Der Wikipedia-Gründer zu Besuch beim Abendblatt: Er kündigte wichtige Neuerungen für seine Seite an, die zu den wichtigsten der Welt zählt.

Hamburg. Er redet fast so schnell wie sein Baby wächst: Jimmy Wales (44) aus Huntsville (Alabama/USA), Mitbegründer des Internet-Mitmachlexikons Wikipedia, hat auch im Newsroom des Hamburger Abendblatts einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Erstaunt war er darüber, dass sein Besuch gleich hinter ihm auf der Website abendblatt.de online zu sehen war. Sein Hamburg-Besuch hatte erst am Morgen begonnen und würde schon am Mittwochabend mit seinem Abflug beendet sein. „So ist das Geschäft halt.“ Wales ist Weltreisender in Sachen Wissen im Netz.

Im Interview mit dem Hamburger Abendblatt ging er auf die Selbstzensur von Google in China und die Veröffentlichung geheimer Akten auf der Internetseite Wikileaks ein. „Google hat in China jahrelang Selbstzensur geübt“, sagte er der Zeitung. „Dafür wurden sie von vielen, auch von mir kritisiert. Nun sind sie in der gleichen Position wie wir. Sie arbeiten von außen, bestimmte Seiten sind in China gesperrt, aber sie betreiben keine Selbstzensur mehr.“ Google hat sich als Reaktion darauf vor einiger Zeit aus China zurückgezogen.

Über das Internetportal Wikileaks sagte Jimmy Wales auf die Frage, was er von der Veröffentlichung geheimer Dokumente wie Berichte der US-Armee aus Afghanistan hält: „Ich habe da sehr gemischte Gefühle. Einerseits gibt es nichts dagegen einzuwenden, neue Wege zu schaffen, auf denen brisante und auch geheime Dokumente der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Betreiber von Wikileaks allerdings veröffentlichen ihre Dokumente ziemlich rücksichtslos, ohne die Folgen zu bedenken.“ Die Wikileaks-Betreiber meinen, so Wales, dass es keinen Grund gebe, irgendeinen Fakt nicht zu veröffentlichen. „Das kommt mir wie der naive Standpunkt eines 13-Jährigen vor. Ich appelliere an Wikileaks, sorgfältiger zu sein, um nicht das Leben von Menschen aufs Spiel zu setzen.“

Wales sagte außerdem im abendblatt.de-Videointerview, er wolle junge Menschen, Frauen vor allem, aber auch viele Ältere mit ihrem reichhaltigen Wissen zu Beiträgen auf Wikipedia ermutigen. Und: Die Unabhängigkeit der Website gehe ihm über alles. „Wichtig sind die vielen kleinen Spender, die zum Gelingen von Wikipedia beitragen.“ Wales kündigte eine Reihe von Neuerungen an. Dazu wird er sich auch im Interview des Hamburger Abendblattes in der Donnerstagausgabe äußern.

Eine Frage allerdings machte Wales geradezu Angst. Wenn er urplötzlich tot umfallen würde, wie lange würde es dauern, bis Wikipedia seine Biografie aktualisiert hat? „Ich denke, Sie hätten das sofort auf abendblatt.de“, sagte Wales. „Und innerhalb von drei Minuten wäre der Text dann bei Wikipedia auf den letzten Stand gebracht.“