Harburg. Jetzt startet endgültig der Umbau der wichtigsten Kreuzung Harburgs: dem „Doppelknoten“. Es ist eines von vielen Projekten.

Wäre Autofahren im Hamburg der 2020er-Jahre nicht so verpönt, könnte man für Harburg 2023 glatt Eintritt für den Nervenkitzel eines befahrbaren Labyrinths kassieren. Schon häufiger angekündigt, startet in diesem Jahr endgültig der Umbau der wichtigsten und meistbefahrenen Kreuzung des Bezirks, „Doppelknoten“ (1) genannt, weil hier fünf wichtige Ein- und Ausfallstraßen mit zwei Dutzend Spuren und gut 30.000 Fahrzeugen täglich auf zwei dicht beieinanderliegenden Kreuzungen zusammenkommen.

Die Straßen sind bis in den Unterbau verschlissen, die Sanierung überfällig und musste schon einige Male verschoben werden. Im Zuge der Grundsanierung wird oben gleich die Veloroute 11 mit eingebaut und in unmittelbarer Nähe der Harburger ZOB runderneuert und erweitert sowie ein Fahrradparkhaus in die Tiefe gebaut.

Alle drei Maßnahmen starten 2023 und werden Harburg bis mindestens 2025 in mehreren Bauphasen beschäftigen. Bis Sommer oder Herbst sind die ersten beiden Phasen geplant. Dafür wird die Hannoversche Straße vor dem Harburger Bahnhof zur Einbahnstraße in Richtung Westen. Innerstädtische Verkehre – auch die sieben Buslinien -- in Richtung Osten müssen dann auf die Wilstorfer Straße (2) ausweichen, deren Kapazität damit bereits stark beansprucht wird, bevor sie ab Herbst/Winter auch noch die Verkehre Richtung Westen abwickeln muss.

Der Veritaskai bleibt Einbahnstraße, entgegen alter Planungen

Dass Fahrer die sich eigentlich ebenfalls anbietende Umfahrung der Doppelknotenbaustelle über den Binnenhafen wählen, will das Bezirksamt Harburg unterbinden, indem die wichtigste Durchfahrtstraße des Binnenhafens, der Veritaskai, bis Ende 2023 Einbahnstraße bleibt, obwohl die Baustelle der Veloroute 10, mit der die Einbahnstraßenregelung begründet worden war, hier längst beendet ist und eigentlich „nur noch“ auf der Hannoverschen Straße südlich der Elbbrücken (3) gebaut wird – ebenfalls mit einer Einbahnstraßenregelung, Richtung Norden.

Ende 2023 soll dann für die am Ve­ritaskai (4) ankommende Veloroute ein Kreisverkehr gebaut werden, während parallel und wenig entfernt die heißeste Phase der Doppelknoten-Sanierung eingeläutet wird.

Eine neue Fahrradstraße in Harburg

Auch an anderen Stellen im Bezirk hat der Tiefbau Hochkonjunktur: Vor dem AK Harburg wird die Denickestraße (5) zur Fahrradstraße umgebaut, am Alten Postweg (6) und Am Cen­trumshaus (7) werden Allgemein-Parkplätze zu HVV-Switch-Punkten umgewidmet und für Carsharing reserviert.

Parallel wird für den gesamten Umkreis der Harburger Technischen Universität Hamburg (TUHH) (8) ein Parkraum- und Mobilitätskonzept erarbeitet, das wahrscheinlich auf die untergenutzte TUHH-Tiefgarage als Quartiersparkhaus setzt. Die Autobahn 7 bleibt im Süden weiterhin Baustelle, insbesondere in Höhe Moorburg, wo bereits der Anschluss der A 26 vorbereitet wird (9). Eine Dauerbaustelle hingegen nähert sich der Vollendung: Im Sommer soll die Grundsanierung der wichtigen Querverbindung Ehestorfer Heuweg (10) abgeschlossen sein.

Apartments für Singles, Studierende und Senioren am Sand

Von Straßen zu Häusern: Im Herzen Harburgs wird ein großes Bauprojekt voraussichtlich im Sommer fertiggestellt: der Neubau auf der Westseite vom Wochenmarkt am Sand. (11) Hier entstehen knapp 80 seniorengerechte, teils öffentlich geförderte Mietwohnungen mit Einzelhandel und Gastronomie im Erdgeschoss.

Ebenfalls bezugsfertig werden die 174 Mini-Apartments an der Theodor-Yorck-Straße im Harburger Binnenhafen (12). Sie sind für Studierende und Auszubildende gedacht und werden durch die Kita Hafencampus ergänzt. Die Wohnungen sollen zum Start des Wintersemesters 2023/24, also im Oktober 2023, übergeben werden können.

Auch am Binnenhafen entsteht Wohnraum

Ganz im Westen des Binnenhafens werden voraussichtlich zwei Bauprojekte an den Start gehen. Zunächst sollen im Frühjahr die Gründungspfähle für ein Sozialzentrum gesetzt werden. (13) Der Gebäudekomplex an der Blohmstraße/Ecke Kanalplatz wird als Schwerpunkt betreutes Wohnen für Demenzkranke anbieten.

Im Sommer wird dann nach aktueller Planung das Projekt „Aqua2Dock“ (14) starten. Auf einem von zwei Kanälen umgebenen Eckgrundstück ist ein 13.500 Qua­dratmeter großes Quartier mit dem Hotel „the niu QUAY“ (166 Zimmer) sowie Gastronomie, Büros und vielfältigen Aktivitäten auf dem Wasser geplant. Möglicherweise fällt im kommenden Jahr auch die Entscheidung, was aus den beiden gegenüber dieser Baufläche gelegenen historischen Lagerschuppen am Lotsekai werden soll (15). Die im typischen Stil der 1920er-Jahre erbauten Gebäude sollten zunächst abgerissen werden. Jetzt will die Stadt als Eigentümerin die Hallen für handwerkliche, sportliche oder kulturelle Nutzungen ausschreiben.

Neue Grundstücke an Fischbek

Im Fischbeker Heidbrook (16) werden weitere Wohngebäude vollendet und damit das Neubaugebiet komplettiert. Im September 2022 war im Beisein von Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) offiziell die Fertigstellung des Quartiers mit 1200 Wohnungen und rund 3000 Einwohnern gefeiert worden. Die meisten Häuser sind bereits bezogen, die letzten Grundstücke vergeben. Für das jenseits der B 73 gelegene Baugebiet Fischbeker Reethen (17) laufen dagegen erst die Planungen; auf den dortigen grünen Wiesen wird sich 2023 noch nichts tun. Die ersten Grundstücke sollen 2024 auf den Markt kommen.

Das Quartiershaus „Ohrns“ entsteht in Fischbek für die Neubaugebiete.
Das Quartiershaus „Ohrns“ entsteht in Fischbek für die Neubaugebiete. © HA | ARGE Herr & Schnell Architekten PartGmbB / Gonzales Hinz Zabala architects S.L.P.“

Am Schulstandort Ohrnsweg wird das Quartiershaus namens Ohrns Inn fertiggestellt (18). Es wird aus dem Programm zur Stabilisierung der Hamburger Wirtschaft durch verstärkte staatliche Investitionstätigkeit wegen der Corona-Krise sowie dem Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung (RISE) Neugraben-Fischbek finanziert und steht an der Schnittstelle zwischen den Wohnvierteln Sandbek/Fischbek und den Neubaugebieten Fischbeker Heidbrook und Fischbeker Reethen.

Zwei neue große Unterkünfte für Geflüchtete

Ziel ist es, einen Ort der Begegnung für neue und alteingesessene Fischbeker zu schaffen. Im Erdgeschoss befinden sich das Stadtteilbüro und ein „Stadteilraum“, der von unterschiedlichen Institutionen und Initiativen aus der Nachbarschaft für soziale und gesellschaftliche Veranstaltungen sowie weitere Aktivitäten genutzt werden kann. Ein Kinderhort und eine Jugendberatung der bezirklichen Straßensozialarbeit werden das Obergeschoss beziehen. Ein gemeinsam genutztes Foyer wird während der Öffnungszeiten öffentlich zugänglich sein.

Nicht sicher, aber wahrscheinlich wird die Freie und Hansestadt Hamburg 2023 einen Nutzer für das brach liegende 17 Hektar riesige Gewerbegebiet Neuland 23 präsentieren, der bereit ist, die strengen Umweltauflagen dort zu erfüllen (19).

2023 werden auch in Harburg die Menschen wieder enger zusammenrücken müssen: Während die gestiegenen Flüchtlingszahlen sich im vergangenen Jahr in Harburg fast nur in der Notunterkunft Fegro-Halle an der Schlachthofstraße manifestierten (20), kommen 2023 zwei neue große Unterkünfte hinzu: Auf dem Schwarzenbergplatz (21) wird bereits für 600 Menschen gebaut, und an der Schule Neumoorstück (22) in Neugraben sollen ebenfalls Plätze für 200 Notleidende entstehen.

Neue Schulen wegen der vielen Familien mit Kindern

Nicht nur durch Geflüchtete steigt die Bevölkerungszahl im Bezirk Harburg. Besonders in der Region Süderelbe ziehen wegen der Neubaugebiete viele junge Familien zu. Neue Schulen sind geplant. Geht es nach der Schulbehörde, nehmen ab Sommer auf dem Gelände der ehemaligen katholischen Schule Neugraben (23) eine Grundschule, die bleiben soll, und ein Gymnasium, das später in die Fischbeker Reethen ziehen soll, parallel den Betrieb auf. Allerdings hat das Erzbistum Hamburg der Stadt ihr Grundstück bislang nicht zurückverkauft.

Die insolvente Sietas-Werft könnte ein maritimer Technologie-Standort werden.
Die insolvente Sietas-Werft könnte ein maritimer Technologie-Standort werden. © xl | Lars Hansen

Bei zwei großen Arbeitgebern der Region stehen die Mitarbeiter vor bangen Fragen: Die Nynas-Raffinerie (24) hat angekündigt, den Produktionsbetrieb einzustellen. Der Betriebsrat verhandelt um Lösungen. Die Sietas-Werft (25) wird bereits vom Insolvenzverwalter abgewickelt. Bezirkspolitiker fordern die Entwicklung des Geländes zum maritimen Technologiestandort, um Know-how und gute Arbeitsplätze an der Estemündung zu behalten. Unternehmer brachten auch die Weiternutzung als Abwrackwerft ins Gespräch (25).

Sportplatz Außenmühle wird endlich wieder eröffnet

Das Phoenix-Viertel (26) erhält ein Team aus zwei Stadtplanern eines Altonaer Büros als „Kümmerer“. Es ist seit 1980 der fünfte Anlauf, das Zusammenleben der Nachbarn im problembelasteten Quartier durch außenstehende Profis zu verbessern.

Eine wichtige Begegnungsstätte Harburgs öffnet 2023 wieder ihre Tore: Der stadionartige Sportplatz Außenmühle (27) wird nach mehrjähriger Sperrung und Sanierung ab Sommer wieder für Fußball, Leichtathletik und ab dann auch als Breitensportanlage nutzbar sein.