An der Eppendorfer Landstraße 145-149 droht alten Häusern der Abriss. Poletto-Restaurant ebenfalls betroffen - Stadtvillen geplant.
Eppendorf. Sterneköchin Cornelia Poletto verabschiedet am heutigen Silvesterabend mit ihren Gästen nicht nur das Jahr 2010, sie trennt sich auch von ihrem 300 Quadratmeter großen Restaurant an der Eppendorfer Landstraße 145 - nach fast genau zehn Jahren. Am 15. Januar läuft der Mietvertrag für das schmucke Haus, das wohl um 1890 erbaut worden ist, aus. Der Grund: Das zweigeschossige Gebäude soll schon Anfang des Jahres abgerissen werden, Platz machen für moderne Stadtvillen.
Der Bezirk Nord hat entsprechende Planungen bestätigt. Allerdings handele es sich um ein "vorläufiges Verfahren", eine Baugenehmigung sei noch nicht erteilt worden. "Es werden sich noch verschiedene Gremien mit dem Vorhaben beschäftigen, im Regional- und im Bauausschuss wird das Projekt Thema sein", sagte Bezirkssprecher Peter Hansen.
Offenbar sollen das "Poletto-Haus" und zwei angrenzende Kutscherhäuser weichen, aus denen die Mieter bereits vor Wochen ausgezogen sind. Auf dem Areal Eppendorfer Landstraße 145 bis 149 sollen nach derzeitigem Stand drei Stadthäuser entstehen.
Baurechtlich stehe einem Abriss nichts im Wege, so der Bezirk Nord. Denn das Denkmalschutzamt hat die Gebäude mit den hellgelben Fassaden geprüft. Das Ergebnis: nicht erhaltenswert. "Der heutige Zustand, zum Beispiel des Hauses Nummer 145, ist das Ergebnis einer Sanierung, die die Fassade historischer erscheinen lässt, als sie ist", heißt es in der Einschätzung des Denkmalschutzamtes, die dem Abendblatt vorliegt. Insgesamt sei im Laufe der Jahre an den Häusern baulich zu viel verändert worden, "um einen Denkmalwert zu begründen".
Nachbarn und Anwohner sehen das anders, sie halten die Gebäude für unbedingt erhaltenswert. "Mit diesen Häusern verschwindet ein Stück altes Eppendorf. Sie haben den dörflichen Charme dieser Straße ausgemacht und werden jetzt wahrscheinlich durch einen seelenlosen Klotz aus Stahl und Glas ersetzt", sagt Evelyn Beard, seit 20 Jahren Inhaberin des Friseursalons Haircom, der gleich neben Cornelia Polettos Noch-Restaurant liegt.
Das Gebäude, in dem die Spitzenköchin, die den Standort ihres neuen Lokals noch nicht verrät, im vergangenen Jahrzehnt gastronomisch zu Hause war, hat allein in den vergangenen zwei Jahren dreimal den Eigentümer gewechselt, so ein Kenner der Immobilienszene. Jeder der neuen Besitzer habe geplant, das Haus abzureißen und in der Top-Lage ein mehrgeschossiges Wohnhaus zu errichten - immer ohne Erfolg, die Anträge seien nicht genehmigt worden.
"Abriss-Gerüchte gab es immer wieder, die Nachbarschaft hatte sich auch schon mal zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen", sagt Nina Heppelmann, die ebenfalls bei Haircom arbeitet. Doch irgendwann sei der Widerstand zerbröselt. "Wenn das Geld regiert und es nur noch um maximalen Profit geht, dann hat man doch als Anwohner weder Mitspracherecht noch eine echte Chance", sagt Evelyn Beard.
Dass die zweigeschossigen Gebäude abgerissen werden sollen, sei eine "echte Katastrophe", sagt auch Heike Neumann aus der Nachbarschaft. "Ich finde es schockierend, dass Häuser, die so liebevoll saniert worden sind, jetzt einfach plattgemacht werden." Auch den Baulärm und den Schmutz fürchten die Anwohner. Vor allem störe aber, dass die Nachbarn nicht informiert würden. "Man erfährt immer alles erst, wenn die Sache längst beschlossen ist und die Bagger schon anrollen."
Im Internet würden Wohnungen in den geplanten Immobilien unter der Anschrift Erikastraße 86, "Wohnen vis-à-vis zum Haynspark", bereits über Grossmann & Berger beworben. Offizieller Verkaufsstart soll Januar 2011 sein, das 217 Quadratmeter große Penthouse ist mit einem Preis von mehr als 1,6 Millionen Euro gelistet. "Bezahlbarer Wohnraum ist das auch nicht unbedingt", sagt Nachbarin Evelyn Beard.
Experten halten die Abrissplanungen an der Eppendorfer Landstraße für ein weiteres Beispiel dafür, wie sich das städtebauliche Gesicht Hamburgs nach und nach verändert. Auch die Absichten der Saga, schon Anfang 2011 drei der fünf alten Elbtreppenhäuser in Neumühlen abzureißen und durch zwei hohe Wohnblocks zu ersetzen, hatte zu einer großen Empörung geführt. Quasi aus dem Stand, binnen sechs Wochen, sammelten Altonaer Bürger 10 000 Unterschriften für den Erhalt der Häuser - auch um zu zeigen, dass die Bürger grundsätzlich mitentscheiden wollen.