Nach dem Schimmel-Skandal und einer Milliardenklage in Dresden wenden sich Investoren von dem umstrittenen Wohnungskonzern ab.
Hamburg. Erst protestierten Mieter wegen ihrer Schimmel-Wohnungen, jetzt wenden sich Investoren vom Wohnungsunternehmen Gagfah ab. Der Fondsanbieter Allianz Global Investors bestätigte dem Abendblatt, alle Gagfah-Aktien im Wert von mehreren Millionen Euro abgestoßen zu haben. Auch die größte deutsche Fondsgesellschaft DWS hat ihre Anteile verkauft. Weitere Fonds prüfen nach Informationen der "Financial Times Deutschland" (FTD), sich von Aktien zu trennen, falls sich bei der Gagfah nichts ändert.
Die Gagfah war früher ein staatliches Wohnungsunternehmen, seit 2004 befindet sie sich in Besitz des US-Hedgefonds Fortress, der das Unternehmen an die Börse gebracht hat. 60 bis 70 Prozent der Anteile werden von Fortress kontrolliert. Bundesweit gehören 160.000 Wohnungen zur Gagfah, in Hamburg sind es 9375. Die Gagfah war in die Kritik geraten, nachdem Mieter beklagt hatten, dass ihre Wohnungen verschimmeln und verfallen. Die Gagfah investiert nach eigenen Angaben sechs Euro pro Quadratmeter und Jahr; normal sind zwölf bis 15 Euro. Trotzdem zahlt das Unternehmen seinen Aktionären weiter hohe Renditen. Ehemalige Führungskräfte werfen Fortress vor, das Unternehmen auf Kosten der Mieter auszupressen.
Die Gagfah bestreitet die Vorwürfe. Der Blick in die Bilanz zeigt: Während der Aktienkurs zwei Jahre nach Erstausgabe von 19 Euro auf fast zwei Euro abstürzte - aktuell liegt er bei etwa sechs Euro - machte die Dividende einen Sprung von 17 auf 20 Cent je Aktie - im Quartal. Das schien die Aktionäre bislang zufriedenzustellen. Jetzt offenbar nicht mehr. "Dadurch, dass die Gagfah nicht ausreichend in den Bestand investiert, wird das Produkt nicht attraktiver", begründet ein Aussteiger gegenüber dem Abendblatt den Verkauf der Aktien. Die Gagfah könne Immobilien nicht mehr verkaufen, die maroden Immobilien ziehen den Unternehmenswert nach unten. Er spricht auch von Unstimmigkeiten im Gagfah-Management und einem Hin und Her in der Strategie. "Die ganze Story war nicht mehr überzeugend", lautet das Urteil.
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Es gibt aber noch weitere Probleme: Die Stadt Dresden hat die Gagfah verklagt. Für rund 1,7 Milliarden Euro hatte die Stadt 2006 ihre 48.000 Wohnungen an die Gagfah verkauft. Der Investor hatte eine Sozialcharta unterschrieben, die die Mieter schützen sollte. Gegen diese Auflagen soll die Gagfah verstoßen haben, Dresden will eine Milliarde Euro Vertragsstrafe von der Gagfah erstreiten. Die Investoren nehmen es dem Gagfah-Management übel, dass die Klage nicht verhindert wurde. Ein von der Gagfah beauftragter Vermittler hatte die Stadt noch provoziert, indem er in einem Interview mit einem "Blutbad" drohte, falls die Stadt klagte.
Seit März hat die Gagfah-Aktie um 30 Prozent an Wert verloren. "Wir sind unzufrieden mit dem Management", sagte ein Fondsmanager, dessen Fonds Gagfah-Anteile im Wert von vier Millionen Euro hält, der FTD. Gagfah-Chef William J. Brennan kapsele das Unternehmen von der Öffentlichkeit ab und informiere zu wenig. Ein anderer Manager sagte der Wirtschaftszeitung: "Es ist richtig gefährlich, was Brennan macht, er schadet dem Unternehmenswert." Richtig gefährlich könnte es in der Tat bald für die Gagfah werden: 2013 muss das Unternehmen Kredite in Höhe von mehr als fünf Milliarden Euro entweder den Banken zurückzahlen oder durch neue Kredite ersetzen. Verliert das Unternehmen das Vertrauen der Aktionäre, wird der Kurs weiter an Wert verlieren. Dadurch hat die Gagfah noch weniger Geld, um in ihre Wohnungen zu investieren. Für das Vertrauen bei den Banken ist das ebenfalls nicht gut.
Aktionärsschützer raten vom Kauf der Gagfagh-Aktie ab: "Ich kann nachvollziehen, wenn Fonds sich zurückziehen", sagt Raymond Goebbels von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. "Die Gagfah ist ein Selbstbedienungsladen für das Management. Das ist keine Firma, in die ich investieren würde." Eine Gagfah-Sprecherin beantwortet die Frage nach einem Rückzug der Investoren so: "Wir können nicht immer nachvollziehen, wer Gagfah-Aktien kauft oder verkauft. Uns ist nichts von Fondsmanagern gemeldet worden, was so etwas bestätigt." Dass Gagfah-Chef Brennan zu wenig kommuniziere, weist sie zurück: "Mir ist keine Anfrage bekannt, die unbeantwortet bleibt." Weil das Dresdner Verfahren jedoch noch laufe, sei man zur Verschwiegenheit verpflichtet.