Proteste könnten den Zeitplan und damit das Projekt gefährden - das will der Senat verhindern und das Verfahren an sich ziehen.
Hamburg. Es soll das erste Ikea-City-Möbelhaus auf dem europäischen Kontinent werden, das nicht mehr auf der grünen Wiese, sondern mitten in der Stadt im Bezirk Altona geplant ist. Doch zunehmend gibt es dort jetzt Proteste. Nach Abendblatt-Information erwägt der Senat deshalb, das Genehmigungsverfahren dem Bezirk aus der Hand zu nehmen, um die Ikea-Pläne auf jeden Fall abzusichern. Evozieren, so heißt der Verwaltungsbegriff für einen derartigen Vorgang.
Allerdings scheint der Bezirk nicht gerade unglücklich über einen solchen Schritt zu sein. Hintergrund ist ein Bürgerbegehren, das derzeit in Vorbereitung ist und die Ikea-Pläne stoppen soll. "Sollte es zu einem solchen Begehren kommen, würde das Bezirksamt einen Wechsel in der Zuständigkeit begrüßen", sagte Altonas Bezirksamtsleiter Jürgen Warmke-Rose dem Hamburger Abendblatt.
Das klingt zunächst merkwürdig, zumal für einen so selbstbewussten Bezirk wie Altona, der sich nur ungern Gestaltungsmöglichkeiten nehmen lässt. Doch allein die erste Phase eines Bürgerbegehrens im Bezirk könnte den Ikea-Plan tatsächlich gefährden: Sobald die Initiatoren rund 1800 Unterschriften zusammen haben, gilt für drei Monate ein sogenanntes Befassungsverbot für den Bezirk. Das bedeutet: drei Monate darf dort an den Plänen für das Ikea-Haus nicht gearbeitet werden - obwohl die rund 250 000 Bürger des Bezirks noch gar nicht darüber abgestimmt haben. Der enge Zeitplan sah allerdings vor, dass der Bezirk noch im September einen Bauvorbescheid erteilt. Auf dieser Grundlage will die schwedische Ikea-Zentrale dann im Dezember ihre endgültige Entscheidung treffen. "Eine Verzögerung könnte alles platzen lassen", so ein Behördenmitarbeiter. Sollte eine übergeordnete Fachbehörde das Verfahren übernehmen, wäre das Bürgerbegehren wirkungslos.
Und Hamburg würde dann nicht wie bei der Möbel-Höffner-Ansiedelung in Eidelstedt erneut ein Möbelhaus-Debakel erleben. Dort plant Höffner einen Möbelmarkt mit breitem Sortiment. Erst evozierte der frühere CDU-Senat. Nach der Wahl der schwarzen-grünen Landesregierung gab er das Verfahren aber wieder zurück an den Bezirk Eimsbüttel, wo das Projekt höchst umstritten ist und zwischen immer neuen Gutachten dümpelt. Eine offenbar politische Entscheidung, weil sich die GAL zuvor gegen die Höffner-Pläne ausgesprochen hatte.
Im Unterschied zu Eimsbüttel gibt es in Altona aber eine breite Unterstützung für Ikea, das für seinen Neubau den 70er-Jahre-Betonkomplex Frappant abreißen will. Nachdem mehrere Investorenpläne für das Frappant scheiterten, wird durch Ikea eine Art Wiederbelegung der Großen Bergstraße als zentrale Einkaufsmeile erhofft. Nur die Linke in der Bezirksversammlung unterstützt das Bürgerbegehren gegen Ikea. "Überdimensioniert" und zu viele Verkehrsprobleme, so die Begründung. Interesse für einen Erhalt des früheren Karstadthauses Frappant dürften aber auch Künstler aus dem Stadtteil haben, weil sich in dem sonst leer stehenden Gebäude inzwischen eine Reihe günstiger Ateliers ansiedeln konnten.
Wie groß die Verkehrsbelastung werden könnte - dazu gibt es ein neues Gutachten: Rund die Hälfte der Ikea-Kunden würde mit Bus und Bahn kommen. Ansonsten sei mit etwa 2300 Kunden-Pkw in der Woche und 4100 am Sonnabend zu rechnen. Eine Menge, die aus Sicht der Gutachter zu verkraften wäre.