Harburg. HSC Open hoffen, im kommenden Jahr zum ranghöchsten Herrenturnier in Norddeutschland aufzusteigen.

Der Fußballplatz auf dem Rabenstein duftet nach frisch gemähtem Gras. Von der Tennisanlage nebenan schallt im festen Rhythmus das „Plopp“ geschlagene Tennisbälle durch die Bäume. Dann ein Aufschrei: „Nein! Verdammt, nein! Karsten, du bist doch bekloppt!“

Willkommen bei den HSC Open. Fünf Tage lang Spitzensport für ehrgeizige Freizeitsportler zwischen 30 und fast 80 Jahren. Das 36. Familientreffen auf der idyllischen Anlage ist auch wieder ein lautes und wortreiches Festival von Selbstbeschuldigungen und Fehlermeldungen an die eigene Person. Das gehört, wie kaum in einer anderen Sportart, zum Tennis dazu.

Kaum ein anderer beherrscht die Kunst der Selbstanklage so gut wie Karsten Weber, er ist Turnierchef und Teilnehmer in einer Person. Im Finale der Herren 55 steht er Micheal Kuhl vom Tennis- und Hockeyklub Neumünster gegenüber. Später kann Weber erklären, warum sein „bist du bekloppt“ genau richtig war. „Zum Auftakt hatte ich mein Aufschlagspiel verloren. Dann ein langer Ballwechsel, ich wage einen viel zu komplizierten Ball und der geht ins Aus.“

Immer mehr Zuschauer sammeln sich am Spielfeldrand und hören mit: „Nee, Karsten, geh nach vorne“, als er einen Ball ins Aus schlägt. Und „Karsten, lass das endlich“, als sein Ball im Netz landet und er mit 2:4 in Rückstand gerät. Aber auch sein Gegenüber macht dem Ärger über sich selbst Luft. „Zum Teufel, reiß dich endlich zusammen“, schreit Michael Kuhl.

Tennis ist ein Fehlersport. Wer mehr macht als der Gegner, geht unter. Das wühlt Emotionen auf. Die hakt man leichter ab, wenn man die eigenen Fehler heraus schreit. Dann kann man sich auf die nächste Aufgabe konzentrieren. „Ich hatte mir vorgenommen, ruhig und nicht zu schnell zu spielen und dadurch wenig Fehler zu machen“, erläutert Karsten Weber seine mentale Vorbereitung. Aber das Turnier zu leiten und sich dann auf einen so starken Widersacher zu konzentrieren, war zu viel. Weber verlor den ersten Satz 3:6 und gab beim Stande von 0:4 im zweiten wegen einer Zerrung auf. In der Hallensaison werden die beiden Finalisten gemeinsam für Neumünster in der Regionalliga aufschlagen.

Turnierdirektor Karsten Weber
Turnierdirektor Karsten Weber © HA | Volker Koch

Auch Peter Ulferts, einer der Dauergäste am Rabenstein, gehört zu den Umworbenen im Seniorentennis. Er ist im Doppelpack mit Ehefrau Dagmar beim TV Fischbek gelandet, spielte zuletzt für den SC Victoria in der Regionalliga und kehrt demnächst zu seinen Freunden beim Stader TC zurück, die in die Nordliga abgestiegen sind. Für den ehemaligen Amateurboxer aus Finkenwerder, der von der Olympiateilnahme 1972 in München träumen durfte, ist auch beim Tennis das Duell Mann gegen Mann das Aufregendste.

„Wenn du die Schwachstelle deines Gegners triffst, macht das natürlich Spaß“, sagt er. „Noch schöner aber ist, wenn er dich in die Enge treibt, innerlich schon jubelt und dir doch noch der Befreiungsschlag gelingt“, sagt der langjährige IBM-Mitarbeiter. Als sich Peter Ulferts, der norddeutsche Meister, im Finale der Herren 60 gegen Roger Helbing-Becker (TC Neustadt) den Schweiß abwischte, war auf seinem Handtuch zu lesen: „Dem HSC Open-Sieger 2003“. 15 Jahre später wurde er mit 6:1, 6:3 wieder Turniersieger.

Das Finale der Herren 75 war härter umkämpft. Heiner Brandt, der 77 Jahre alte Regionalligaspieler vom HTuHC, war nach längerer Verletzungspause wieder dabei. „Der sieht alles und erkennt sofort deine Schwächen“, war sein Gegner Bernd Müller (TC Seppensen) gewarnt worden. Die beiden, obwohl seit Jahrzehnten im Turniersport, standen sich zum ersten Mal gegenüber. Nach 6:2 im ersten Satz für Müller fand Brandt mit 6:3 im zweiten Satz ins Spiel zurück. Den hart umkämpften Match-Tiebreak gewann Bernd Müller mit 10:7. Tennis spiele er nur einmal pro Woche, sagte der Sieger der HSC Open. Tochter Franziska muss lächeln und fügt leise hinzu: „Und dazu ist er dreimal in der Woche im Fitness-Studio.“

Dann war da noch das Finale der Altersklasse 45 als internes Harburger Duell. Natürlich mit Roman Groteloh, dem seit Jahren stärksten des HTB. Sein Gegner hieß Achim Bergkemeier (HNT), der als neue Spitzenkraft im Harburger Tennis immer populärer wird. Der Lehrer an der Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg, der aus Ostwestfalen stammt, hatte jüngst die Bronzemedaille bei einer Weltmeisterschaft gewonnen bei der Tischtennis, Badminton, Squash und Tennis zusammen gewertet werden. „Tischtennis liegt mir am meisten“, sagt der Sportlehrer, „dafür hat Tennis den größeren Charme.“ Roman Groteloh aber unterstrich mit 6:1, 6:1, dass er weiter der King des Tennis in Harburg ist.

Und was den Harburger SC und die HSC Open betrifft, sagt Chef Karsten Weber: „Ich denke, unsere Chancen sind mit dem Turnier 2018 gestiegen, dass wir im kommenden Jahr in die Kategorie 2 hochrücken können. Dann veranstalten wir das ranghöchste Herrenturnier in Norddeutschland.“