Harburg. Seit Freitag läuft die Dart-WM in London – tausende Fans fiebern mit. Bei diesem Harburger Verein kann man jederzeit einsteigen.
- Auch diesen Dezember ist es wieder soweit: Seit Freitag läuft die Darts-WM im legendären Ally Pally in London
- Dann wird auch Harburg zur Darts-Hochburg: Unzählige Fans verfolgen die WM im Fernsehen und Live-Streams
- Wer Darts für sich selber ausprobieren möchte, muss dafür in Harburg nicht mehr in die Kneipe
„Jetzt geht es endlich los“, sagt ein Spieler zu seinem Mannschaftskollegen. Seine Freude ist nicht zu überhören. Gerade wird trainiert, der Trainingsraum ist gefüllt mit gut gelaunten Menschen. Alle haben sie drei Pfeile in der Hand, die in knappen Abständen präzise auf die Dartscheibe geworfen werden.
Der 1. Dartverein Harburg (DVH) trainiert mehrmals pro Woche im Sportzentrum des TuS Harburg, schließlich will das nächste Ligaspiel vorbereitet werden.
Darts-WM 2024 läuft seit Freitagabend: Fünf Deutsche sind in London dabei
Doch zunächst sind die Profis dran. Seit Freitagabend läuft die 31. PDC World Darts Championship 2024. Bis in die ersten Januar-Tage des neuen Jahres hinein öffnet der Alexandra Palace in London, besser bekannt als „Ally Pally“, wieder seine Tore für Darts- und Partybegeisterte.
Ehemalige Weltmeister wie Peter Wright, Michael van Gerwen oder Gerwyn Price sind wieder mit dabei. Deutschland ist zahlenmäßig so gut vertreten wie nie: Erstmals werden gleich fünf Deutsche, darunter der letztjährige Halbfinalist Gabriel Clemens, vom Publikum begrüßt.
Harburger Liga-Spieler fiebern bei den Matches der Darts-WM mit
Zwischen einer Fan-Masse aus kreativen Verkleidungen, bunten Plakaten und gefüllten Gläsern versteckt sich im Alexandra Palace auch der eine oder andere Amateurspieler. „Mitglieder aus unserem Verein waren schonmal als Zuschauer live vor Ort“, berichtet Werner Stockhusen.
Er ist Vizepräsident des 1. Dartvereins Harburg (DVH) und selbst als Spieler aktiv. Diesmal allerdings fahre kein Vereinsmitglied nach London: „Die hocken aber alle pünktlich vor der Glotze. Außerdem macht es ohnehin mehr Spaß, selbst vor der Dartscheibe zu stehen.“
Auf einen kühlen Kopf kommt es bei Dartspielern an – und auf Mathematik
Es ist die Kombination aus Ruhe, Konzentration und schnellem Umschalten, die Stockhusen an der Sportart schätzt. Für den perfekten Wurf müsse man „seinen eigenen Tunnel finden“ – und selbstverständlich darin bleiben. Profis haben dies perfektioniert, so der Harburger Vizepräsident: „Im Gegensatz zu uns trainieren sie sechs bis acht Stunden täglich. Darts ist eben nicht nur Kopfsache, sondern auch Routine.“
Beides ist auch gefordert, wenn es ans Rechnen geht: Nicht selten landet ein Pfeil nicht im gewünschten Feld – dann muss der Spieler improvisieren, viel Zeit zum Kopfrechnen bleibt ihm nicht. Doch kein Profi ist perfekt: „Selbst die Besten haben manchmal mit dem Rechnen ihre Schwierigkeiten. Das sieht man hin und wieder bei den großen Turnieren“, sagt Birte Leder, eine Vereinskollegin, und schmunzelt.
Darts ist ein Teamsport, auch wenn es nicht immer so scheint
Um das möglichst zu verhindern, trainiert der DVH zweimal pro Woche jeweils ein bis zwei Stunden. Wobei „Training“ es nicht unbedingt trifft. Leder betont: „Das ist hier sehr locker, einen klassischen Trainer gibt es nicht. Wir spielen alle zusammen, Darts ist schließlich ein Teamsport.“
Das regelmäßige Üben zahlt sich für den DVH aus: Der Trainingsraum ist gefüllt mit Pokalen, offenbar hat man dahingehend sogar ein Platzproblem. Mit weiteren Mannschaften und Vereinen aus Hamburg nimmt der Verein aus Harburg seit vielen Jahren am Ligabetrieb des Landesdartverbandes Hamburg (LDVH) teil. Ligaspiele finden meist wöchentlich statt.
Provokationen, Sticheleien und eine große „Show“
Neben der PDC-Weltmeisterschaft, einem reinen Soloturnier, gebe es insbesondere auf Vereinsebene auch Mannschaftswettbewerbe, erklärt Birte Leder. Mehrere Spieler eines Vereins treten gegen eine andere Auswahl an, entscheidend ist am Ende die Teamleistung. „Deswegen kann ich sagen, dass Darts ein sehr fairer Sport ist. Man gibt sich immer die Hand“, hebt die Spielerin hervor.
Gerade bei der Profi-WM sind Provokationen oder kleine Sticheleien jedoch keine Seltenheit. Werner Stockhusen bestätigt: „Grundsätzlich steckt auch immer viel Show dahinter, das gehört dazu – Unsportlichkeiten aber nicht.“
Viele Profis nutzen ihre eigenen Rituale, doch nicht alles ist erlaubt
Ob es auch Show ist, wenn Michael van Gerwen seine Socken mal wieder hochzieht? Da ist sich Stockhusen sicher: „Wenn er das macht, dann ist er nicht im Spiel. Es ist ein Ritual für ihn geworden, um sich zu konzentrieren und mental zu fokussieren.“ Nicht selten gelingt es ihm danach tatsächlich, eine 180 zu werfen.
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Und Gerwyn Price mit seinen Kopfhörern? „Eigentlich war das gar nicht erlaubt“, kritisiert Leder. Mit dieser Aktion versuchte sich der Profi im vergangenen Jahr von der laut pfeifenden Menschenmenge abzuschirmen. Die Spielerin aus Harburg sagt, die Akustik könne durchaus störend sein und einen aus dem Konzept bringen, andere hingegen würden die Atmosphäre genießen.
Männer treten gemeinsam mit Frauen an – im Darts ist das total normal
Rituale hin oder her: „Wenn man neu ist, lässt sich bei der Weltmeisterschaft bestimmt viel mitnehmen“, erwähnt Leder. Sie und Stockhusen sind sich aber einig, Neulinge sollten die Profis keinesfalls als Vorbilder betrachten. Stattdessen komme es mehr darauf an, „seinen eigenen Weg zu gehen“.
Und das ist im Darts möglich, vielleicht sogar eher als in anderen Sportarten. Nicht nur in London, sondern auch beim Training des DVH treffen sich Jung und Alt, Dick und Dünn, Mann und Frau, stellt Stockhusen fest, Grenzen gebe es kaum.
Sportart erlebt einen Wandel und wird populärer
Das war allerdings nicht immer so. Der für Sport zuständige Vizepräsident des 1. Dartverein Harburg blickt zurück: „Strikte Kleiderordnung und ein reiner Kneipensport – das war Darts einmal.“
ist das lebendige Beispiel dafür, dass dies der Vergangenheit angehört.
Nur noch eine überschaubare Anzahl von Spielern und Spielerinnen treffe sich regelmäßig in Kneipen, die regionale Mehrheit trainiere in Sportzentren, sagt Stockhusen. Durch diese Veränderung ließe sich mehr Nachwuchs generieren, der Sport habe sich damit geöffnet. Er erzählt: „Wenn ich mir bei Turnieren die Jugendspieler anschaue, dann bin ich erschrocken, wie gut manche in ihrem Alter schon sind.“
Darts WM 2024: Harburger Spieler nennen ihren Favoriten
Was die fünf deutschen WM-Teilnehmer angeht, bleibt er skeptisch und macht sich nicht allzu viel Hoffnung. Selbstverständlich drücke er jedem von ihnen die Daumen: „Weiter als unter die letzten 16 geht es aber vermutlich nicht“. Eine Wiederholung der Sensation vom vergangenen Jahr, als Gabriel „Gaga“ Clemens den Einzug ins WM-Halbfinale schaffte, hält Stockhusen für unwahrscheinlich.
Birte Leder geht weiter und legt sich auf einen Sieger fest: „Luke Humphries wird das ziemlich sicher gewinnen.“ Ob sie Recht hat oder nicht, wird sich spätestens am 3. Januar zeigen, wenn an einem Mittwochabend das WM-Finale in London stattfindet. Der Gewinner erhält ein Preisgeld von 500.000 britischen Pfund.