Der Hansestadt Hamburg gehört nun mehr als ein Drittel der Traditionsreederei Hapag Lloyd. Abstimmung erfolgte mit 68 zu 49 Stimmen.

Hamburg. Die Hansestadt Hamburg kann sich ab sofort auch Großreeder nennen: Die alleinregierende SPD beschloss am Mittwoch in ungewöhnlicher Allianz mit den Linken, die städtischen Anteile an der Traditionsreederei Hapag Lloyd von 23,6 auf 36,9 Prozent zu erhöhen. Der SPD-Senat will das Unternehmen so vor einem „globalen Monopoly“ durch internationale Investoren bewahren. Die CDU-, GAL- und FDP-Opposition kritisierte das 420 Millionen Euro teure Geschäft mit dem Touristikkonzern TUI dagegen scharf.

Der Deal sei zu riskant, nicht notwendig und vom Senat viel zu überhastet angegangen worden. GAL-Fraktionschef Jens Kerstan hatte sogar versucht, die Entscheidung durch einen Eilantrag beim Hamburgischen Verfassungsgericht zu verschieben. Er scheiterte, will nun über eine Feststellungsklage nachträglich klären lassen, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist.

Die Traditionsreederei Hapag-Lloyd ist mit jährlich mehr als fünf Millionen transportierten Containern (TEU) und einem Umsatz von mehr als sechs Milliarden Euro die größte deutsche Linienreederei. Weltweit rangiert Hapag-Lloyd auf Rang vier. Das 1847 in Hamburg gegründete Unternehmen ist in 114 Ländern präsent und beschäftigt knapp 6900 Mitarbeiter, rund 1700 davon in Hamburg.

Bereits 2008 drohte ein Verkauf der Reederei an einen internationalen Konkurrenten. Um das zu verhindern, gründete die Stadt damals mit privaten Investoren das Albert Ballin Konsortium und investierte rund 735 Millionen Euro. Diese Bedrohung ist nach Ansicht von Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) immer noch nicht vorbei. „Der volkswirtschaftliche Schaden, den Hamburg bei einem Ausverkauf von Hapag Lloyd erleiden würde, übersteigt deutlich das finanzielle Risiko, das wir mit dem Erwerb zusätzlicher Anteile eingehen“, sagte dem entsprechend der SPD-Haushaltsexperte Jan Quast. Der Linken-Hafenexperte Norbert Hackbusch verwies auf die Entscheidung aller Fraktionen im Jahr 2008. „Ich sehe die Situation als Kontinuität.“

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Es drohe keineswegs eine Verlagerung des Geschäftssitzes, konterte die CDU-Wirtschaftsexpertin Karin Prien. „Es ist unverantwortlich hier Ängste zu schüren.“ Gleichzeitig bezichtigte sie Senat und SPD der Geheimniskrämerei. „Immer da, wo es spannend wurde, immer da wo es entscheidungsrelevant wurde, haben Sie nichts vorlegen können“, sagte Prien. Nach Ansicht von GAL-Fraktionschef Kerstan hat der Senat nur TUI einen Gefallen getan. Hapag Lloyd selbst müsse gar nicht gerettet werden. Auch nach Überzeugung der FDP ist der Zukauf der falsche Weg: Statt mehr Anteile anzuhäufen, solle sich die Stadt vielmehr so schnell wie möglich von ihrer Beteiligung trennen, sagte Fraktionsvize Thomas-Sönke Kluth.

Das Hamburgische Verfassungsgericht hatte Kerstans Eilantrag einstimmig als „offensichtlich unzulässig“ zurückgewiesen. Für den Fraktionsvorsitzenden ist damit klar: „Damit bleibt offen, ob der heutige Beschluss der Bürgerschaft rechtmäßig ist und ob der Senat tatsächlich 420 Millionen Euro Steuergelder für ein potenziell hochriskantes Geschäft ohne eigenes Wertgutachten ausgeben darf.“ Kerstan war am Dienstag vor Gericht gezogen, weil er seine Informationsrechte als Abgeordneter missachtet sieht. „Niemand in diesem Hause weiß, wie viel Hapag Lloyd wert ist“, warnte Kerstan die übrigen Abgeordneten deshalb eindringlich vor einem Ja zu dem Deal.

Zustimmung kam dagegen aus der Wirtschaft. „Es ist zwar nicht Aufgabe des Staates, sich an privatwirtschaftlichen Unternehmen zu beteiligen, aber in dieser besonderen Situation ist dies vorübergehend zu rechtfertigen“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Hamburger Handelskammer, Prof. Hans-Jörg Schmidt-Trenz. Der Präsident des Industrieverbandes Michael Westhagemann forderte den Senat auf, eindeutige Kriterien für den späteren Ausstieg der Stadt aus dem Gesellschafterkreis zu nennen. (dpa)