Eine Reihe von Gewalttaten in Bahnhöfen und Bussen hatte bereits im Sommer eine Diskussion über ein mögliches Alkoholverbot entfacht.
Hamburg. Die 16 deutschen Innenminister streben ein bundesweites Alkoholverbot im öffentlichen Nahverkehr an. Auf ihrer Herbsttagung kommende Woche in Hamburg unter dem Vorsitz von Innensenator Heino Vahldieck (CDU) wird ein einstimmiges Votum für ein derartiges Verbot erwartet. Eine von der Innenministerkonferenz beauftragte Kommission aus Sicherheitsexperten der Länder, der Deutschen Bahn und der Bundespolizei hat einen Bericht vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass ein Verbot des Alkoholkonsums die Sicherheit in Bussen und Bahnen erhöhe.
Vahldieck sagte, es sei Fahrgästen zumutbar, während einer kurzen S-Bahn-Fahrt kein Bier zu trinken. Nach einer Reihe von schweren Gewalttaten in Bahnhöfen und Bussen war in Hamburg bereits im Sommer eine Diskussion über ein mögliches Alkoholverbot aufgekommen. Auch Vahldiecks Vorgänger, der jetzige Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU), hatte sich damals dafür starkgemacht.
Aus Kreisen der Innenministerkonferenz hieß es, es seien sich "im Prinzip alle einig", für das Verbot zu stimmen. Einen Gesetzesvorstoß aber soll es nicht geben. Stattdessen wollen die Innenminister an alle deutschen Nahverkehrsbetriebe appellieren, umgehend zu prüfen, wie ein Alkoholverbot umgesetzt werden kann.
Hamburgs Gesundheitssenator Dietrich Wersich (CDU) stellte sich an die Seite von Vahldieck. "Ich unterstütze ein absolutes Alkoholverbot in öffentlichen Verkehrsmitteln. Ich sehe keinen Grund, in Bussen und Bahnen Alkohol zu konsumieren", sagte Wersich dem Abendblatt. Es gebe immer wieder Beispiele dafür, dass sich Fahrgäste in Bussen und Bahnen durch Betrunkene belästigt fühlten. Als ein positives Beispiel führte Wersich das Alkoholverbot in den Zügen der Eisenbahngesellschaft Metronom an, das vor einem Jahr eingeführt worden war. Die Zahl von bis dahin durchschnittlich 330 ermittelten Straftaten im Monat sank anschließend auf rund 80.
Auch SPD-Innenexperte Andreas Dressel sagte dem Abendblatt: "Ein Alkoholverbot muss kommen. Das würde vor allem die Sicherheit und damit auch die Attraktivität für die Fahrgäste im HVV stärken." Allerdings kritisierte Dressel scharf, dass Wersich und Vahldieck zwar das Alkoholverbot forderten, die Regierungsfraktionen von CDU und GAL entsprechende Anträge der SPD dazu aber erst vor Kurzem abgelehnt hätten. "Dieser Zickzackkurs ist nicht nachvollziehbar."
Die für den Hamburger Verkehrsverbund (HVV) zuständige Verkehrssenatorin Anja Hajduk (GAL) stellte sich gestern gegen ihre Senatskollegen Vahldieck und Wersich. Über ihren Sprecher ließ sie ausrichten: "Wir sind skeptisch und teilen die Auffassung der Verkehrsministerkonferenz, die ein generelles Alkoholverbot in Bussen und Bahnen abgelehnt hatte. Allerdings ist dazu innerhalb des Senats die Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen."
Auch im HVV hält man ein absolutes Alkoholverbot für einen "zu drastischen Schritt". HVV-Sprecherin Gisela Becker verwies auf eine neue Regelung, die ab 1. Januar 2011 gilt: "Wenn alkoholisierte Fahrgäste andere HVV-Nutzer anpöbeln, dann wird dafür ein Bußgeld von 15 Euro fällig. Diese neue Sanktion sollte erst mal eine abschreckende Wirkung zeigen." Experten sind allerdings skeptisch, ob die Personalstärke ausreicht, Sanktionen in Bussen und Bahnen tatsächlich durchzusetzen.