Harburg. Rechnungshof kritisierte „hohe Kosten“ für Schülerbeförderung. Schnelle Reaktion der Schulbehörde stellt Anwohner vor große Probleme
Seit 1972 transportiert ein Schulbus unter der Woche die Grundschulkinder aus der Siedlung Bostelbek zur etwa drei Kilometer entfernten Schule Grumbrechtstraße. Damit soll, so hat es die Schulbehörde überraschend angekündigt, zum kommenden Schuljahr endgültig Schluss sein. Ausgelöst wurde die neuerliche Diskussion um den Bus nach der Offenlegung des Rechenschaftsberichtes des Landesrechnungshofes am Montag.
Eltern in der Siedlung Radeland zeigen sich empört über schnelle Entscheidung
„Die Eltern in der Siedlung sind ziemlich aufgewühlt und müssen sich beraten“, sagt Jasmin Garlipp, die Vorsitzende der Siedlergemeinschaft am Radeland. „Dabei werden wir sie als Siedlungsvorstand und Verein natürlich unterstützen.“ Neben den Kindern aus der Siedlung nutzen auch viele Kinder der Flüchtlingsunterkunft in Bostelbek den Bus, wie Eltern berichten. „Wir sind empört, dass man mit uns bisher nicht gesprochen hat und über unsere Köpfe hinweg entscheidet. Dieses Jahr wird im Bezirk neu gewählt, die werden schon sehen, was sie davon haben“, droht eine Mutter, die ihren Namen nicht nennen möchte. Außerdem, so berichten andere Eltern, müssten sie pro Kind mehr als 150 Euro pro Schuljahr bezahlen, damit der Bustransfer stattfinde.
Im Jahr 1967 war mit der schrittweisen Schließung der Schule am Radeland in Bostelbek eine Vereinbarung zwischen der Siedlergemeinschaft Bostelbek und der Schulbehörde geschlosse worden. Die Kinder der Siedlung sollten demnach täglich zur Grundschule in der Grumbrechtstraße befördert werden. Bis heute nutzen täglich 45 Grundschülerinnen und Grundschüler den Service, auch wenn die Ausgangssituation mittlerweile eine ganz andere ist.
Früher gab es nur Werksverkehr, heute zwei Linienbus-Haltestellen in der Nähe
Bei Vereinbarungsabschluss war die Siedlung mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer erreichbar, ein Bus fuhr lediglich zu den Schichtzeiten beim Tempowerk, heute Mercedes-Benz. Seit einigen Jahren fahren mit den Buslinien 241, die direkt am Radeland hält, und der Buslinie 141 mit einer Bushaltestelle Bostelbek an der B73 gleich zwei Linienbusse, die fußläufig auch für Grundschulkinder gut erreichbar seien, argumentiert der Rechnungshof. Er fordert die Abschaffung des Schulbusses und moniert die Kosten von jährlich rund 58.000 Euro im Schuljahr 2021/22.
„Für den Schulweg ihrer Kinder, einschließlich etwaiger hierbei entstehender Fahrtkosten, sind grundsätzlich die Sorgeberechtigten (in der Regel also die Eltern) verantwortlich. Die BSB kann jedoch für diejenigen Schülerinnen und Schüler Fahrten zum täglichen Schulbesuch organisieren, die ihre zuständige Schule nur mit erheblichem Zeitaufwand mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen können“, beginnt der Abschnitt Schülerbeförderung im am Montag vom Landesrechnungshof vorgestellten Rechenschaftsbericht 2024.
Busstreichung werde man nicht bedingungslos akzeptieren, sagen Eltern in Bostelbek
Da sich die Anbindung mit dem ÖPNV mittlerweile erheblich verbessert habe, stelle „die jetzige Situation daher im Vergleich zu anderen Gebieten der Freien und Hansestadt Hamburg keine Ausnahme mehr dar“, so der Rechnungshof weiter. Der Rechnungshof habe die unnötige Schülerbeförderung als Verstoß gegen den Grundsatz der Sparsamkeit beanstandet und die Schulbehörde BSB aufgefordert, sie einzustellen. „Die BSB hat zugesagt, die Forderungen des Rechnungshofs umzusetzen“, heißt es abschließend in dem Bericht.
Erst zum laufenden Schuljahr war die Bushaltestelle aus der Grumbrechtstraße an den Milchgrund verlegt worden. Im Einstiegsbereich wurden die Gehwege erhöht und die Haltestelle aufwendig errichtet, um größtmögliche Barrierefreiheit zu schaffen. „Das hat ebenfalls Geld gekostet“, so die empörte Mutter, die ihre Tochter zum Bus bringt. Damals sei ein Kompromiss erzielt worden, denn der Schulbehörde sei der Bus schon länger ein Dorn im Auge gewesen. „Die Stadt hätte den Service schon damals am liebsten eingestellt“, so die Mutter, „aber es gab dann die Verlegung der Haltestelle. Das dieser Kompromiss zwischen Schulbehörde, Schule und Eltern nach einem Jahr hinfällig ist, werde man nicht wortlos akzeptieren.“
Schulbehörde bezieht Stellung: Darum wird die Beförderung nach Bostelbek eingestellt
Die Schulbehörde verweist wie der Rechnungshof auf die verbesserte Situation im Linienbusverkehr: Die Beendigung der bisherigen zusätzlichen Schulbusbeförderung von der Bostelbek-Siedlung zur Schule Grumbrechtstraße, die ergänzend zu den Angeboten des HVV beauftragt war, sei in Vorbereitung und solle zum Beginn des Schuljahrs 2024/2025 umgesetzt werden. „Sie ist möglich, weil die Schülerinnen und Schüler ihre Schule inzwischen mit den Bussen des HVV gut erreichen können. Die Gespräche mit der Schule zu der geplanten Veränderung sind noch nicht abgeschlossen. Es ist zutreffend, dass die Schülerinnen und Schüler der Bostelbek-Siedlung auf dem Heimweg die Bundessstraße 73 an einem ampelgesicherten Fahrbahnüberweg überqueren müssen, um zum Bus zu gelangen. Dies ist für Schulwege in einer Großstadt wie Hamburg aber keine außergewöhnliche Situation und lässt sich unter den gegebenen Umständen leider auch nicht vermeiden“, wie die Schulbehörde in einer Stellungnahme an das Abendblatt schreibt.
Die Haltestellen-Verlegung für den bisherigen zusätzlichen Schulbus von der Grumbrechtstraße in den Milchgrund werde bestehen bleiben. Grund lautr Schulbehörde: „Die neue Haltestelle am Milchgrund dient nicht nur dem Ein- und Ausstieg der Schülerinnen und Schüler der Bostelbek-Siedlung im Rahmen der Fahrten zum täglichen Schulbesuch mit dem bisherigen zusätzlichen Schulbus, sondern wird ebenfalls von Schulbussen im Rahmen der Fahrten zum Schulschwimmen angefahren und wird daher auch zukünftig weiter benötigt werden.“
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Eine Abendblattanfrage zum Schulbus und der Kompromisslösung an der Grumbrechtstraße, ließ die Schulbehörde bisher unbeantwortet.