Harburg. Schon jetzt gibt es kein Tennisturnier in Norddeutschland, das mehr Punkte für Ranglisten und Leistungsklassen bringt als das am Rabenstein.

Manchmal hat Karsten Weber auch Momente, in denen er sich fragt: „Warum machen wir das eigentlich alles?“ Immerhin müssen er selbst und zwei weitere der insgesamt vier Mitstreiter im harten Kern des Organisationsteams eine Woche Urlaub nehmen, um ein Tennisturnier dieser Größenordnung vernünftig über die Bühne zu bringen. „Wir bekommen da auch kein Geld für, das ist reines Hobby“, sagt der Turnierdirektor der HSC Open. Jetzt fand dieses traditionsreiche Turnier zum insgesamt 37. Mal auf der Tennisanlage Rabenstein des Harburger SC am Hölscherweg statt.

Nun ist es aber nicht so, dass Karsten Weber mit dem Gedanken spielt, sich als Cheforganisator zurückzuziehen. Dafür ist es in diesem Jahr viel zu gut gelaufen. „Ich glaube, wir hatten seit Jahren nicht mehr ein so harmonisches Turnier.“ Sonst ist es häufiger so, dass sich die Herren fortgeschrittenen Sportleralters gern einmal verbal in die Haare bekommen und im übertragenen Sinne nicht nur Tennisbälle, sondern auch schon mal die Fetzen über die Ascheplätze fliegen. „Das gab es diesmal gar nicht. Die Spieler waren geradezu harmoniesüchtig und haben noch lange nach den Spielen zusammen gesessen“, so Weber.

100 Stammgäste und 40 bis 50 neue Spieler pro Jahr

Jahr für Jahr käme ein fester Stamm von etwa 100 Tennisspielern und jeweils 40 bis 50 neue Gäste zum fünftägigen Turnier auf den Rabenstein. Bei der 2019er-Auflage waren es insgesamt 145 Teilnehmer. Das Einzugsgebiet umfasse ganz Norddeutschland, gehe von Flensburg im Norden bis nach Oldenburg, Osnabrück, Hildesheim und Braunschweig. Wie sehr die meisten die familiäre, ja geradezu Wohlfühlatmosphäre schätzen, zeigt der Umstand, dass die Spieler aus Flensburg bis zu viermal nach Harburg gefahren sind. „Und das bei der bekannt schwierigen Verkehrslage rund um Hamburg“, zollt Weber ihnen Respekt. Früher war es auch üblich, dass Gäste aus Berlin anreisten. Mittlerweile gibt es aber rund um die Hauptstadt und in Brandenburg mehrere derart hochklassige Turniere.

Damen-50-Europameisterin Angela Duis aus Oldenburg war dabei

In ihrer 37. Auflage hatten die HSC-Open eine Premiere zu bieten. Bei dem typischen Herrenturnier waren erstmals auch Konkurrenzen für Tennisspielerinnen ausgeschrieben. Zwölf Damen schlugen in drei Altersklassen auf. „Wahrscheinlich haben wir uns etwas zu spät entschieden“, sagt Karsten Weber. Erst sechs Wochen vor dem Turnier hatte der Harburger SC sich für eigenständigen Damenkonkurrenzen ausgesprochen. Die Erfahrungen sprechen auf jeden Fall dafür, auch im kommenden Jahr Spielerinnen auf dem Rabenstein begrüßen zu wollen – dann gern einige mehr. „Sie haben sich extrem positiv eingefügt und das Turnier belebt“, berichtet der Turnierdirektor. Unter ihnen war mit Angela Duis aus Oldenburg die frisch gebackene Europameisterin der Damenklasse 50, zugleich die Nummer vier der deutschen Rangliste.

Erstmals waren Damen beim typischen Herrenturnier dabei

Für die Einstufung in eben diese deutsche Rangliste und um kräftig Punkte für die Einstufung in eine höhere Leistungsklasse zu sammeln, sind die HSC-Open sehr gut geeignet. Es handelt sich um ein sogenanntes S3-Turnier. Insgesamt gibt es sieben Klassen, in die Turniere eingestuft werden. In Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen gibt es kein einziges Turnier, das höher als die HSC-Open eingestuft ist. Daher ist das Einzugsgebiet entsprechend hoch.

Diese S3-Kategorie soll für Karsten Weber und seine Mitstreiter nicht das Ende sein. Seit sechs oder sieben Jahren ist er Turnierdirektor, seit vier Jahren hat das Turnier den S3-Status. Wie eingangs beschrieben, läuft es rund. „Ich brauche eine neue Herausforderung“, sagt Weber. Deshalb hat er am Montag einen Antrag auf Einstufung als S2-Turnier gestellt. Welche Voraussetzungen dafür genau erfüllt werden müssen, weiß er selbst nicht so genau. „Das ist eine Blackbox“, meint Weber.

Alexander Breitkopf (TTK Sachsenwald) gewann im Halbfinale der Herren 30 gegen HSC-Trainer Jan Truscheit 7:6, 6:4 und besiegte tags darauf im Finale auch Nicolas Kaltschmidt in zwei Sätzen.
Alexander Breitkopf (TTK Sachsenwald) gewann im Halbfinale der Herren 30 gegen HSC-Trainer Jan Truscheit 7:6, 6:4 und besiegte tags darauf im Finale auch Nicolas Kaltschmidt in zwei Sätzen. © Volker Koch | Volker Koch

Auf jeden Fall müssen die Teilnehmer eine hohe Platzierung in der deutschen Rangliste vorweisen. Neben der genannten Angela Duis schlugen beim diesjährigen Turnier unter anderem Roman Groteloh (Nummer 3, Herren 45), Thorsten Kolbe (Nummer 6, Herren 55) und Paul Tschorn (Nummer 8, Herren 70) auf. „Unser Feld war einen Tick besser als 2018. Ich vermute, dass es für eine Einstufung als S2-Turnier noch nicht reichen würde“, sagt Weber. Allerdings sei eine solche Entscheidung auch immer das Ergebnis politischer Willensbildung.

Höherstufung ist auch ein Prozess der politischen Willensbildung

Wenn sich das gemeinsame Sportbüro Nord der Landesverbände Hamburg und Schleswig-Holstein in enger Absprache mit dem Deutschen Tennisbund für eine Höherklassifizierung einsetze, sieht Weber gute Chancen. „Alle anderen Bundesländer in Deutschland haben ein S1- oder S2-Turnier. Nur in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen gibt es das nicht.“ Mit einer Entscheidung sei im Herbst dieses Jahres zu rechnen; kurz bevor die Sportwarte des DTB und der Landesverbände den Turnierkalender für die Freiluftsaison 2020 bekannt geben.

Internationales Seniorenturnier wird es in Harburg nicht geben

Von der Idee, ein internationales Seniorenturnier unter dem Dach der ITF in Harburg zu installieren, hat Karsten Weber Abstand genommen. „Auf der einen Seite wären wir mit einem solchen Status interessant für Tennisspieler aus Dänemark, Schweden, Belgien oder den Niederlanden. Andererseits würde uns die ITF in London noch viel mehr Regularien vorschreiben als das jetzt schon der Fall ist“, sagt der umtriebige Mann, der gleichzeitig Tennis-Abteilungsleiter beim Harburger Sport-Club ist. Ganz zu schweigen davon, dass längst nicht alle Helferinnen und Helfer auf dem Rabenstein der englischen Sprache mächtig sind.

Die Finalergebnisse (in Klammern Ranglistenposition): Damen 30: Alison Röpke (DTB 26) gegen Nadine Komander (DTB 12) 6:4, 6:0; Damen 40: Heike-Catalina Rühl (DTB 22) gegen Nicole Seeliger (DTB 61) 6:0, 6:1; Damen 50: Angela Duis (DTB 4) gegen Sigrid Rinow DTB 15 6:0, 6:0.

Herren 30: Alexander Breitkopf (DTB 23) gegen Nicolas Kaltschmidt (DTB 42) 6:4, 6:4; Herren 35: Benjamin Miarka (DTB 30) gegen Martin Clausen (DTB 29) 6:2, 6:3; Herren 40: Alexander Bergmann gegen Sebastian Kreft (DTB 35) 2:6, 6:3, 10:3; Herren 45: Roman Groteloh (DTB 3) gegen Holger Wiedenhöft 6:0, 6:0; Herren 50: Dean Grube (DTB 10) gegen Achim Berkemeier (DTB 26) 6:2, 3:6, 10:8; Herren 55: Klaus-Peter Elsmann (DTB 17) gegen Thorsten Kolbe (DTB 6) 6:1, 6:4; Herren 60: Erwin Skamrahl (DTB 25) gegen Achim Wenzel (DTB 71) 6:3, 6:4; Herren 65: Manfred Schütt (DTB 14) gegen Ernst Libuda 6:4, 6:0; Herren 70: Paul Schorn (DTB 8) gegen Rolf Pauseback (DTB 60) 6:2, 6:1; Herren 75: Werner Knobloch (DTB 31) gegen Oskar Stehr 4:1 Aufgabe