Winsen. Vor dem Abflug nach Tokio ist Astrid Fredebold-Onnen noch beim Abendsportfest zu Gast. Alexander Bai sorgt mit Zwei-Meter-Satz für Aufsehen.
Ganz entspannt sitzt Astrid Fredebold-Onnen in Winsen auf der Kunststoffbahn der Sportanlage der Berufsbildenden Schulen (BBS) und erzählt von ihrem Fahrplan für die nächsten Tage. Manch einer mag allein bei dem Gedanken daran Bluthochdruck bekommen, nicht aber die erfahrene Leichtathletiktrainerin aus Hannover. Am heutigen Sonnabend sitzt die 64-Jährige im Flugzeug nach Tokio, vermutlich direkt neben Tochter Imke Onnen. Die 26-jährige Imke ist eine der besten deutschen Hochspringerinnen und vertritt die deutschen Farben gemeinsam mit Disziplinkollegin Marie-Laurence Jungfleisch bei den Olympischen Spielen.
„Ins Olympische Dorf zu kommen, ist undenkbar“
„Beim Pre-Camp in Miyazaki bin ich dabei. Ins Olympische Dorf zu kommen, ist undenkbar“, so Astrid Fredebold-Onnen, deren älterer Sohn Eike Onnen, ebenfalls Hochspringer, zweimal für Olympische Spiele qualifiziert war. Die Erfahrungen seiner Schwester werden vermutlich komplett andere sein. „Alle Nationen haben im Dorf einen festgelegten Bereich, in dem sie sich außerhalb von Training und Wettkampf ausschließlich bewegen dürfen“, erzählt die Trainerin und Mutter. „Die Deutschen hatten Glück, weil zu ihrem Bereich ein Stück Strand gehört. Die Briten haben nur einen Betonweg.“
Zum Abendsportfest nach Winsen war die DLV-Bundesstützpunkttrainerin für Hochsprung und niedersächsische Landestrainerin mit Jelde Jakob (MTV Wolfenbüttel) gekommen, um langsam wieder einen Wettkampfrhythmus zu finden. „In der Region Hannover hatten wir ein großes Problem mit Corona. Und weil jemand aus unserer Familie zu einer Risikogruppe gehört, waren wir besonders vorsichtig“, erzählt Fredebold-Onnen.
Viele Monate konnte nur auf einem Parkplatz trainiert werden
Viele Monate hätten ihre Schützlinge nur auf einem Parkplatz trainiert, um Kontakte zu minimieren. „Bei uns zu Hause haben wir einen Kraftraum eingerichtet.“ Jelde Jakob, die in ihrer Karriere schon 1,77 Meter hoch gesprungen ist, meisterte in Winsen 1,64 Meter. Genau richtig, um wieder reinzukommen. Im September möchte sie noch einige Wettkämpfe bestreiten. „Es ist auch wichtig, dass die Trainingsgruppe wieder zusammenfindet“, sagte Astrid Fredebold-Onnen.
Mit dem Angebot eines Hochsprung-Wettkampfs beim Abendsportfest in Winsen lagen die Veranstalter des Kreisleichtathletikverbands Harburg-Land kurz vor Ferienbeginn genau richtig. Die Besetzung vor allem im weiblichen Bereich war mit mehreren 1,70-Meter-Springerinnen sehr gut. Der Sieg ging schließlich an eine Lokalmatadorin. Jennifer Laura Soetebier von der LG Nordheide meisterte alle Höhen von 1,60 m bis 1,72 m im ersten Versuch. Erst 1,76 Meter waren an diesem Abend zu hoch. Mit ihrer Saisonbestleistung war die 18 Jahre alte Winsenerin sehr zufrieden. Nach dem erfolgreich abgelegten Abitur am Luhe-Gymnasium war sie gerade von einer einwöchigen Abifahrt nach Kroatien zurückgekehrt.
1,72 m – Jennifer Soetebier ist die beste weibliche Springerin
Ihren Saisonhöhepunkt hat sie mit den deutschen Jugendmeisterschaften noch vor sich. Am kommenden Freitag, 30. Juli, kämpft sie in Rostock um eine vordere Platzierung in der weiblichen U20-Jugend. Und wie geht es nach dem Abi weiter? „Ich werde ein Jahr arbeiten und möchte dann mit einem Sportstipendium in die USA gehen“, sagte Jennifer Soetebier. „Welche Uni es wird, weiß ich noch nicht. Eine Agentur hat die Vermittlung übernommen“, sagte die talentierte Hochspringerin, die sechs Einheiten pro Woche trainiert.
Für die spektakulärsten Sprünge sorgte allerdings Alexander Bai. Der Athlet des MTV Hanstedt stieg in den Wettbewerb ein, als alle anderen ausgeschieden waren. Nach der Anfangshöhe von 1,80 Meter ließ er die nächste Höhe aus, um alle weiteren Höhen jeweils im ersten Versuch zu überfliegen. Siegeshöhe: 2,00 Meter.
Zuletzt 2016 sprang Alexander Klintworth in Winsen über zwei Meter
Dass ein Hochspringer auf der Sportanlage der Berufsschule die Zwei-Meter-Marke geknackt hat, ist fünf Jahre her. Zuletzt bei den Bezirksmeisterschaften 2016 gelang das Alexander Klintworth (LG Kreis Nord Stade) mit 2,09 Meter. Ganz so hoch kam der 19 Jahre alte Bai nicht, obwohl er seine persönliche Bestmarke Mitte Juni auf 2,08 Meter schraubte und damit in der deutschen Junioren-Bestenliste an Position sechs steht.
Auch für ihn galten mildernde Umstände, auch er weilte nach dem Abitur am Gymnasium Hittfeld einige Tage in Dänemark. „Danach lief im Training zweimal gar nichts. Daher bin ich froh, jetzt wieder zwei Meter gesprungen zu sein“, sagte Alexander Bai. In den kommenden Wochen will der Schützling von Trainer Wolfgang Striezel trainieren und Kraft aufbauen. Ein Ziel für die Zeit danach sind die norddeutschen Meisterschaften Anfang September in Bremen. Und generell? „Ich möchte mich bei Höhen von zwei Metern und höher stabilisieren.“