Harburg. Fußballverein darf die Sportanlage an der Baererstraße nicht mehr nutzen. Gibt es keine Lösung, stirbt das Integrationsprojekt.
Dass drei Herren-Fußballmannschaften und vor allem die fünf Jugendteams des Vereins vom Bezirksamt Harburg vor die Tür gesetzt werden und damit praktisch vom Trainings- und Spielbetrieb ausgeschlossen werden, wollen Vorstand, Vereinsmitglieder und vor allem die Spieler von Dersimspor Hamburg nicht hinnehmen.
In einem öffentlichen Aufruf in den sozialen Medien und im Abendblatt beklagt sich Vorstandsmitglied Serdar Gümüs darüber, dass das Bezirksamt Harburg den Nutzungsvertrag für die Sportanlage Baererstraße nicht über den 31. August 2018 hinaus verlängern will. Anfang Juli hatte Sprecherin Bettina Zech das Vorgehen ihrer Behörde unter anderem mit Sachbeschädigungen und Beleidigungen begründet. „Die Liste ließe sich fortsetzen“, so Zech seinerzeit.
Es soll Beleidigungen und Sachbeschädigungen gegeben haben
Es kommt noch härter: die Sportstätte darf nur noch bis zum Ende der Hamburger Schulferien am 15. August für Ligaspiele der drei Herrenmannschaften genutzt werden. Trainieren dürfen die Fußballer von Dersimspor schon jetzt nicht mehr auf dem Kunstrasenplatz an der Baererstraße.
„Schon länger gestaltet sich die Zusammenarbeit mit der Gebäudemanagement Hamburg GmbH schwierig“, sagte Gümüs. „Allerdings hatten wir einen guten Draht zum Hausmeister und Platzwart, der uns beispielsweise gestattete, einen Raum als Besprechungszimmer zu nutzen und während des Spielbetriebs einen Verkaufswagen für Getränke und Speisen aufzustellen. Seit der Hausmeister im vorigen Jahr verstorben ist, dürfen wir das plötzlich nicht mehr.“
Die Gebäudemanagement Hamburg GmbH (GMH) ist ein öffentliches Unternehmen, das als zentraler Dienstleister den Neubau, die Sanierung, Instandhaltung und Bewirtschaftung der etwa 400 Hamburger Schulen koordiniert. Die Gesellschaft habe die genannte Nutzung untersagt und die Aufstellung von Fahrradständern gefordert.
Als der Verein Anfang Juni 2018 routinemäßig den Nutzungsvertrag verlängern wollte, habe das Bezirksamt dies ohne Angabe von Gründung abgelehnt, so Gümüs weiter. Auf Nachfrage habe er zu hören bekommen, es seien Patronenhülsen auf der Sportanlage gefunden worden. Gümüs: „Aber es gibt keinen polizeilichen Vorgang.“ Andere Gründe seien nachgeschoben worden. So solle es beispielsweise Sachbeschädigungen gegeben haben, meint das Bezirksamt. Dass diese dem Verein oder den Mitgliedern von Dersimspor angelastet werden, entbehre jeder Grundlage, so Gümüs.
Verein wundert sich über die frühzeitige Absetzung von Heimspielen
Nach ersten Klärungsversuchen der GMH habe man das Gespräch in größerer Runde gesucht, mit Beteiligung des Bezirksamtes, der GMH, des Hamburger Sportbundes und Hamburger Fußballverbandes, der aus Gümüs’ Sicht erstaunlich schnell die Heimspiele des Vereins abgesetzt hatte. „Noch bevor wir überhaupt wussten, dass der Nutzungsvertrag nicht verlängert wird.“
Aus den Gesprächen habe er den Eindruck mitgenommen, sagte Gümüs, dass Dersimspor keine Chance hätte, erneut eine Nutzungserlaubnis für die Sportanlage Baererstraße zu erhalten, obwohl alle Gründe für die Versagung schwammig und nicht belegbar wären. Dass die in der Landesliga und Kreisliga aktiven Herrenmannschaften ihre Heimspiele vorübergehend noch an der Baererstraße austragen dürften, liege ausschließlich daran, dass es Sonderbestimmungen für die Nutzung während der Schulferien gäbe, erklärte Gümüs.
Sämtliche Bemühungen des Vereins, auf andere Sportstätten auszuweichen, seien bisher vergebens gewesen. Gümüs: „Mit unseren Herrenteams würden wir auch in Pinneberg spielen. Aber unsere Jugendlichen stammen vorwiegend aus dem Phoenixviertel oder der unmittelbaren Nähe zur Baererstraße, viele aus sozial schwachen Familien und viele Eltern haben nicht einmal ein Auto.“ Einige Kinder zahlten nicht einmal Vereinsbeiträge.
Mitglieder wollen bis zum letzten Atemzug um ihr Projekt kämpfen
Mit dem Ausschluss vom Spielbetrieb, der vom Hamburger Fußball-Verband obligatorisch immer dann ausgesprochen wird, wenn eine Mannschaft dreimal nicht zu einem Spiel angetreten ist, würden sich die Jugendmannschaften zwangsläufig auflösen. „In unserer prekären Lage bleibt uns nichts anderes übrig, als rechtliche Schritte einzuleiten. Wir werden bis zum letzten Atemzug um unser erfolgreiches Integrationsprojekt kämpfen,“ kündigt Gümüs weitere Protestaktionen an. „Es geht um mehr als nur einen Fußballverein.“
Als rechtlichen Beistand hat Dersimspor den Rechtsanwalt Dirk Tauber eingeschaltet, der auch schon den Hamburger Fußballverein HFC Falke, in dem ehemalige HSV-Anhänger aus Protest gegen die zunehmende Kommerzialisierung eine neue Heimat gefunden haben, bei dessen Bemühungen vertritt, einen der vielen Kunstrasenplätze in Hamburg nutzen zu dürfen. Zur Unterstützung des Anliegens von Dersimspor war auch die Linken-Fraktionschefin in der Hamburgischen Bürgerschaft, Cansu Özdemir, an die Baererstraße gekommen. „Wenn es Hamburgs Innen- und Sportsenator Andy Grote wirklich ernst meint mit der Integration, dann muss er eingreifen“, sagte sie.
Linken-Fraktionschefin fordert Innen- und Sportsenator zum Handeln auf
Das Bezirksamt Harburg betätigt, dass es die Überlassungs- und Nutzungsverträge mit Dersimspor e.V. für den Sportplatz Baererstraße zum 31. August 2018 gekündigt habe. „Das Bezirksamt Harburg sieht sich in Übereinstimmung mit der Gebäudemanagement Hamburg sowie der Schulleitung zu diesem Schritt gezwungen. Dersimspor ist wiederholt seinen Verpflichtungen aus den Überlassungs- und Nutzungsverträgen nicht nachgekommen, hat sich wiederholt grob vertragswidrig verhalten und dieses Verhalten auch trotz mehrfacher Abmahnung nicht eingestellt“, heißt es in der Stellungnahme gegenüber dem Hamburger Abendblatt.
Weiter heißt es: „Das Kündigungsschreiben enthält einen entsprechenden Hinweis. Wir widersprechen damit der Darstellung, dass die Kündigung ohne konkrete Angabe der Gründe erfolgt sein soll.“ Zu den Konsequenzen, speziell für die Jugendmannschaften, heißt es seitens des Bezirksamts lediglich, diese habe allein Dersimspor zu verantworten.