Stuttgart/Buchholz. Buchholz-Rosengarten hält bis neun Minuten vor Schluss ein Remis gegen den Favoriten, verliert dann aber. MVP-Ehrung für einen Luchs.
Bis ins Finale um den deutschen Handball-Pokal (DHB-Pokal) führte die wundersame Reise die Handball-Luchse Buchholz 08-Rosengarten. Dort bot der Bundesligist aus dem Landkreis Harburg am Sonntagabend einer der besten deutschen Mannschaften der vergangenen Jahre mehr als 50 Minuten lang Paroli. Zur Pause führten die Luchse sogar mit 13:11, mit mehreren Tempogegenstößen in den letzten Minuten holte sich die favorisierte SG BBM Bietigheim letztlich mit 27:22 zum ersten Mal den deutschen Handballpokal. Angesichts der überragenden Leistung der Luchse fällt die Niederlage um einige Tore zu hoch aus.
Große Emotionen bei der Nationalhymne vor Spielbeginn
Schon vor dem Anpfiff, als die Nationalhymne erklang, waren jede Menge Emotionen im Spiel. Die Luchse-Spielerinnen sangen fast alle mit und hatten ein Lächeln im Gesicht. Danach erwischte Bietigheim den besseren Start, führte nach zehn Minuten mit 6:1. Doch nach einer Auszeit von Trainer Dubravko Prelcec wendete sich das Blatt. Der Favorit wurde nach einigen Paraden der Torhüterin Keeperin Zoe Ludwig immer nervöser. Die Luchse trafen von allen Positionen, glichen zum 8:8 durch Alexia Hauf aus (21.) und nahmen sogar eine Zwei-Tore-Führung mit in die Kabine.
Nach dem Seitenwechsel erhöhte der Außenseiter auf 17:14 (36.), ehe SG-Trainer Markus Gaugisch die grüne Karte legte. Seine Mannschaft kam mit einer offensiveren 5:1-Deckung nun besser ins Spiel. Der klare Außenseiter tat sich immer schwerer, Torchancen zu kreieren. Dennoch träumten sie bis zum 21:21 (51.) vom ganz großen Triumph. Doch in den letzten Minuten spielte Bietigheim seine größere Kraftreserven aus. Den spektakulären Schlusspunkt setzten aber noch einmal die Luchse: Maj Nielsen passte von Rechtsaußen auf Kim Berndt, die per Kempatrick den 22:27-Endstand markierte.
Beste Spielerin aller vier Vereine ist Fatos Kücükyildiz
Bei der Übergabe der Silbermedaillen durch DHB-Präsident Andreas Michelmann lächelten die Spielerinnen. Einen Grund zur Traurigkeit gibt es auch nicht. Eine persönliche Ehrung ging an Fatos Kücükyildiz, die als wertvollste Spielerin (MVP) des zweitägigen Finalturniers ausgezeichnet wurde. Die Tore im Endspiel erzielten Kim Berndt (7/5), Alexia Hauf (5), Fatos Kücükyildiz (4), Evelyn Schulz (3), Julia Herbst (2) und Louise Cronstedt (1).
Stimmen zum Endspiel:
Kapitänin Evelyn Schulz: „Wir sind absolut stolz und überwältigt, dass wir so lange mithalten und Bietigheim ärgern konnten. Ziel war es, das Ganze zu genießen. Wir nehmen ganz viel positive Emotionen mit und wollen auf dieser Welle in den kommenden Wochen zum Klassenerhalt surfen.“
Torhüterin Zoe Ludwig: „Das Einlaufen und die Nationalhymne waren wie im Traum, obwohl ich da schon in Gedanken war. Wir die Rolle als Außenseiter angenommen und bestens umgesetzt. Es fühlt sich ein boisschen wie ein Sieg an, weil keiner mit uns gerechnet hat. Heute auf der Heimfahrt dürfen wir feiern. Ab Montag gilt der Fokus dem Mainz-Spiel.“
Trainer Dubravko Prelcec: „Die Enttäuschung über die Niederlage ist nicht groß. In den letzten zehn Minuten sind bei uns Spielfluss und Geschwindigkeit verloren gegangen. Vielleicht kommt auch der Kopf dazu, wenn der ganz große Erfolg so nah ist. Diese zwei Tage waren eine tolle Sache. Wir haben gezeigt, wie wir mit ganz viel Herz aus der Abwehr heraus kämpfen können. Diesen Schwung wollen wir mitnehmen. Was die zwei Tage mit der Physis der Mädels machen, ist noch nicht abzusehen.“
Schon der Halbfinalsieg gegen Blomberg kam überraschend
Tags zuvor hatten die Luchse den Finaleinzug so gefeiert, als hätten sie den DHB-Pokal schon gewonnen. Nur die wenigsten hatten ihnen den 22:19 (13:12)-Erfolg im Halbfinale gegen die HSG Blomberg-Lippe zugetraut, die in der Bundesligatabelle auf Rang drei steht. Die Spielerinnen aus der Nordheide tanzten im Kreis und umarmten sich. Allen, auch den Trainern und Betreuern, war bewusst, dass sie Pokalgeschichte geschrieben hatten. „Es ist einfach unfassbar, ein Traum ist in Erfüllung gegangen“, sagte Spielführerin Evelyn Schulz nach dem Halbfinalsieg. „Ich habe zwei Minuten vor Schluss auf die Anzeigetafel geluschert und gedacht, zwei Tore Vorsprung, das müssten wir doch über die Zeit bringen, wenn wir uns nicht allzu dumm anstellen.“