Tostedt/Sarajevo. In Sarajevo ist die 17-Jährige die erfolgreichste Teilnehmerin. Sie wird Europameisterin im Doppel und holt erstmals eine Einzelmedaille.

Wenn die Tischtennisspielerinnen des MTV Tostedt am Sonntag in der Halle Poststraße zum letzten Saisonspiel in der 2. Bundesliga antreten, haben sie die erfolgreichste Teilnehmerin der U21-Europameisterschaften in ihren Reihen. Das sollte auch dem Team Selbstbewusstsein geben.

In den vergangenen Tagen konnte Mia Griesel einmal mehr ihr überragendes Talent auf internationaler Bühne abrufen und sich mit Edelmetall belohnen. Die 17-Jährige krönte ihre EM-Bilanz mit dem Gewinn der Goldmedaille im Doppel an der Seite der Rumänin Bianca Mei Rosu. Zuvor hatte Griesel im Einzel und im Mixed an der Seite des Franzosen Flavien Coton schon jeweils die Bronzemedaille gewonnen.

Mit Schützenhilfe kann MTV Tostedt noch Dritter der 2. Bundesliga werden

Den angestrebten dritten Tabellenplatz kann die Zweitliga-Mannschaft des MTV Tostedt nur mit Schützenhilfe erreichen. Nach den jüngsten Auswärtsniederlagen in Langweid und Fürstenfeldbruck – jeweils mit Finja Hasters für Mia Griesel – steht das Team um Manager Michael Bannehr mit 19:15 Punkten auf dem vierten Platz.

Am Sonntag um 14 Uhr heißt der Gegner DJK BW Annen, der Vorletzte muss aus der 2. Liga absteigen. Tostedt könnte noch um einen Platz klettern, aber auch um einen Platz abrutschen – letztlich ist das nicht sonderlich entscheidend. Nicht mehr vom ersten Platz zu verdrängen ist SV Schott Jena, der Zweitliga-Meister wird sein Aufstiegsrecht in die 1. Bundesliga wahrnehmen.

Halbfinaleinzug bedeutet zugleich Qualifikation für Frauen-EM 2024 in Österreich

Bei den Europameisterschaften in Sarajevo (Bosnien-Herzegowina) kam das nach krankheitsbedingten Absagen nur dreiköpfige Aufgebot des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) auf die überragende Bilanz von vier Medaillen. Die 19-jährige Sophia Klee aus Weinheim gewann Silber im Einzel, an allen weiteren Medaillen war Mia Griesel beteiligt.

Der DTTB bescheinigte ihr, so wörtlich, „beeindruckend konstante Leistungen in allen Wettbewerben“ gezeigt zu haben. Griesel und Klee haben sich durch ihren Halbfinaleinzug einen persönlichen Startplatz für die Individual-Europameisterschaften 2024 in Linz (Österreich) gesichert. Das ist frei übersetzt die offene Frauenklasse.

Mia Griesel strahlte nach dem verwandelten Matchball im Doppel-Finale über das ganze Gesicht. Mit dem Gewinn des EM-Titels setzte sie kurz nach ihrem 17. Geburtstag ein Ausrufezeichen hinter eine besondere Fünf-Tage-Woche. Die Zweitligaspielerin vom MTV Tostedt gewann das Endspiel gemeinsam mit der Rumänin Bianca Mei Rosu in 3:1 (4:11, 14:12, 11:8, 11:4)-Sätzen gegen die starken Ukrainerinnen Anastasiya Dymytrenko/Veronika Matuinina, die zuvor reihenweise höher eingeschätzte Doppel besiegt hatten.

„Sehr gut verstanden, obwohl wir das erste Mal miteinander gespielt haben“

„Wir haben einen Satz Anlauf benötigt, waren dann aber voll da und haben wieder sehr gut gespielt. Ich bin sehr froh über die Goldmedaille mit Bianca. Wir haben uns – ähnlich wie mit Flavien bei der Bronzemedaille im Mixed – sehr gut verstanden, obwohl wir das erste Mal miteinander gespielt haben“, so Titelträgerin Griesel.

Die dreifache Medaillengewinnerin Mia Griesel (links) beim Aufschlag im Mixed an der Seite des Franzosen Flavien Coton (rechts). Das Duo gewann die Bronzemedaille.
Die dreifache Medaillengewinnerin Mia Griesel (links) beim Aufschlag im Mixed an der Seite des Franzosen Flavien Coton (rechts). Das Duo gewann die Bronzemedaille. © Unbekannt | ETTU_official

Mit diesem Titelgewinn schraubte die Niedersächsin ihre EM-Bilanz 2023 auf einmal Gold und zweimal Bronze – keine andere Spielerin war in Sarajevo erfolgreicher. Dabei hatte Griesel nur wenige Stunden Zeit gehabt, um ihre Niederlage im Halbfinale der Einzelkonkurrenz gegen die favorisierte und spätere Titelträgerin Hana Arapovic zu verarbeiten.

Für das klare 0:4 gegen die Kroatin fand Griesel schnell eine Erklärung: „Es war eine Mischung aus zwei Dingen: Ich habe sicherlich nicht meine beste Leistung gezeigt. Andererseits hat Hana auch sehr gut und sehr schlau gegen mich gespielt.“

Mia Griesel: „Ich hätte nicht gedacht, dass ich so weit kommen kann“

In den vergangenen beiden Jahren hatte Mia Griesel bereits bei Nachwuchs-Weltmeisterschaften Medaillen gewonnen, drei an der Zahl: bei der U15-WM 2021 Silber im Doppel und Bronze im Mixed sowie bei der U19-WM 2022 Bronze im Doppel. Klar, dass sie als eine der jüngsten Teilnehmerinnen nun an ihrer EM-Bilanz in der Altersklasse U21 nichts auszusetzen hatte. „Ich bin unglaublich zufrieden und happy. Vorher hätte ich nicht gedacht, dass ich so weit kommen kann. Schon gar nicht, sogar drei Medaillen mit nach Hause zu nehmen“, sagte Mia Griesel.

Lob von Bundestrainerin Lara Broich: Garant für Medaillen im Doppel und Mixed

Ein Sonderlob gab es von Bundestrainerin Lara Broich: „Mia ist ja schon seit geraumer Zeit ein Garant für Medaillen im Doppel sowie im Mixed und eine sichere Stütze in jeder Mannschaft. Deshalb freue ich mich ganz besonders, dass Mia auch sich selbst nun bewiesen hat, dass sie auch im Einzel zur europäischen Nachwuchsspitze zählt. Sie durchläuft seit vielen Monaten eine tolle und stetige Entwicklung. Das freut mich sehr für sie und ihr Umfeld, das auf vielen Ebenen Anteil an diesem Erfolg hat“, so Lara Broich, die auch eine positive Gesamtbilanz der U21-Titelkämpfe zog.

„Was die Mädchen in Sarajevo gezeigt haben, war fantastisch. Sie haben sich hervorragend präsentiert und während des Turniers stetig gesteigert. Sophia und Mia haben sich mit ihren Leistungen die Qualifikation für die Individual-EM 2024 redlich verdient. Es ist ein herausragendes Ergebnis und die Medaillengewinne sind hoch verdient.“

Gute Form schon mit Einzug ins Viertelfinale bei Damen-DM angedeutet

Lob gab es auch vom Abteilungsleiter und Manager des MTV Tostedt. „Es ist beeindruckend, mit welchem Einsatz Mia sich in den vergangenen Jahren an die europäische Spitze im Nachwuchsbereich herangerobbt und nun mit der ersten Einzelmedaille bei einem europäischen Wettbewerb belohnt hat. Ihre gute Form hatte sich bei den deutschen Meisterschaften der Damen Ende März in Nürnberg angekündigt, als sie erst im Viertelfinale gegen Annett Kaufmann ausschied“, sagte Michael Bannehr.

Für die 17-Jährige ging es von der EM in Sarajevo direkt weiter zum internationalen Jugendturnier nach Podgorica in Montenegro. Und so hoffen die Mannschaftskameradinnen, dass ihr Aushängeschild rechtzeitig und gesund zum letzten Punktspiel am Sonntag in Tostedt eintrifft.