Harburg. Während Worldtour-Profis schon bis zu 40 Saisonrennen bestritten, muss die zweite Reihe auf Einladungen aus dem Ausland hoffen.
Auch wenn er mit dem Abschneiden seiner drei Fahrer durchaus zufrieden war, redete sich Frank Plambeck von der Harburger Radsport-Gemeinschaft (HRG) in Rage. Die deutschen Radsport-Meisterschaften im Einzelzeitfahren und Straßenrennen, ausgetragen in der Region Stuttgart, hätten genau das Dilemma offenbart, das gerade im deutschen Sport herrsche. Einige der Leidtragenden, die mit unscharfen Waffen gegen die Spitzenkönner kämpfen, sind die HRG-Fahrer Lucas Carstensen aus Marmstorf sowie Philipp und Moritz Plambeck aus Langenbek.
Wie im Fußball, fanden in den vergangenen Monaten auch im Radsport fast ausschließlich Profiveranstaltungen auf höchster Ebene statt. Unterschied zum Fußball: Die Radsportler mussten für ihre Rennen ins Ausland reisen. Hätte sich nicht eine Veranstaltungsagentur aus Stuttgart gefunden, die bereit gewesen wäre, die mit hohen Auflagen verbundenen deutschen Meisterschaften zu organisieren, hätten sie nicht stattfinden können. „Ihr gebührt großer Dank“, sagte Frank Plambeck.
Hohe behördliche Auflagen behindern den sportlichen Ablauf
Allerdings war zu merken, dass die Organisatoren ihr Hauptaugenmerk auf die umfangreichen behördlichen Auflagen legten. „Darunter litt der sportliche Ablauf teilweise. Das mag sich allzu kritisch anhören und an Mäkelei grenzen, aber wenn Profisportler zu spät zum geplanten Start kommen, stimmt irgendetwas nicht“, sagte Plambeck. Der Trainer richtete den Blick lieber auf das Sportliche: „Von allem unbeeindruckt, lieferten sich die drei Harburger packende Kämpfe mit den Konkurrenten.“
Der Titel im Einzelzeitfahren wurde auf einer 30,5 Kilometer langen Strecke am Rande des Schwarzwalds mit fast 400 Höhenmetern und vielen engen Kurven und Feldwegpassagen vergeben – sportlich und technisch extrem anspruchsvoll. Während der 23 Jahre alte Philipp Plambeck (Racing Team Harburg) mit dem Parcours haderte und nie richtig in Tritt kam, lief es bei seinem jüngeren Bruder Moritz Plambeck umso besser. Der 19-Jährige vom Kölner Profirennstall „Team Dauner Akkon“ kam hervorragend mit den schnellen und engen Kurven zurecht und belegte in 41:28 Minuten den 22. Platz. Philipp Plambeck musste sich mit Rang 60 begnügen (45:08 min.).
2021 durften erst zwei Radrennen in Deutschland stattfinden
Sieger Tony Martin benötigte 36:25 Minuten. „Dieser krasse Zeitunterschied offenbart die aktuelle Situation ganz genau“, so Trainer Frank Plambeck. „Martin ist Fahrer der Worldtour. Er startet von Sonnabend an bei der Tour de France und Ende Juli bei Olympia in Tokio. Die deutsche Meisterschaft war bereits sein 40. Radrennen in diesem Jahr.“
Anders die Voraussetzungen für die zweite Reihe mit den Halbprofis: 2021 fanden in Deutschland nur zwei Rennen statt, in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. „Moritz hatte Glück, dass er zu Rennen nach Griechenland und Dänemark eingeladen wurde. Philipp startete dreimal in Dänemark.“
Schachmann wird Meister, Lucas Carstensen auf sehr gutem 24. Platz
Am Tag nach dem Einzelzeitfahren starteten 230 Sportler zum 178 Kilometer langen DM-Straßenrennen, das auf einer 7,8 km langen Runde ausgetragen wurde. Zu bewältigen waren mehr als 3000 Höhenmeter. Moritz Plambeck musste der starken Vortagesleistung Tribut zollen und fiel nach acht Runden aussichtslos zurück. Super Beine hatte dagegen der 27 Jahre alte Lucas Carstensen (Team Bike Aid). Vorbereitet durch Etappenfahrten in Serbien und Frankreich, konnte er sich lange im Dunstkreis der Fahrer des deutschen Worldtour- Teams „Bora-HansGrohe“ aufhalten.
Um überhaupt mitzuhalten, musste er die drei Kilometer lange Steigung mit etwa 600 Watt treten. Zum Vergleich: Ein Pedelec oder E-Bike schafft etwa 250 Watt. Neuer deutscher Straßenmeister wurde Maximilian Schachmann aus Berlin. „Lucas Carstensen belegte einen hervorragenden 24. Platz von lediglich 48 Sportlern, die das Ziel erreichten“, lobte Frank Plambeck.