Beschäftigte in Kindertagesstätten legen wieder einmal die Arbeit nieder. Die Arbeitgeber wollen morgen ein erstes Angebot vorlegen.

Hamburg. Der fünfte Streik der Kita-Beschäftigten innerhalb von sechs Jahren - das erregt in der Stadt mittlerweile großen Unmut. Gestern hatten im Zuge des Ver.di-Warnstreiks (wir berichteten) sechs Kitas geschlossen. Auch 2005, 2006, 2008 und 2009 wurde bereits die Arbeit niedergelegt, um Forderungen durchzusetzen. Ein Unding, heißt es auf Arbeitgeberseite. Gerade die aktuellen Forderungen stoßen auf Unverständnis. Ver.di und Elternverband stützen derweil die Erzieherinnen.

Als Ebru Karsit gestern früh in der Billstedter Druckerstraße ihre Kinder in der Kita abgeben wollte, konnte sie die nur dem Notdienst anvertrauen - es wird gestreikt. "Das passt uns gar nicht, dass wir andauernd freie Tage nehmen müssen", zeigte sich Ebru Karsit verärgert. "Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschaftskrise fehlt uns das Verständnis für einen Warnstreik, aber auch grundsätzlich für eine Forderung von fünf Prozent", sagte Senatsdirektor Volker Bonorden, stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg (AVH), dem Abendblatt. Dieser Arbeitgeberverband vertritt auch die Kita-Träger bei den Tarifverhandlungen. "2008 und 2009 gab es für alle Kita-Angestellten Lohnsteigerungen zwischen 8,6 und zwölf Prozent." Die Kommunen ständen finanziell mit dem Rücken an der Wand.

Den Vorwurf, bisher kein Angebot vorgelegt zu haben, kontert Bonorden so: "Die Gewerkschaft Ver.di hat sich mit der Forderung nach fünf Prozent mehr eingemauert - da existiert kein Bewegungsspielraum." Für die nächste Verhandlungsrunde morgen kündigte er jedoch an, einen konkreten Vorschlag der Arbeitgeberseite vorzulegen. Dagegen reagierte der Landeselternausschuss (LEA) mit Verständnis auf die Warnstreiks. "Die Kita-Mitarbeiter werden nicht leistungsgerecht bezahlt", sagte LEA-Sprecherin Claudia Wackendorff, "und es verlangt viel Energie, winzige tarifliche Fortschritte zu erzielen." Außerdem würden etliche Einsätze außerhalb der normalen Arbeitszeit nicht honoriert. Der Landeselternausschuss vertritt Mütter und Väter von rund 65 000 Kita-Kindern in Hamburg.

"Die Forderungen sind angesichts der wirtschaftlichen Gesamtlage nicht nachvollziehbar", sagt dagegen Gerald Krämer, Chef der Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten, Trägerin von 176 Kitas, die in der Regel 100 Kinder und mehr betreuen. Krämer ist noch nicht lange in Hamburg - und hat seitdem bereits drei Streiks mitbekommen. "Die Streikkultur ist hier sehr ausgeprägt", sagt er viel bedeutend. Er könne nicht abschätzen, wie sich die Streikdynamik in den nächsten Wochen entwickeln werde. Nächste Verhandlungsrunde mit der Gewerkschaft ist am 17. Februar - da geht es um die Anhebung des Lohns aller Kita-Erzieherinnen. Derzeit verdienen sie 2600 Euro brutto, laut der bundesweiten Einigung im Sommer müssten es etwa 2850 Euro sein. Entscheidungen auf Bundesebene werden im Stadtstaat Hamburg immer noch von Arbeitgeber und Arbeitnehmer weiterverhandelt - in diesem Fall bislang ohne Ergebnis. Laut Vereinigung streikten gestern neun zu ihr gehörende Kitas, in 16 Kitas gab es einen Notdienst. Insgesamt gibt es in der Stadt 990 Kindertagesstätten, die von unterschiedlichen Trägern betrieben werden. So gesehen mutet die Zahl von tatsächlich zwischen sechs und zehn Uhr bestreikten Einrichtungen gering an. Teilweise waren Eltern per Aushang, Telefonkette oder E-Mail zuvor über die Streikmaßnahmen informiert worden. Durch die Notbetreuung in anderen Kitas hielten sich die Probleme der Eltern in den meisten Fällen in Grenzen.

Ein Generalstreik ist das natürlich nicht, "sondern die erste Stufe", sagt Jörg-Dieter Bischke-Pergande, Pressesprecher von Ver.di. Für ihn sind die Forderungen der Kita-Erzieherinnen mehr als notwendig: "Banken wird mit Milliardenhilfen aus der Klemme geholfen, und bei den Beschäftigten im öffentlichen Dienst wird gespart." Da dem Streik keine Urabstimmung vorausging, er also nur warnenden Charakter hat, übernimmt die Gewerkschaft nicht die Kosten des Lohnausfalls. Vielleicht auch ein Grund, dass der Streik gestern noch nicht flächendeckend war. In der Lohnrunde des öffentlichen Dienstes, der gestern unter anderem in Hamburg auch den Streudienst bestreikte, wird morgen in Potsdam weiter beraten. Danach wird feststehen, ob der Kita-Streik in Hamburg ausgedehnt wird.