Luhmühlen. Zweifel an der sportlichen Austragung des Vielseitigkeitsturniers vom 17. bis 20. Juni gibt es nicht. Aber werden Zuschauer erlaubt sein?
Julia Otto hat eine Sorge weniger, die Geschäftsführerin der Turniergesellschaft Luhmühlen (TGL) muss sich um einen Virus weniger sorgen. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) beschloss, das Verbot aller nationalen Pferdesport- und Zuchtveranstaltungen nicht zu verlängern. Vor dem Hintergrund des Ausbruchs des Equinen Herpesvirus (EHV-1) bei einer Turnierserie im spanischen Valencia im Februar hatten die Verbände entschieden, Veranstaltungen bis zum 28. März abzusagen. Schon der Geländepferdetag des Pferdezucht- und Reitvereins (PZRV) Luhmühlen am 31. März konnte wieder auf dem Turniergelände durchgeführt werden.
Für internationale Turniere, wie jenes im Juni in Luhmühlen, ist der Weltreiterverband zuständig. Die FEI hat alle internationalen Turniere in mehreren Ländern Europas, darunter Deutschland, bis 11. April abgesagt. Dieser Sperre fiel auch das für Ostern in Göteborg (Schweden) geplante Weltcup-Finale der Dressur- und Springreiter zum Opfer. Aktueller Status quo ist, dass auch die internationale Sperre nicht verlängert wird.
Ob Zuschauer zugelassen werden, ist völlig ungewiss
Deutlich weniger Planungssicherheit gibt es in Luhmühlen und anderswo in Sachen Corona-Virus. Bekannt ist bislang nur, dass der derzeitige Corona-Teil-Lockdown bis zum 18. April gilt. Am kommenden Montag, 12. April, wollen sich die Ministerpräsidenten wieder mit der Kanzlerin zusammenschalten, um das weitere Vorgehen zu beraten. „Die Behörden haben sich noch nicht erklärt, wie es im Juni mit der Zulassung von Zuschauern aussieht“, sagt Julia Otto. Von Donnerstag bis Sonntag, 17. bis 20. Juni, sollen auf dem Turniergelände in der Westergellerser Heide die Longines Luhmühlen Horse Trials 2021, so der offizielle Name für das internationale Vielseitigkeitsturnier auf dem höchsten internationalen Level, stattfinden. Integriert sind zum wiederholten Mal die Deutschen Meisterschaften.
Genehmigungen und Auflagen erteilt der Landkreis Lüneburg
In coronafreien Jahren pilgern am Geländetag, dem Sonnabend, bis zu 20.000 Zuschauer nach Luhmühlen. Am Donnerstag und Freitag (jeweils Dressur) sind es einige hundert, beim abschließenden Springen am Sonntag bewegen sich die Zahlen im mittleren einstelligen Tausenderbereich. „Der normale Luhmühlen-Kunde fährt einfach los und kauft sich ein Ticket an der Tageskasse“, weiß die Geschäftsführerin. „Das wird in diesem Jahr nicht gehen. Da müssen sich die Besucherinnen und Besucher leider umgewöhnen.“
Klar ist bereits, dass für den Zugang zum Gelände umfangreiche Dokumentationspflichten zu erfüllen sind. Organisatorisch lässt sich die Datenerfassung nur mittels Vorverkauf leisten. „Die Tageskassen werden wir diesmal nicht öffnen“, sagt Julia Otto. Die Frage für die Geschäftsführerin ist, inwiefern die Besucher bereit sind, sich umzugewöhnen und wie viele Besucher letztlich zugelassen werden, wenn überhaupt. Weil der Ort Luhmühlen zwar im Landkreis Harburg liegt, das wenige Kilometer entfernte Turniergelände allerdings jenseits der Kreisgrenze, ist der Landkreis Lüneburg die zuständige Genehmigungsbehörde.
Tickets gibt es nur online, Tageskassen werden nicht geöffnet
„Wahrscheinlich erhalten wir die Auflagen recht kurzfristig vor Turnierbeginn und müssen darauf reagieren“, sagt Julia Otto. Ein Pluspunkt am Geländetag könnte das weitläufige Turniergelände sein, auf dem sich die Besucher gut verteilen und aus dem Weg gehen können. Schon 2020 hatten die Luhmühlen Horse Trials aufgrund der Coronavirus-Pandemie abgesagt werden müssen. Seinerzeit erworbene Tickets behalten ihre Gültigkeit für dieses Jahr. Über Ticketmaster läuft auch der Vorverkauf für das Vielseitigkeitsturnier 2021. Offensiv von der Turniergesellschaft beworben wird das Ticketing derzeit allerdings nicht. Zu ungewiss ist die weitere Entwicklung.
„Sportlich habe ich keine Zweifel an der Austragung“, gibt Julia Otto ein klares Statement ab. Gerade im Vorfeld der Olympischen Spiele vom 23. Juli bis 8. August in Tokio kommt dem Vier- und Fünf-Sterne-Turnier in Luhmühlen eine besondere Bedeutung zu. Für die deutschen Vielseitigkeitsreiterinnen und -reiter ist es wohl die entscheidende Qualifikation. Zwei Aspekte, die Luhmühlens Bedeutung 2021 zusätzlich verstärken: das für Anfang Mai im englischen Badminton geplante Fünf-Sterne-Turnier wurde abgesagt und der CHIO in Aachen, normalerweise zwei Wochen nach Luhmühlen das letzte Nominierungskriterium, auf Mitte September, also einen Zeitpunkt nach den Olympischen Spielen, verschoben.
NDR-Fernsehen überträgt, Online-Berichterstattung wird ausgebaut
In Luhmühlen laufen die sportliche Organisation und der Aufbau zum jetzigen Zeitpunkt wie gewohnt, die große Tribüne am Hauptplatz steht ohnehin das ganze Jahr. Sie müsste nicht eigens aufgebaut werden. Aller Voraussicht nach wird das NDR-Fernsehen in gewohntem Umfang aus Luhmühlen berichten. In Sachen Livestream ist eine intensivere Übertragung der sportlichen Ereignisse als in den Vorjahren geplant. „Die Außenwirkung soll ja schön sein“, begründet Julia Otto, warum die Rahmenbedingungen wie immer gestaltet werden sollen.
Ob allerdings die Ladenstraße mit vielen Anbietern von Produkten rund um den Pferdesport zum Drumherum 2021 gehören wird, hängt wesentlich von der genehmigten Zuschauerzahl ab. „Wenn wir nur wenige Besucher aufs Gelände lassen dürfen, ergibt eine Ladenstraße keinen Sinn“, sagt die Geschäftsführerin, die längst nicht aller Sorgen ledig ist.
Info: Zwei neue Flächen für die Geländestrecke
Etwas ruhiger geht es in diesem Jahr mit dem Neu- und Umbau von Hindernissen zu. „Die erste Bauphase im Februar haben wir weggelassen“, sagt Julia Otto. Seit 2017 sind Mike Etherington-Smith und sein Mitarbeiterteam für die Geländestrecke zuständig. Weder Zuschauer noch Pferdesportler kennen bislang seine Ideen aus dem Frühjahr 2020, weil das Vielseitigkeitsturnier abgesagt wurde.
„Zwei neue Flächen haben wir dazu gepachtet, um die Geländestrecken weiterzuentwickeln“, verrät Otto. Die neuen Flächen liegen Richtung Vierhöfen an der Verbindung zwischen Meßmer-Wiese und Jeep-Wiese. Bisher folgte die Streckenführung meist dem Waldrand, nun können Pferd und Reiter weiter in die Fläche hineinreiten.