Buchholz. Vorsitzender Arno Reglitzky von Blau-Weiss Buchholz zieht ein Fazit der deutschen Meisterschaften der Formationstänzer am Sonnabend in Hamburg.

Nach 37 Jahren Abstinenz wurden am Sonnabend die deutschen Meister der Standard- und Lateinformationen wieder in Hamburg ermittelt. Blau-Weiss Buchholz richtete die von 4000 Zuschauern besuchten Titelkämpfe in der Alsterdorfer Halle aus und gewann mit seiner Lateinformation die Bronzemedaille. Das Hamburger Abendblatt sprach mit dem Vereinsvorsitzenden Arno Reglitzky über die Bedeutung für den Verein und die Nordheidestadt.

Herr Reglitzky, das ist nicht die erste deutsche Meisterschaft, zu der ihr Verein eingeladen hatte. Aber wie wichtig ist dieses große Tanzereignis?

Arno Reglitzky: Es war, es ist sensationell. Wir hatten nie damit gerechnet, etwas so Tolles in so einem Rahmen hier in Hamburg austragen zu dürfen. Die Ausstrahlung für unseren Verein ist riesige.

Genau wie die Stimmung in der Halle. Warum mussten 37 Jahre vergehen, ehe die Alsterdorfer Sporthalle wieder im Mittelpunkt des deutschen Amateurtanzsports stand, der bekanntermaßen Weltklasse ist?

Eine Mannschaft in der 1. Bundesliga im Formationstanz hat Hamburg nicht zu bieten. Aber wir aus der kleinen Provinz, als Vorort von Hamburg sozusagen, haben das auf die Beine gestellt.

Mit mehr als 6500 Mitgliedern gehört Ihr Verein zu den ganz Großen in Niedersachsen. Was heißt da klein?

Mit klein meine ich in diesem Zusammenhang, dass wir ein reiner Amateur- und vor allem Breitensportverein sind.

War die deutsche Meisterschaft für BW Buchholz ein großes finanzielles Risiko?

Der Vorstand musste für eine Größenordnung von 250.000 Euro gerade stehen. Natürlich war da viel Anspannung. Aber im Vorstand haben wir uns alle in die Augen geschaut und das abgenickt.

Schon bei der Vorrunde am Nachmittag sorgten fast 3000 Zuschauer für Stimmung, beim Finale am Abend waren es 4000, die frenetisch demonstrierten, wie emotional und begeisternd Tanzsport sein kann. Ist der Verein auf seine Kosten gekommen?

Wohl nicht ganz. Es wird am Ende ein Minus bleiben. Wie hoch das ausfällt, zeigt sich bei der Endabrechnung.

Was ging in der Kalkulation nicht auf?

Wir haben kein großes Unternehmen als Sponsor gewinnen können. Wenn wir uns fast am Ziel wähnten, verlangten sie Garantien, die wir nicht geben konnten. Aber Zuhause haben wir solide Sponsoren und im Vorstand erfahrene Leute – wir bekommen das in den Griff.

Kann ein Amateurvorstand ein solches Wagnis nur eingehen, wenn die Mitglieder kräftig mit anpacken?

Unglaublich, was sie alle geleistet haben. Das Organisationsteam mit Björn Poll und seiner Frau an der Spitze seit Monaten, in den letzten Wochen und Tagen auch viele Tänzerinnen und Tänzer, viele Eltern und auch Helfer aus anderen Abteilungen. Wer das miterlebt hat, weiß, dass er auf den Verein und auf Buchholz stolz in darf.

Welchen Widerhall findet ein solches Großereignis innerhalb des Vereins?

Das kleine Blau-Weiss aus Buchholz strahlt über die gesamte Bundesrepublik. Das ist etwas so Außergewöhnliches, das kann man gar nicht in Worte fassen. Das schweißt den Verein zusammen.

Sind für einen großen Breitensportverein Spitzenleistungen, die hartes, aufwendiges Training erfordern, noch wichtig?

Es sind doch vor allem Spitzenleistungen, wie sie unsere Tänzer bringen, die Kinder und Jugendliche begeistern. Und die ehrgeizigen Tänzer brauchen sportliche Glanzpunkte, sonst würden sie nicht so hart für den Erfolg trainieren. Auch wenn ein finanzielles Minus bleibt – diese deutsche Meisterschaft war eine tolle Sache und ein großer Gewinn für unseren Verein und für ganz Buchholz.

Mut zur neuen Choreographie wird mit Rang drei belohnt

Stille, aber dramatische Szenen erlebten die Fernsehzuschauern nach Mitternacht. Die Standardformation aus Göttingen feierte längst ihren Meistertitel. Die Lateintänzer aus Buchholz hatten mit einer angriffslustigen Darbietung die Sporthalle fast zum Bersten gebracht. Jetzt warteten sie, als Vorletzte der vier Finalisten, auf ihre Wertung. Die ließ auf sich warten. Das steigerte die Spannung. Der Grund: bei einem der zwölf Wertungsrichter hatte bei der Notenübertragung die Elektronik versagt.

Bremens Trainer Roberto Albanese ist nach dem Titelgewinn außer sich vor Freude.
Bremens Trainer Roberto Albanese ist nach dem Titelgewinn außer sich vor Freude. © Katrin Beyer

Dann der Aufschrei der jungen Tänzer von Blau-Weiss Buchholz. Und Freudentränen. Das Team von Cheftrainerin Franziska Becker und Co-Trainer Christopher Voigt war als Dritte auf dem Treppchen. Stärker nur der Grün-Gold-Club Bremen, Titelverteidiger und Weltmeister, und auf Platz zwei TSZ Velbert, Sieger der Bundesliga.

Was dieser dritte Platz für die Buchholzer bedeutet, muss erläutert werden. In der vergangenen Saison war Buchholz mit der Choreographie „Rhythm – lives in you“ von den Wertungsrichtern abgestraft worden. Die Sparte und der Verein waren aber als Ausrichter der deutschen Meisterschaften ausgewählt worden. Das erste Mal Gastgeber der nationalen Elite, um dann in der Vorrunde auszuscheiden?

Buchholz präsentiert sich in der Vorrunde nervös und fehlerhaft

Im Geheimen wagten Franziska Becker und Christopher Voigt einen mutigen Neubeginn. Volles Risiko, das wussten alle. In der Vorrunde vor 3000 Zuschauer überwogen noch Nervosität und Fehler. Auch die Zwischenrunde überstanden sie, in der Wertung deutlich auf Platz vier hinter der TSG Bremerhaven.

Tanzfreunde, die das Finale im NDR-Fernsehen verfolgten, hörten folgende Kommentare: „Tänzerisch viel anspruchsvoller als Bremerhaven. Im Ausdruck auch besser. Mutig die Darbietung und fast fehlerfrei.“ Die Lateinformation von Blau-Weiss Buchholz behauptete sich in einem Finale auf Platz drei, das als das dramatischste der letzten Jahre gilt.

Franziska Becker gibt sich mit dem dritten Platz nicht zufrieden

„Die Konkurrenz war stark“, lautete das Fazit von Franziska Becker. „Wir haben bewiesen, dass mit Buchholz weiter zu rechnen ist. Wir denken groß, wir geben uns mit Platz drei nicht zufrieden“. Der Älteste der 16 Buchholzer Leistungssportler ist gerade einmal 26 Jahre alt. Die besten Jahre werden noch kommen.

Co-Trainer Christopher Voigt und Cheftrainerin Franziska Becker im Interview mit Sandra Maahn (N3).
Co-Trainer Christopher Voigt und Cheftrainerin Franziska Becker im Interview mit Sandra Maahn (N3). © Katrin Beyer

Mit der Ausrichtung der deutschen Meisterschaft, für die es viel Anerkennung und Lob gab, hat sich der Emporkömmling Blau-Weiss Buchholz weiter etabliert unter den arrivierten Spitzenclubs des nationalen Tanzsports.