Winsen. TSV Winsen verzeichnet beim Stadt- und Deichlauf erstmals seit 13 Jahren wieder eine vierstellige Teilnehmerzahl. Startnummern wurden knapp.

Klaus Heinsohn wusste nicht so recht, ob er ein fröhliches oder eher besorgtes Gesicht aufsetzen sollte. Als Organisator des Stadt- und Deichlaufs, mit dem der TSV Winsen alljährlich am 1. Mai die Volkslaufserie im Landkreis Harburg eröffnet, schlugen zwei Herzen in seiner Brust. „Wir haben so viele Nachmeldungen, dass wir kaum noch Startnummern haben“, sagte der 54-Jährige.

Natürlich freute ihn das große Interesse am ersten Volkslauf des Jahres , angesichts von mehr als 800 Voranmeldungen hatte es sich abgezeichnet. Andererseits hatte Heinsohn das Problem, etwaige weitere Nachmelder mit Startnummern ausstatten zu müssen – daher die Sorgenfalten. „Woher nehmen und nicht stehlen?“, lautete die Frage.

Schon mehr als 800 Voranmeldungen waren ein gutes Zeichen

Mit etwas Improvisation konnten letztlich alle Laufwilligen bestückt werden. Und als die größte Anspannung abgefallen und die Zahlen ausgewertet waren, schaltete Klaus Heinsohn, der zusammen mit Maren Schiewe die Hauptverantwortung trägt, komplett auf das fröhliches Gesicht um. Insgesamt 1053 Teilnehmer passierten die Ziellinie unter dem roten Zielbogen auf dem Schlossplatz. So viele Teilnehmer hatte es seit 13 Jahren nicht mehr gegeben. Seinerzeit im Jahre 2006 fand die niedersächsische Landesgartenschau in Winsen statt. Die Startnummer galt als Eintrittskarte für das Gelände – diese Gelegenheit wollten sich mehr als 1000 Läuferinnen und Läufer nicht entgehen lassen.

Bei der Landesgartenschau 2006 war die 1000er-Marke zuletzt gefallen

Es war bis gestern das letzte Mal, dass die 1000er-Marke beim Stadt- und Deichlauf geknackt wurde. In den vergangenen Jahren hatten sich die Zahlen meist zwischen 800 und 900 bewegt. Gegenüber 2018 (789 Finisher) stellten die 1053 Teilnehmer vom 1. Mai 2019 eine Steigerung um 33 Prozent dar. Dabei waren die Bedingungen nicht sonderlich einladend. Ein unangenehm frischer Wind war der ständige Begleiter der Läufer auf dem Stöckter Deich.

Den meisten Aktiven machte er nichts aus. „Der Lauf war schön. Den Wind fand ich erfrischend“, sagte zum Beispiel Christian Hespe aus Buchholz. Der Läufer der LG Nordheide hatte im vergangenen Jahr die fünf Kilometer gewonnen, diesmal wagte er sich an die doppelte Distanz heran – und siegte ebenfalls.

Mathias Thiessen läuft drei Tage nach Marathon nun zehn Kilometer

Auf dem Hinweg zur Wendemarke am Stöckter Hafen war Hespe, der Mitglied im SC Klecken ist, Teil einer Führungsgruppe. Nach etwa vier Kilometern setzte er sich zusammen mit Friedrich Subkher (Blau-Weiss Buchholz) ab. Der Buchholzer fiel zurück, dafür schob sich Mathias Thiessen auf den zweiten Platz vor und verteidigte diesen, im Ziel hatte er 25 Sekunden Rückstand auf den Sieger Hespe.

Erst am Sonntag war Thiessen im grünen Trikot der Hausbruch-Neugrabener Turnerschaft (HNT) den Hamburg-Marathon gelaufen. „Der Marathon lief super“, sagte der 38-Jährige über seine Zeit von 2:52:39 Stunden für die 42,195 Kilometer. Als die Anfrage seines Arbeitgebers, der Sparkasse Harburg-Buxtehude kam, ob er beim Stadt- und Deichlauf in Winsen mitmachen wolle, habe Thiessen das als verrückte Idee abgetan. „Aber ich bin ja ein bisschen verrückt. Also bin ich drei Tage später wieder zehn Kilometer gelaufen“, erzählte er und gab zu, sich ganz schön gequält zu haben.

Weil Christian Hespe auf die zehn Kilometer auswich, war der Weg über fünf Kilometer frei für Philipp Grotrian. Nach Rang zwei im vergangenen Jahr holte sich der 24-Jährige von der TH Eilbeck diesmal den Sieg in 19:24 Minuten. Direkt nach dem Lauf machte er seinem härtesten Konkurrenten Brian Bo Lakämper (HSV Stöckte) ein großes Kompliment. „Er ist fast zehn Jahre jünger als ich und hat bis Kilometer vier gut dagegen gehalten. Alle Achtung“, sagte der in Winsen für Dr. Loges startende Grotrian über den 14 Jahre alten Lakämper.

Bernhard Mindrup trägt 18 Kilo Feuerwehrausrüstung über den Deich

Wenn auch nicht im Vorderfeld platziert, bot Bernhard Mindrup mit 69:30 Minuten über zehn Kilometer eine der sportlich wertvollsten Leistungen. Und er gehörte, mit allem Respekt, zu den auffälligsten Vögeln, im Läuferfeld. Der 36-Jährige lief in der kompletten Ausrüstung eines Feuerwehrmannes, inklusive Helm und Atemluftflasche. „Alles in allem sind das 18 bis 20 Kilo“, erzählte der Mann von der Freiwilligen Feuerwehr Schwinde-Stove, der bei der Werkfeuerwehr auf dem Rangierbahnhof Maschen angestellt ist.

Zusammen mit Phillip Sonnenwald (FFW Wulfsen) bildet Mindrup das Team „Skyrunner Landkreis Harburg“. Am Sonnabend, 11. Mai, gehen sie wieder ihrer Leidenschaft nach, wenn sie die 39 Stockwerke des Park-Inn-Hotels in Berlin möglichst schnell hochlaufen. Das Tragen der Ausrüstung genügt nicht, am Alexanderplatz muss auch der Atemschutz angelegt werden. „Wir sind deutschlandweit als Skyrunner unterwegs“, erzählt Bernhard Mindrup. „Zwischendurch laufe ich zehn Kilometer Strecke. Ich laufe aber nur mit Gerät“, sagte er und grinste. Und da war es wieder, eines der vielen fröhlichen Gesichter an diesem 1. Mai in Winsen.

Die Pokale für die größten vorangemeldeten Gruppen gewannen die Stadtwerke Winsen (57 Teilnehmer), der Hansa-SV Stöckte (53) und die Hanseschule Winsen (50).