Buchholz. Bis zu 300.000 TV-Zuschauer sehen die Handball-Luchse im DHB-Pokalfinale. Kücükyildiz als beste Spielerin geehrt. Mittwoch wieder Abstiegskampf.

Dieses Erlebnis kann ihnen niemand mehr nehmen. Selbst wenn in einer Woche der Abstieg aus der 1. Bundesliga bittere Realität werden sollte, werden sich Spielerinnen, Fans und das gesamte Team um das Team immer an diese Pokal-Endrunde in Stuttgart erinnern. Die Lobeshymnen für zwei mutige, kämpferisch wie spielerisch überragende und zudem sympathische Auftritte der Handball-Luchse nahmen kein Ende. Selbst Bundestrainer Henk Groener als Experte bei der Liveübertragung auf Sport1 reihte sich ein. „Ich freue mich, dass der Außenseiter ins Finale gekommen ist und so eine starke Leistung gezeigt hat. Sie haben mit viel Energie und strategisch hervorragend gespielt“, sagte der Niederländer.

Tränen bei der Schwedin bei Auszeichnung durch DHB-Präsidenten

Die enorme Wertschätzung drückte sich auch in einer persönlichen Ehrung aus, die angesichts unzähliger Nationalspielerinnen in Reihen der drei anderen Clubs fast surreal anmutet. Nicht jedoch nicht nach den Leistungen im Halbfinale ge­gen Blomberg (22:19) und Finale ge­gen Bietigheim (22:27). Fatos Kücük­yildiz wurde als Most Valuable Player (MVP), also als beste Spielerin der Pokalendrunde ausgezeichnet. Als die quirlige Rückraumspielerin die kleine blaue Schatulle von DHB-Präsident Andreas Michelmann entgegen nahm, hatte die 28 Jahre alte Schwedin Tränen in den Augen. Sie war nicht die einzige an diesem für die Luchse historische Sonntagabend.

Selbst Geschäftsführer Sven Dubau konnte manches Mal die Tränen nicht unterdrücken. „Wenn Du in einer Halle für 6000 Zuschauer sitzt, auf dem Würfel der Imagefilm deines Vereins läuft und gleich die Nationalhymne vor einem Pokalfinale mit deiner Beteiligung gespielt wird, sind mir unwillkürlich Gedanken an die jahrelange Aufbauarbeit durch den Kopf geschossen“, erzählte Dubau. „Ich hatte Gänsehaut, es war sehr emotional, es war eine tolle Erfahrung und etwas Besonderes.“

Geschäftsführer bekommt 340 Nachrichten nach Halbfinalsieg

Nach dem Sieg im Halbfinale gegen Blomberg seien 340 Nachrichten auf seinem Smartphone eingegangen, am Finaltag noch einige mehr. Auch am Montag stand das Handy des 44-Jährigen nicht still: Glückwünsche, Presseanfragen und sogar Anfragen von potenziell neuen Sponsoren. „Nicht wenige haben gesagt, dass unser Auftritt beste Werbung für den Frauen-Handball gewesen sei“, sagte Sven Dubau.

Gut, dass Sport1 das Event live im Free-TV übertrug. Gut, dass viele Sportfans dabei sein wollten. Das erste Halbfinale mit Luchse-Beteiligung verfolgten 90.000 Zuschauer, beim zweiten zwischen Metzingen und Bietigheim waren es 70.000. Noch höher war die Reichweite im Finale am Sonntag. Durchschnittlich 180.000 Zuschauer fieberten beim spektakulären Fight Bietigheims gegen die Handball-Luchse vor dem Fernseher mit, in der Spitze in der zweiten Halbzeit waren es sogar 300.000.

Public Viewing im Autokino vor der Nordheidehalle

Kinobetreiber Carsten Reck organisierte das Public Viewing auf der Wiese vor der Nordheidehalle.
Kinobetreiber Carsten Reck organisierte das Public Viewing auf der Wiese vor der Nordheidehalle. © imago images/Beautiful Sports | imago sport

Und auch das nach dem Finaleinzug spontan organisierte Public Viewing an der Nordheidehalle fand sehr gute Resonanz. 50 Fahrzeuge, unter anderem mit Bürgermeister Jan-Hendrik Röhse und dem 08-Vorsitzenden Holger Petruschke, rollten in das Autokino vor die große Leinwand und feierten den Luchse-Auftritt mit einem kräftigen Hupkonzert.

In Stuttgart feierten die Finalisten ausgelassen und gemeinsam ihren Erfolg in der Halle. Bereits als die Luchse auf dem Siegerpodest standen, bespritzte sie Ex-Nationalspielerin Anna Loerper mit Sekt. „Gegen 21 Uhr musste ich die Spielerinnen in den Bus zwingen, sonst wären wir nie losgekommen“, erzählte Geschäftsführer Dubau. Zum Abschied bildeten die Bietigheimerinnen ein Spalier in Form einer Luftbrücke. Auf der mehr als achtstündigen Rückfahrt in die Nordheide feierten und sangen die Luchse genüsslich weiter.

Im Nachholspiel gegen Mainz 05 zählen nur zwei Punkte

„Das Trainerteam wollte der Mannschaft einen freien Tag gönnen, aber sie wollte am Montag wieder trainieren“, so Dubau. Am Mittwoch, 19.30 Uhr, muss im Kampf um den Klassenerhalt unbedingt ein Heimsieg gegen den Vorletzten 1. FSV Mainz 05 her. Nur mit zwei Punkten vertagen die Luchse die Entscheidung über den Relegationsplatz auf den letzten Spieltag am Pfingstsonnabend.