Buxtehude. Hunderte Sportler müssen aufs Training verzichten. Der kuriose Licht-Defekt hat zudem das große Weihnachtsturnier auf dem Gewissen.

  • In Buxtehude ist eine große Sporthalle seit Anfang November gesperrt
  • Der Grund: Eine defekte Notbeleuchtung, für die ein Ersatzteil nicht aufzutreiben ist
  • Traurig: Ein beliebtes Weihnachtsturnier kann deswegen in diesem Jahr nicht stattfinden

Das war einfach zu viel. Heike Koch konnte nicht mehr. Am Dienstag schaltete sie ihr Smartphone aus und war fast den gesamten Tag nicht erreichbar. „Ständig hat das Telefon geklingelt. Alle haben mir gesagt, wie traurig und unglücklich sie sind. Das konnte ich mir einfach nicht mehr anhören. Ich bin ziemlich down“, sagt die engagierte Frau aus der Badminton-Abteilung des Buxtehuder SV.

Was Heike Koch so traurig macht, ist die Absage des großen Buxtehuder Weihnachtsturniers im Badminton. Am Sonnabend und Sonntag, 2. und 3. Dezember, hätte in den Sporthallen des Schulzentrums Süd die 15. Auflage über die Bühne gehen sollen. „Die Planungen für unser kleines Jubiläum laufen seit Anfang September“, sagt die 55-Jährige, die auch schon Abteilungsleiterin war.

Aus Frankfurt, Nürnberg oder Rostock reisen Sportlerinnen und Sportler an

Sie berichtet, dass bereits zehn Tage nach der Ausschreibung 80 Prozent der knapp 250 zur Verfügung stehenden Startplätze für das Doppel- und Mixed-Turnier vergeben gewesen seien. Teilnehmer reisten teilweise aus Frankfurt, Nürnberg, Rostock oder Cuxhaven an. „Mit Eurem Turnier fängt für uns die Weihnachtszeit an“, sei eine Aussage, die die Hauptorganisatorin häufig zu hören bekomme.

Und nun das: Ein Hinweis findet sich auf der Internetseite des Buxtehuder SV, des Hauptvereins. „Hallensperrung SZ Süd. Ab 6. November 2023 bis auf Weiteres! Es finden keine Sportangebote statt“, heißt es dort. Neben Badminton sind viele weitere Sportarten und Vereine betroffen.

Betroffen sind auch Floorball, Leichtathletik, Seniorensport oder Volleyball

Allein aus dem BSV können Volleyball, Leichtathletik, Floorball, Einradfahren, American Football und diverse Fitnessangebote für Senioren nicht wie gewohnt stattfinden. Für die Wenigsten ist es gelungen, in anderen Hallen alternative Trainingszeiten freizuschaufeln. „Eine große Katastrophe. Viele Sportlerinnen und Sportler können das nicht nachvollziehen“, sagt BSV-Vorstandssprecherin Nina Djafari.

Wie in den meisten Kommunen üblich, hätten die Vereinsmitglieder in den Herbstferien nur eingeschränkt trainieren können – kurz danach gar nicht mehr. „Wir sind im täglichen Austausch mit der Stadtverwaltung. Es scheint ein komplexes Problem zu sein. Bisher haben wir nicht erfahren, wann die Halle wieder freigegeben werden kann“, so Djafari weiter.

Nach 16 Uhr dürfen Hallen im Schulzentrum Süd nicht benutzt werden

Die Hansestadt Buxtehude hat die Sporthallen des Schulzentrums Süd seit Anfang November gesperrt. Nicht komplett, aber zu allen Zeiten, in denen es draußen dunkel ist. Ab 16 Uhr geht sportlich an der Berliner Straße nichts mehr – das trifft in erster Linie den Vereinssport. Grund ist der Ausfall der Notbeleuchtung, das normale Hallenlicht funktioniert. Nach Abendblatt-Informationen ist ein für die Notbeleuchtung erforderliches Steuerungselement defekt.

Woman playing badminton
Badminton ist einerseits ein Breitensport, gehört aber auch zum Programm der olympischen Sommerspiele (Symbolbild). © Getty Images/iStockphoto | simonkr

Ein Ersatzteil konnte innerhalb weniger Tage nicht besorgt werden – weder in Buxtehude noch anderswo. Aus dem Hallen-Steckbrief auf der städtischen Internetseite geht hervor, dass die Dreifeldhalle im Schulzentrum Süd Baujahr 1980 ist. Das Alter ist Teil des Problems. Original-Ersatzteile der vor mehr als 40 Jahren verbauten Steuerungstechnik sind heutzutage nicht mehr auf dem Markt.

Baujahr 1980: Im Original ist defektes Steuerungselement nicht mehr erhältlich

Also musste sich die Stadtverwaltung auf die Suche nach gebrauchten Ersatzteilen machen – und die Suche dauert an. Bis Mittwoch hatte der Buxtehuder SV keine verlässliche Aussage darüber, wann der Vereinssport in die Halle zurückkehren könne. Kleiner Hoffnungsschimmer: sollte das kleine Teil zur Lösung des großen Problems gefunden sein und in Buxtehude eintreffen, kann es voraussichtlich innerhalb weniger Tage eingebaut werden.

Den betroffenen Sportlerinnen und Sportlern ist das ein schwacher Trost. Immerhin konnte der Buxtehuder SV einige Kurse in das „Kraftwerk“ am Brillenburgsweg verlegen, für Ballsportarten ist das Vereinszentrum aber nicht geeignet. „Die Stadt ist hilfsbereit und sucht nach Lösungen. Natürlich suchen aber alle Vereine“, sagt Nina Djafari. Die Vorstandssprecherin ergänzt: „Als Verein städtische Sporthallen unentgeltlich nutzen zu dürfen, ist schön. Dann ist man auch von den Möglichkeiten abhängig.“

Weihnachtsturnier: Alle Alternativen in der Umgebung sind nicht praktikabel

Zurück zum Weihnachtsturnier der Badmintonabteilung. „Wir sind alle Wege gegangen, haben uns andere Hallen in Buxtehude und der Umgebung angeguckt, zum Beispiel in Neu Wulmstorf, Apensen oder Harsefeld“, berichtet Heike Koch, die mindestens neun Spielfelder für das Großereignis benötigt. „Alle Alternativen haben sich als nicht praktikabel erwiesen und wären mit einem logistischen Aufwand verbunden, der nicht zu stemmen gewesen wäre.“

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Um den Teilnehmern eine familiäre und weihnachtliche Atmosphäre zu bieten, ist der Aufwand schon im angestammten Schulzentrum Süd enorm. Normalerweise wird dort von Freitagabend, 18 Uhr, bis spät in die Nacht aufgebaut. Die Doppelkonkurrenzen am Sonnabend waren im Zeitraum von 12 bis 22 Uhr angesetzt. Selbst bei früherem Beginn hätten die Sieger nicht bis 16 Uhr festgestanden.

Teilnehmer sind enttäuscht, wollen kommendes Jahr aber wiederkommen

„Bis zuletzt haben wir auf positive Nachrichten gehofft. Am Wochenende mussten wir im Orgateam die Entscheidung treffen, die Reißleine zu ziehen“, erzählt Koch mit trauriger Stimme. Damit ist es nicht getan. „Ich musste noch einen Text an die Teilnehmer formulieren. Es ist eine andere Situation als in Coronazeiten, wo viele mit der Absage gerechnet hatten.“

Entsprechend viele Rückmeldungen habe die Hauptorganisatorin bekommen. „Wir sind sehr froh, dass alle gesagt haben, dass wir uns im nächsten Jahr wiedersehen.“ Zusätzliche Arbeit: Die Rücküberweisung der Startgelder wird über die BSV-Geschäftsstelle abgewickelt. Ob die 2023er-Plaketten an den Pokalen ausgewechselt werden können, ist zu klären.

Mit jedem Sponsor trifft die Organisatorin eine individuelle Vereinbarung

Der Gang zu vielen Geschäftsleuten in und um Buxtehude, die Sachpreise zur Verfügung stellten, bleibt Heike Koch indes nicht erspart. „Wir sind eine kleine Sparte, da ist der persönliche Kontakt besonders wichtig. Ein Rundschreiben wäre nicht angebracht“, sagt die 55-Jährige. Mit jedem einzelnen Sponsor müsse sie ein Arrangement treffen, wie mit seinem Preis umzugehen sei.

„Das Weihnachtsturnier ist mein Baby, das bald 18 Jahre alt wird. Da steckt eine Menge Herzblut drin“, sagt sie selbst. Viele Wegbegleiter bestätigen diesen Eindruck. „Nach der Absage bin ich total deprimiert und laufe herum wie ein Trauerkloß“, erzählt sie. Ehemann Jens Koch möchste sich das nicht länger angucken.

Am Turnier-Wochenende flüchten Heike und Jens Koch aus Buxtehude

Darum hat er für seine Gattin und sich beschlossen, das Turnier-Wochenende auf keinen Fall in Buxtehude zu verbringen. Das ist ganz im Sinne von Heike Koch: „Für mich ist es enorm wichtig, rauszugehen. Wahrscheinlich fahren wir nach Cuxhaven.“ Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sie auch an der Nordsee ihr Handy wieder dauerhaft ausschalten wird.