Harburg. Ausstellung im Harburger Rathaus beleuchtet Migrationsgeschichte der 1950er-Jahre und bittet um Hilfe: „Wir wissen viel zu wenig.“

Warum sind seit den 1950er-Jahren so genannte Gastarbeiter und Gastarbeiterinnen nach Harburg gekommen und hiergeblieben? Wie haben sie gelebt und gearbeitet? Und inwiefern waren die „Gastarbeiter“ von damals die Wegbereiter für die heutige migrantische Vielfalt in Harburg? Diesen Fragen widmet sich ein „Temporary History Lab“, das am 6. September um 16 Uhr im Harburger Rathaus von Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen eröffnet wird.

Aus Italien, Spanien, Portugal, Griechenland und der Türkei kamen Menschen, um hier zu arbeiten. Seit den 1950er-Jahren wurden sie als sogenannte Gastarbeiter angeworben. Einige gingen zurück, andere blieben hier – und sie alle trugen einen Teil zu Deutschlands Wohlstand bei.

Gastarbeiter in Harburg: „Wir wissen viel zu wenig von ihnen“

„Doch wir wissen viel zu wenig von ihnen und ihren Geschichten“, sagt Nils Steffen, Historiker an der Universität Hamburg und Initiator des Projekts. Mit Studierenden der Public History hat er sich auf die Suche nach historischen Spuren der sogenannten Gastarbeiter gemacht – und wenig gefunden. Projektpartner Stephan Kaiser vom Kulturhaus Süderelbe betont: „Migrationsgeschichte ist im Hamburger Süden zwar ein wichtiges Thema, aber eines, das bislang kaum erforscht ist.“

Fast 50 Prozent der Harburgerinnen und Harburger haben eine Migrationsgeschichte. Aus den Gastarbeitern von damals, ihren Kindern und Enkeln sind heute vielfach Gastgeber geworden. Das Temporary History Lab bringt Vergangenheit und Gegenwart zusammen.

Gesucht werden Erinnerungen, historische Dokumente und Fotos

Spuren aus der Geschichte treffen auf Stimmen von heute. Die Geschichtsstudenten haben hierzu Interviews mit Unternehmern aus der Region geführt. Das Projektteam lädt die Besucher zum Entdecken, Nachdenken und Mitmachen ein: Gesucht werden Erinnerungen, historische Dokumente und Fotos zur Migrationsgeschichte im Bezirk seit den 1950er-Jahren.

Hierzu besteht Gelegenheit bei zwei offenen Treffen: „Erzähl deine Geschichte!“ heißt es am 18. und 28. September, jeweils von 15 bis 18 Uhr. Am Abend des 8. September lesen zudem die „Daughters und Sons of Gastarbeiters“ um 18.30 Uhr im Großen Saal des Harburger Rathauses. Das Literaturkollektiv mit Autoren und Autorinnen unterschiedlicher Herkunft setzt sich mit Familiengeschichten auseinander. Die erzählten Geschichten leisten einen Beitrag zur Erinnerungskultur. Der Eintritt ist frei.

Kinofilm „Deutschlandlieder – Almanya Türküleri“ feiert Hamburg-Premiere

Musiker und Filmemacher Nedim Hazar feiert am 26. September um 18 Uhr im Jola (Kulturhaus Süderelbe, Am Johannisland 2) die Hamburg-Premiere seines neuen Kinofilms „Deutschlandlieder – Almanya Türküleri“. Der Film erzählt von den Gefühlen der Menschen, die nach Deutschland kamen: Von der Ankunft der ersten türkischen Gastarbeiter bis heute – Lieder von Liebe und Verlust, von schlechten Arbeitsbedingungen und Ausländerfeindlichkeit, Lieder von wachsendem Selbstbewusstsein und Hip-Hop, ohne den keine deutsche Hitparade mehr denkbar ist. Der Eintritt ist frei.

Die kostenlose Ausstellung kann bis zum 29. September, montags bis donnerstags von 8 bis 16 Uhr und freitags von 8 bis 14 Uhr (am Freitag, 8. September im Rahmen des Rathausfestes bis zum Ende der Lesung) im Harburger Rathaus besichtigt werden.

„Von ‚Gastarbeitern‘ und Wegbereitern“ ist ein Projekt der Uni in Zusammenarbeit mit dem Kulturhaus Süderelbe. Es wird unterstützt durch die Landeszentrale für politische Bildung, das Bezirksamt, die Lokalen Partnerschaften Harburg & Süderelbe sowie Unternehmer ohne Grenzen e. V.