Hamburg. Landes- und Bundesbehörden dürfen örtliche Bedenken übergehen. Kam es deshalb zum Stau-Sommer im Hamburger Süden?

Seit eineinhalb Jahren gibt es in Harburg bezirkliche Baustellenkoordinatorinnen. Sie sollen die großen und kleinen Straßenbaumaßnahmen im Bezirk gegeneinander abwägen und priorisiert aufeinander abstimmen. Diese Stellen waren in Harburg und anderen Bezirken geschaffen worden, nachdem es bei großen Straßenbaumaßnahmen immer wieder zu Stau-Chaos gekommen war.

Trotz der mittlerweile eingerichteten bezirklichen Baustellenkoordination stand der Hamburger Süden in diesem Sommer wieder still. Unter anderem die sehr kurzfristig mitgeteilte Großbaustelle auf der Winsener Straße sorgte für erhebliche Störungen; die Sanierung der A 255 und die Sperrung der Neuländer Straße mit der Kornweide als gleichzeitige Umleitung für beide Baustellen taten ein Übriges. Mit einer kleinen Anfrage wollte die Harburger CDU-Bezirksfraktion erfahren, wie dies trotz der ortskundigen Bezirkskoordinatoren geschehen konnte.

Stau-Chaos in Harburg – trotz Koordinatoren

Die Antwort hält CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer für ernüchternd: „Die bezirkliche Baustellenkoordination wird bei Maßnahmen auf Hauptverkehrsstraßen in den meisten Fällen zu Verkehrsbesprechungen eingeladen, hat dort aber keine Entscheidungsbefugnisse“, schreibt die Leiterin des Bezirksamts, Sophie Fredenhagen, auf die Frage. Diese Entscheidungen würden die Bauträger – das sind der Landesbetrieb LSBG für das Bundesland Hamburg und die Autobahn GmbH für den Bund – autonom treffen. Mehr noch: Auch die Information von Öffentlichkeit und Politik liegt in ihrem Ermessen.

Mehr zum Thema:

„Die Verantwortung für die Kommunikation der genannten Maßnahmen liegt beim Vorhabenträger. Der LSBG hat am 28.06.2021 durch eine Pressemitteilung und eine Anliegerinformation die Öffentlichkeit über die Baumaßnahme in der Winsener Straße informiert“, schreibt Fredenhagen. Geplanter Baubeginn an der Winsener Straße wäre einen Tag später gewesen. Lediglich ein Zufall ließ den LSBG den Baubeginn spontan um eine Woche verschieben.

CDU: Kompetenz aus Harburg offenbar ignoriert

„Das ist ja nicht nur eine Missachtung demokratischer Gepflogenheiten“, wettert Fischer, „sondern auch ein folgenschweres Ignorieren der lokalen Kompetenz unserer Baustellenkoordinatoren, Bezirkspolitiker sowie der örtlichen Polizei! Dieses selbstherrliche Handeln des LSBG darf so nicht weitergehen!“

Die CDU hat, nachdem sie die Antwort erhalten hat, bereits zwei Anträge zur nächsten Bezirksversammlung formuliert. In dem einen fordern die Christdemokraten die Baustellenkoordinatoren auf, persönlich im Mobilitätsausschuss zum Stausommer zu referieren. In dem anderen fordern sie, dem LSBG die alleinige Entscheidungskompetenz für Straßenbaumaßnahmen zu entziehen. „Es sind Arbeitsstäbe zu bilden, in denen die örtliche Kompetenz zum Tragen kommt“, sagt Fischer.