Ayman Muhammad Ahmad S. ist am Morgen in Hamburg angekommen. Ein zweiter Ex-Häftling aus Guantanamo landete in Rheinland-Pfalz.

Hamburg. Der Palästinenser Ayman Muhammad Ahmad S. ist nach acht Jahren Haft im US-Gefangenenlager Guantánamo freigelassen und am Donnerstag nach Hamburg gebracht worden. Der 34-jährige staatenlose Palästinenser wird im Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) auf seinen Gesundheitszustand hin untersucht, sagte ein Sprecher der Hamburger Innenbehörde. Wie lange er in der Klinik bleibt, ist unklar. Der Palästinenser hatte seit Januar 2002 in dem US-Gefangenenlager gesessen.

Deutschland hatte den USA im Sommer die Übernahme von zwei Gefangenen zugesagt. Neben Hamburg hatte sich auch Rheinland-Pfalz zur Aufnahme eines Gefangenen bereit erklärt. Der Vorsitzende des Innenschusses des Bundestages, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte kurz nach der Ankunft des Häftlings in Hamburg: “Wir alle müssen ein überragendes Interesse daran haben, dass sich der Häftling so rasch als möglich in Deutschland zurechtfindet und sich in unsere Lebensverhältnisse integriert.“

Bosbach geht davon aus, dass der Häftling von den zuständigen Behörden, zumindest in den ersten Monaten, intensiv betreut und begleitet wird. Je geräuschloser diese Integrationsarbeit vor Ort verlaufe, desto eher werde sich der Mann bei uns einleben können. Nach allen vorliegenden Informationen hätten die deutschen Sicherheitsbehörden allergrößten Wert darauf gelegt, dass von dem Mann keine Gefahr für die innere Sicherheit in Deutschland ausgehe, so Bosbach. Dessen ungeachtet würden die zuständigen Sicherheitsbehörden das Verhalten des Mannes sicherlich kontinuierlich überprüfen, um mögliche Gefährdungen auszuschließen.

Bereits am Montag hatte Hamburgs Innensenator Heino Vahldieck (CDU) erklärt, die Stadt sei auf die Aufnahme des 34-Jährigen gut vorbereitet. Es gebe ein behördenübergreifendes Konzept, das eine Rundumbetreuung des Mannes vorsehe. „Unser Ehrgeiz ist es, ihn in Hamburg zu integrieren“, sagte Vahldieck.

Experte: Ex-Guantánamo-Häftlinge brauchen Ruhe

Die Stadt hat bereits eine Wohnung für den Palästinenser angemietet. Zudem wird dem 34-Jährigen ein arabisch sprechender Betreuer an die Seite gestellt, der sich nur um ihn kümmert und ihm den Weg in den Alltag einer westlichen Großstadt ebnen soll. Leben wird er von Sozialhilfe. Der Aufenthaltsstatus erlaubt es ihm aber auch zu arbeiten. An den Kosten des Integrationskonzeptes im sechsstelligen Bereich beteiligt sich nach Vahldiecks Angaben auch der Bund.

Der Senator geht davon aus, dass der Ex-Häftling keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit mehr darstellt. Die beiden Männer, die Deutschland aufnehme, seien in Guantánamo von Bundesbeamten befragt worden und hätten dem Djihad („Heiligen Krieg“) abgeschworen. „Die Prüfung hat ergeben, dass diese Leute in Ruhe leben wollen“, sagte Vahldieck. Gegen den 34-Jährigen gebe es keine strafrechtlichen Vorwürfe und auch keine Hinweise darauf, dass er terroristische Anschläge begangen habe. „Wir sind aber nicht naiv, er wird in enge Manndeckung genommen.“ Sollte er sich wieder islamistischen Kreisen zuwenden, werde die Behörde alle notwendigen Maßnahmen ausschöpfen.

Nach Angaben des Senators war der im Dezember 1975 im saudiarabischen Djidda geborene Mann im Sommer 2001 in Richtung Afghanistan gereist, um in den „Heiligen Krieg“ zu ziehen. Er wurde gefangen und im Januar 2002 in das US-Gefangenenlager auf Kuba gebracht. Vahldieck hatte an die Medien appelliert, die Integrationschancen für den 34-Jährigen nicht durch eine intensive Berichterstattung zu mindern.

Zweiter Guantanamo-Häftling in Rheinland-Pfalz angekommen

Inzwischen ist auch der zweite Guantánamo-Häftling in Deutschland angekommen. Der für Rheinland-Pfalz bestimmte Syrer soll zunächst in einer Einrichtung betreut werden. Der rheinland-pfälzische Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) hatte im Sommer seine Bereitschaft erklärt, einem Gefangenen des wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen umstrittenen Lagers aus humanitären Gründen aufzunehmen.

Auch die Frau und ein Kind des Syrers sollen eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland erhalten. Die rheinland-pfälzische Landesregierung hatte ihre Zustimmung mit dem traditionell guten Verhältnis zu den USA begründet, die im Land wichtige Stützpunkte wie den Militärflughafen in Ramstein unterhalten. Der Aufenthaltsort des Häftlings soll nicht bekannt gegeben werden. „Ich habe nicht die Absicht, denjenigen auszustellen“, hatte Bruch im Sommer erklärt.

Von dem Ex-Häftling geht nach Erkenntnissen des Innenministeriums keine Gefahr aus. Zu den Hintergründen, warum die beiden Männer nach Afghanistan gereist waren und in US-Gefangenschaft gerieten, gibt es nur Mutmaßungen.

Von den ursprünglich 779 Häftlingen in Guantanamo sind inzwischen die meisten weltweit in verschiedene Länder entlassen worden. Eine nicht geringe Zahl wurde aber wieder “rückfällig“ und schloss sich erneut Kämpfern für den “Heiligen Krieg gegen die Ungläubigen“ an. Nach Aussage von Geheimdienstlern befinden sich jetzt noch 177 Insassen in dem in aller Welt höchst umstrittenen US-Lager. Bisher haben beispielsweise schon Großbritannien, Frankreich, Spanien, Italien und die Schweiz Ex-Häftlinge aus Guantanamo aufgenommen.