkampfauftritte mit Herrn Scholz absolvieren?
Horch: Darüber haben wir noch nicht gesprochen. Ich werde aber nicht in extrem starker Form in den Wahlkampf einsteigen. Ich schließe aber nicht aus, dass ich Argumente zur Wirtschaftspolitik bei öffentlichen Veranstaltungen der SPD vertrete.
Was kann ein Bürgermeister Olaf Scholz für Hamburg leisten?
Horch: Herr Scholz verfügt über ein großes strategisches Geschick und sieht die Quellen der Wertschöpfung im Vordergrund. Darüber hinaus geht es um die Synthese von Arbeitnehmer und Unternehmer. Wir brauchen in Hamburg eine soziale Balance und ein hohes Maß an Gerechtigkeit. Wenn der zukünftige Bürgermeister das richtige Maß erkennt und einen Senat mit hoher Entscheidungskompetenz an seiner Seite hat, kann er viel für Hamburg leisten.
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