Luhmühlen. Ingrid Klimke gewinnt die Deutsche Meisterschaft der Vielseitigkeitsreiter – Sandra Auffarth auf Rang zwei, Anna Kathrina Vogel holt Bronze.
Am Ende blieb Ingrid Klimke (52) ganz cool – und gewann durch einen fehlerfreien Ritt auf dem Luhmühlener Sprungplatz die Deutsche Meisterschaft der Vielseitigkeitsreiter. „Das Springen war heute ein absoluter Traum“, freute sich die 52-Jährige. Als die zweifache Olympiasiegerin wenige Minuten nach ihrem DM-Erfolg gefragt wurde, wie viele Deutsche Meisterschaften sie denn nun insgesamt gewonnen habe, wusste Klimke keine Antwort. „Da müsste ich jetzt selber gerade mal nachfragen“, antwortete sie lachend. Es war ihr fünfter DM-Titel – und wohl der erste Moment am gesamten Wochenende, in dem sie nicht die richtige Antwort fand. Sandra Auffarth (33) landete auf Rang zwei, Anna-Katharina Vogel (23) holte überraschend Bronze, was auch daran lag, dass Mitfavorit Michael Jung (38) bereits am Sonnabend aus der Führungsgruppe fiel.
Mitfavorit Michael Jung patzt im Gelände
Als der 38-jährige Jung am Sonnabend nach dem Geländeritt im Luhmühlener Pressezentrum stand, war die Deutsche Meisterschaft für ihn bereits gelaufen. Der dreifache Olympiasieger überzeugte in der Dressur, patzte dann jedoch im Gelände, als er an einem Hindernis vorbeiritt und sich durch eine anschließende Wegkreuzung 20 Fehlerpunkte einhandelte. Und so waren es nur noch die zweitplatzierte Sandra Auffarth und die spätere Siegerin Ingrid Klimke, die sich im abschließenden Springen um den Deutschen Meistertitel duellierten. „Trotz meines Missgeschicks war das für uns ein guter Lerneffekt. Man muss an den Dingen arbeiten, auch wenn es für das Ergebnis natürlich ärgerlich war“, resümierte Jung, der das abschließende Springen nur noch als Trainingsrunde nutzte.
Bundestrainer zieht ein positives Fazit
Bundestrainer Hans Melzer machte keinen Hehl daraus, dass er von Jungs Patzer überrascht war. „Pferde sind keine Maschinen. Aber auch wenn das so einem Weltklassereiter passiert, ist das auch eine kleine Erinnerung für die Zukunft, dass so etwas nicht mehr passiert. Überrascht hat es mich auf jeden Fall“, sagte Melzer. Michael Jung konnte trotz seines neunten Platzes ein positives Fazit ziehen. „Für das Ergebnis ist das natürlich ärgerlich, trotzdem haben wir viel gelernt in der Runde“, sagte Jung. Und doch hob der Bundestrainer verbal den Finger. „Für die Zukunft ist das vielleicht auch ein kleiner Wachrüttler, dass so etwas eben nicht mehr vorkommt“, sagte Melzer.
Meisterschaften ohne Zuschauer
Während des gesamten Wochenendes waren auf dem Luhmühlener Turniergelände keine Zuschauer zugelassen. „Die Zuschauer machen die Atmosphäre aus und beleben die Veranstaltung. Das ist natürlich schade“, sagte Michael Jung. Letztendlich waren die Reiter jedoch froh, dass es in diesem Jahr überhaupt eine Deutsche Meisterschaft gab. „Wir haben uns gewünscht, dass wir in diesem Jahr auch ein Ziel haben, auf das wir hinarbeiten können. So haben wir am Ende auch den richtigen Ehrgeiz entwickeln können“, sagte Ingrid Klimke.
Auch Bundestrainer Melzer zeigte sich zufrieden mit dem Turnier. „Die Deutschen Meisterschaften sind in diesem Jahr das Highlight. Die sind auch sehr wichtig im Hinblick auf Olympia im nächsten Jahr. Wir haben hier viele junge Pferde gesehen. Teilweise gab es richtig tolle Ritte, weshalb ich sehr zufrieden bin“, sagte Melzer am Ende der nationalen Leistungsschau.
Lokalmatador Dibowski hofft auf Olympia-Ticket
Auf ein Olympia-Ticket hofft auch Andreas Dibowski (54/Döhle). Der Lokalmatador aus dem Landkreis Harburg landete am Ende auf dem sechsten Platz. „Mein Pferd Corrida braucht eigentlich einen besseren Prüfungsrhytmus über die ganze Saison. Das war in diesem Jahr leider nicht gegeben. Dadurch hat sie mir im Gelände sehr viel Arbeit gegeben“, sagte Dibowski, der im Springen fehlerfrei blieb. Am zufriedensten sei er jedoch mit der Dressur gewesen. „Corrida hat alles richtig gemacht. Es war nur eine gewisse Übermotivation vorhanden, was man ihr aber nicht zum Vorwurf machen kann. Grundsätzlich bin ich mit dem ganzen Wochenende zufrieden“, sagte Dibowski, der Olympia bereits im Hinterkopf hat. „Ob ich es letztendlich schaffe, hängt auch von der Konkurrenz ab, bleibt aber natürlich ein Ziel. Wir haben dieses Jahr zwar keine Siegerleistungen gehabt, aber trotzdem solide Vorstellungen gezeigt“, befand der Mannschafts-Olympiasieger von Peking 2008.
Weitere internationale Turniere in Europa
In den nächsten drei Wochen warten noch internationale Turniere in Polen, Schweden und den Niederlanden, danach ist die Saison beendet. „Ich hoffe, dass ich mich im nächsten Jahr nochmal steigern kann. Die Konkurrenz in Deutschland ist die beste weltweit, es wird also schwierig, zu Olympia mitzukommen“, sagte Dibowski.
Deutlich entspannter konnte Ingrid Klimke den Heimweg nach Münster antreten – sie zählt zum festen Olympia-Aufgebot. „Jetzt hoffen wir natürlich, dass alles stattfindet und wir da sein können“, sagte Klimke.
Jessica Christoph vom gastgebenden Pferdezucht- und Reitverein Luhmühlen zeigte sich zufrieden mit der Veranstaltung. „Wir haben hier ein tolles Team, auf das man sich verlassen kann“, sagte Christoph. Auch die Befürchtung, dass sich manche Zuschauer auf das Gelände schleichen könnten, habe sich glücklicherweise nicht bewahrheitet.