Der Präsident der Universität Hamburg fordert Studierende auf, Ideen für den Widerstand gegen die Sparpläne des Senats einzusenden.
Hamburg. Unbekannt ist noch, ob der Uni-Präsident bereits Ausfallschritte übt oder leichtes Tänzeln. Dennoch erinnern die Ereignisse an der größten Hamburger Hochschule an das "Ministry of Silly Walks" der britischen Komikertruppe Monthy Python. Ungewöhnliche Gangarten, damit ist hier künftig zu rechnen: Hochschulchef Dieter Lenzen hat alle Studierende aufgefordert, Ideen für Protest an ein "Büro für ungewöhnliche Maßnahmen" zu senden - um mit größer angelegten Aktionen die Bedeutung der Wissenschaft für die Stadt zu zeigen. Ob Ausfallschritte oder nicht, die Marschrichtung scheint klar - solidarisch gegen die 13-Millionen-Sparrunde der Regierung.
"Rudi Dutschke - ich will ein Kind von dir!", dieses Plakat empfängt Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt zu ihrem Vortrag ("Hamburg als Stadt der Bildung und Wissenschaft") im Uni-Hauptgebäude. Sogar ihre Ankündigung, die Stadt werde in den kommenden Jahren "800 Millionen Euro in die Sanierung der Hochschulen" stecken, linderte die Anspannung im gefüllten Agathe-Lasch-Hörsaal wenig. Und weil die Stimmung zwischen Stapelfeldt und Lenzen sichtlich abgekühlt ist, versuchte die Senatorin einen "neuen Geist des Miteinanders" am Präsidenten vorbei direkt mit dem Personal und den Studierenden der Hochschule zu beschwören. Schließlich war sie selbst mal Vorsitzende der Studentenvertretung, sie habe damals selbst Flugblätter auf dem Campus verteilt.
"Ich halte es für einen Irrweg", sagt Stapelfeldt, "Präsidenten (wie Lenzen, Anm. d. Red.) durch Headhunter suchen zu lassen und durch den Hochschulrat wählen zu lassen, der über keine demokratische Legitimation innerhalb der Hochschule verfügt." So hätten Präsidenten - Stapelfeldt blickt in diesem Moment demonstrativ an Lenzen vorbei - oft "von Anfang an ein Akzeptanzproblem." Damit verspricht sie, dem Akademischen Senat Einfluss zurückzugeben, was eine Strategie sein könnte, für Wohlwollen zu werben. Die Senatorin erhält gar zaghaften Applaus von Studierenden, als sie "prekäre Beschäftigungen" von Wissenschaftlern kritisiert, "mehr demokratische Mitbestimmung" verspricht und wiederholt, dass die SPD die Studiengebühren abschafft. "Ich trete für die Interessen der Hochschule ein", sagt sie. Beinahe ruhig ist es in dem Saal, bis die ersten Zuhörer mit den Köpfen schütteln. Ging es nicht ums Sparen? Lenzen sagt, der damalige schwarz-grüne Senat habe ihm versprochen, das Wissenschaftsbudget nicht abzusenken - er fordert konkrete Zusagen für die Hochschulen. Tenor des Abends: Die Schmergrenze sei überschritten. Doch konkrete Zusagen vermeidet Stapelfeldt an diesem Abend.
Sie doziert Wörter wie "realer Wert", "zur Verfügung stehendes Budget", "moderate Senkung", "konstante Steigerung mit den Lohnkosten" während ihre Stimme immer leiser wird. Kaum Wirkung haben diese Details. Auch nicht die Ankündigung, dass aus dem Bundeshaushalt demnächst 60 Millionen Euro des Hochschulpakts nach Hamburg fließen. Stapelfeldt greift auch das Uni-Präsidium an, dessen Aussagen in Rundbriefen falsch und übertrieben seien. "Es müssen nicht 400 Stellen gestrichen werden", sagt sie - und kämpft doch auf verlorenem Posten. Unterm Strich wird gespart, allein diese Botschaft ist angekommen.
"Wir haben Rücklagen gebildet, um neues Personal zu berufen", sagt ein Professor. Ob die nun einkassiert werden würden, fragt er, schließlich betone die SPD stets die "Liquidität" der Unis und spreche von "Haushaltsreste einsammeln" und "Millionen Euros", die auf Konten liegen würden. Ihre Antwort, "Ich werde diese Mittel vor begehrlichen Händen schützen" klingt nicht eben beruhigend.
"Was machen die SPD eigentlich besser als die CDU?", fragt Olaf Walther, Mitglied des Akademischen Senats. Der Applaus brandet so laut, dass jede Antwort dazu untergehen muss.
"Ungewöhnlich" sind nicht nur die Aufgaben, die das vom Präsidium gestützte Protestbüro übernehmen soll. Ungewöhnlich sind auch die Rollen, in denen die zwei Protagonisten an diesem Abend zu beobachten sind. Lenzen, der bei seiner Wahl als Hochschulmanager kritisch beäugt wurde, wird zum "Präsidenten der Herzen". Und Stapelfeldt, die bis zur Amtsübernahme stets für eine bessere Ausstattung der Hochschulen kämpfte, versinkt in Kritik.
"Wir brauchen eine Zielperspektive", fordert Lenzen. An diesem Abend hat er das letzte Wort.