In Bussen und Bahnen des Hamburger Verkehrsverbundes darf auch weiterhin von Fahrgästen Alkohol konsumiert werden.
Hamburg. Der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) wird in Bussen und Bahnen kein generelles Alkoholverbot einführen. Das bestätigte HVV-Sprecherin Gisela Becker auf Abendblatt-Anfrage: "Das wäre nach Ansicht der Verkehrsunternehmen ein zu drastischer Schritt." Deshalb habe man sich nun auf ein milderes Vorgehen geeinigt, so Becker weiter.
Ab dem 12. Dezember gilt folgende neue Regelung in den Beförderungsbedingungen des HVV: "Wer in alkoholisiertem Zustand andere Fahrgäste belästigt und dabei erwischt wird, muss 15 Euro Strafe bezahlen. Damit geben wir dem Sicherheitspersonal eine bessere Handhabe, gegen alkoholisierte Pöbler und Randalierer vorzugehen", sagt Gisela Becker. Aber wie soll das Sicherheitspersonal feststellen, ob ein auffälliger Fahrgast Alkohol getrunken hat? "Dabei wird zunächst einmal nach Augenschein vorgegangen. Es werden aber keine Blutproben entnommen", sagt Becker.
Die Entscheidung des HVV kommt überraschend: Nach Abendblatt-Informationen hat der HVV vor Kurzem zu diesem Thema eine repräsentative Umfrage unter 1200 Bürgern gemacht. Dabei sprachen sich 86 Prozent der Befragten für ein generelles Alkoholverbot in öffentlichen Verkehrsmitteln aus. "Die Umfrage zeigt, dass die Bürger ein Alkoholverbot akzeptieren würden. Wir hatten über diese Möglichkeit auch diskutiert", sagt HVV-Sprecherin Gisela Becker. Aber die Verkehrsunternehmen würden in einem ersten Schritt keine Möglichkeit für die Durchsetzung eines Alkoholverbots sehen, so Becker weiter.
Die Politik sieht das offensichtlich anders: "Ich bin nach wie vor für ein komplettes Alkoholverbot im öffentlichen Personennahverkehr", sagte Gesundheitssenator Dietrich Wersich (CDU) auf Abendblatt-Anfrage. Aber Wersich begrüßt, dass die Regelungen im HVV jetzt verschärft werden. Das sei ein Fortschritt. Für Senator Wersich steht fest: "Der HVV muss aber genau prüfen, ob diese neue Regelung ausreicht. Wenn nicht, müssten womöglich weitere Schritte eingeleitet werden." Bereits im Mai hatten Wersich und auch der damalige Innensenator und heutige Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) sich für ein Verbot von Alkohol in Bussen und Bahnen ausgesprochen. Damals forderte Ahlhaus den HVV auf, "intensiv zu prüfen, Alkoholverbote in ihre Beförderungsbedingungen aufzunehmen". Es bestehe in der Gesellschaft ein breiter Konsens für ein Alkoholverbot in Bussen und Bahnen. Das sei ein wirksamer Ansatz, um Hamburg sicherer zu machen, so Ahlhaus weiter. Wenige Tage vorher hatte der 16 Jahre alte Elias D. im S-Bahnhof Jungfernstieg den Schüler Mel D. (19) erstochen.
Auch bei vielen anderen Gewalttaten waren immer wieder die öffentlichen Verkehrsmittel Schauplatz, häufig war dabei Alkohol im Spiel.
Die Metronom Verkehrsgesellschaft hat bereits im November 2009 auf ihrem Streckennetz ein generelles Alkoholverbot eingeführt und damit gute Erfahrungen gemacht (siehe Winkel). Dieses Beispiel führt auch SPD-Innenexperte Andreas Dressel an und kritisiert die Entscheidung des HVV: "Die 15-Euro-Strafe ist lächerlich und wird sicherlich keine abschreckende Wirkung haben. Wir hätten eine eindeutige Regelung gebraucht und die hätte ein generelles Alkoholverbot sein müssen", sagt Dressel. Das wäre ein wirksamer Beitrag zur Gewaltprävention in Bussen und Bahnen, so Dressel weiter.
Die Hamburger Hochbahn verteidigt unterdessen ihre Einstellung: "Wir sehen keinen Grund einzuschreiten, wenn jemand friedlich ein Feierabendbier trinkt. Das könnte nämlich zu einer Eskalation der Situation führen", sagt Sprecherin Maja Weihgold.
Außerdem habe die Hochbahn nicht ausreichend Personal, um ein generelles Alkoholverbot zu kontrollieren, so Weihgold weiter.