Harburg. Was würde langer Leerstand mit zugenagelten Schaufenstern für die Harburger Innenstadt bedeuten? „Es wäre fatal“, sagt Frank Richter, SPD.
Die im Sommer bevorstehende Schließung des Harburger Karstadt-Hauses bestimmte die Debatte in der Harburger Bezirksversammlung am Dienstag. Obwohl eigentlich alle Parteien außer der AfD einen gemeinsamen Antrag formuliert hatten, in dem Bezirksamt und Senat aufgefordert werden, schnell Nachnutzungskonzepte für den demnächst leerstehenden Gebäudekomplex zu entwickeln, ließen es sich die Vertreter der Fraktionen nicht nehmen, in ihren Beiträgen individuelle politische Akzente zu setzen.
„In dieser Lage der Innenstadt darf uns nicht noch einmal ein jahrelanger Leerstand, womöglich mit zugenagelten Fenstern, wie beim ehemaligen Harburg-Center drohen“, sagte Frank Richter, Vorsitzender sowohl der SPD-Fraktion, als auch des Stadtentwicklungsausschusses. „Das wäre fatal für die Attraktivität des Bezirks! An anderen ehemaligen Galeria-Standorten hat der Senat viel Geld in die Hand genommen um Leerstand zu vermeiden. Das Engagement erwarten wir auch für Harburg!“
Grüne: „Jetzt zeigt sich, dass wir tatsächlich Druck machen müssen!“
Heinke Ehlers, stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion, sagte, man müsse nicht nur an das Gebäude denken, sondern auch an die, die darin noch arbeiten. „Auch wenn diese Menschen hochqualifiziert sind und der Einzelhandel Personal sucht, haben diese, überwiegend älteren, Fachkräfte wenig Chancen, schnell neue Stellen zu finden“, sagte sie. „Als wir den Antrag zur Nachnutzung diskutierten, war das Aus für Harburg ja noch nicht endgültig. Deshalb haben wir zum Teil auch das Gefühl gehabt, diesen Menschen in den Rücken zu fallen. „Jetzt aber zeigt sich, dass wir tatsächlich Druck machen müssen!“
Seit die Gläubigerversammlung dem Sanierungsplan für den Galeria-Konzern zugestimmt hat, ist das Aus für das Harburger Kaufhaus im Sommer irreversibel, glauben die Bezirksabgeordneten. Dabei hätte eine Ablehnung nicht unbedingt zur Rettung geführt. Viel wahrscheinlicher wäre dann eine sofortige Schließung aller Filialen gewesen, um weitere Verluste zu vermeiden.
„Mit der Schließung wird ein städtebauliches Konzept hinfällig!“, heißt es von der CDU
„Mit der Schließung wird ein städtebauliches Konzept hinfällig, das wir in Harburg lange entwickelt und verfolgt haben“, sagte CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer, „nämlich das Knochenmodell mit zwei dicken Enden rund um Sand und Karstadt auf der einen und am östlichen Ende der Lüneburger Straße und der Fußgängerzone als Verbindung. Wir müssen neu denken!“ Dass dieses Knochenmodell längst im Ungleichgewicht ist, bedingt durch den Verfall des Harburg-Centers, den Flop des Harburg-Carrees und schließlich den Bau des Kaufkraft und Markenfilialen an sich raffenden Phoenix-Centers, ignorierte Fischer dabei.
„Ich vermisse im Fall Karstadt das Engagement des Bürgermeisters und vor allem der Wirtschaftssenatorin, die ja immerhin Harburgerin ist“, sagte Jörn Lohmann, Fraktionsvorsitzender der Linken-Fraktion. „Hier zieht ein Spekulant jahrelang Geld aus dem Kaufhauskonzern und lässt den Steuerzahler über Rettungspakete sowie die Mitarbeiter über Lohnverzicht dafür bezahlen und darf gleichzeitig seinen Elbtower in Hamburg bauen. Das ist schwer zu vermitteln! Jetzt ist zu befürchten, dass das Harburger Haus über Jahre eine Spekulationsruine wird, wie das NYH-Gelände oder das Neuländer Quarree. Das muss verhindert werden!“
„Die Zeiten großflächigen Einzelhandels sind vorbei“, sagt die FDP-Vorsitzende
Die FDP-Fraktionsvorsitzende Viktoria Ehlers warnte davor, bei einer Nachnutzung wieder auf ein Warenhaus zu setzen: „Die Zeiten großflächigen Einzelhandels sind vorbei“, sagte sie. „Hilfreicher ist wahrscheinlich ein schneller Abriss und Neubau mit gehobenem Wohnungsbau und in den unteren Geschossen kleinteiligem Einzelhandel.“
In dem Antrag fordern die Fraktionen, zügig Gespräche mit dem Gebäude-Eigentümer aufzunehmen, Sollte der kein Nachnutzungskonzept haben, solle die Stadt eine Nutzung durch Kultur- und Kreativ-Wirtschaft vorzuschlagen und zu fördern und die Immobilie gegebenenfalls zu kaufen. Ungeachtet des Beschlusses liefen bereits Gespräche mit dem Eigentümer, teilte Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen mit. Diese würden in den nächsten Tagen fortgesetzt.