Harburg. Sie sieht aus wie eine Straßenbaustelle, hat aber in Wirklichkeit einen anderen Zweck: Die Absperrung am Veritaskai sorgt für Verdruss.

Die Einbahnstraßenregelung am Veritaskai lässt die Gemüter kochen. Was aussieht wie eine Baustelle, ist eigentlich nur Verkehrslenkung, versuchen Polizei und Bezirksamt zu erklären.

„Jeden Morgen muss ich einen kilometerweiten Umweg fahren und stehe zu den Stoßzeiten vom Karnapp bis zur Seevestraße im Stau“, berichtet Andreas B.. Er wohnt in der Theodor-York-Straße und schüttelt mit dem Kopf. „Dass der Veritaskai in Richtung Nartenstraße gesperrt ist, macht überhaupt keinen Sinn. Die augenscheinliche Baustelle ist ein Fake“, sagt er sichtlich aufgebracht.

Verkehr Harburg: Sperrung am Veritaskai ist gar keine Baustelle

So wie Herrn B. geht es aktuell vielen Anwohnern im Binnenhafen. Ein Abbiegen aus dem Schellerdamm oder der Theodor-York-Straße in Richtung Nartenstraße ist trotz fertigen Radschnellwegs bis Jahresende 2023 nicht möglich – dabei wird in der Nartenstraße noch gar nicht gebaut.

Beim Ortstermin wird der Reporter vor Ort gleich mehrfach angesprochen. Auch die Geschäftsleute sind entrüstet. „Wir haben mindestens 30 Prozent weniger Umsatz“, sagt einer von ihnen, der nicht genannt werden möchte, „in dieser Baustelle sieht man nie einen Arbeiter“, klagt der Einzelhändler. Auch beim Bezirksamt sollen sich die Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger häufen, berichtet ein Insider, der ebenfalls ungenannt bleiben möchte.

Die Beschilderung weist eindeutig auf eine Baustelle hin

„Der abgesperrte Bereich des Veritaskais, in dem keine Baumaßnahmen zu beobachten sind, ist kein Baufeld“, antwortet die Polizei als untere Verkehrsbehörde. „Die Straße wurde mit den Materialien bestückt, um sie optisch und baulich deutlich als Einbahnstraße für die Verkehrsteilnehmer zu kennzeichnen“, erklärt der Polizeisprecher weiter. Die Beschilderung zumindest von der Neuländer Straße kommend, weist allerdings bei einer Temporeduzierung auf 30 km/h eindeutig auf eine Baustelle hin.

Die Sperrung am Veritaskai sei auf die Einbahnstraßenregelung an der Hannoverschen Straße zurückzuführen, antwortet das Bezirksamt auf Abendblatt-Anfrage. Die Hannoversche Straße ist auf dem Abschnitt zwischen Neuländer Straße und Neuländer Hauptdeich aktuell nur in Richtung Norden zu befahren.

„Die Umleitung für die Gegenrichtung verläuft über die Nartenstraße und Neuländer Straße“, erklärt Bezirksamtssprecher Dennis Imhäuser. „Um auf dieser Strecke ein störungsfreies Abbiegen zu ermöglichen, wurde der Veritaskai im östlichen Bereich gesperrt.“ Auf dem nördlichen Abschnitt der Hannoverschen Straße wird derzeit die Veloroute 11 ausgebaut, verbunden mit einer Grunderneuerung der Fahrbahnen und Entwässerung.

Umleitung soll noch bis Ende 2023 beibehalten werden

Im Frühjahr 2023 soll im Bereich der umstrittenen Sperrung, so das Bezirksamt, ohnehin mit dem weiteren Ausbau der Veloroute 10 und dem Bau des Nartenstraße-Kreisels begonnen werden.

Nach heutigem Planungsstand wird die Umleitung deshalb bis Ende 2023 fortbestehen – eine für die Anwohner unerfreuliche Antwort. Sie beklagen, dass der Lkw-Verkehr durch die sonst ruhigeren Seitenstraßen im Binnenhafen massiv zu genommen habe. „Die aus westlicher Richtung kommenden Lkw werden durch den Schellerdamm zum Karnapp umgeleitet. Viele biegen dann wieder in die Theodor-York-Straße ein und fahren zurück zum Veritaskai, um über die Neuländer Straße auf die Autobahn zu gelangen.

Am Veritaskai angekommen, stellen sie fest, dass sie auch hier nicht in Richtung Westen abbiegen dürfen und fahren eine weitere Schleife, berichtet Andreas B.. „Die Beschilderung ist völlig unzureichend. Auch viele ortskundige Autofahrer drehen hier ihre Ehrenrunden “, so B. Einige Autofahrer ignorierten die Absperrungen auch einfach.

Autofahrer ignorieren Einbahnstraßenregelung

Das ließ sich auch beim Ortstermin beobachten. Ein Teil der Autos befährt vom Schellerdamm den Veritaskai entgegen der Einbahnstraße, um zum Parkhaus oder zum Edeka-Markt zu kommen. Diese Fahrtrichtung ist nur für den HVV freigegeben.

Andere Autofahrer umfahren sogar die Warnbaken und begeben sich in den Gegenverkehr, um bis zur Nartenstraße zu gelangen. Immer wieder kommt es zu brenzligen Situationen, bei denen Radfahrer, die vom Radschnellweg in die Einbahnstraße wechseln, gefährdet werden.

Verkehr Harburg: CDU kritisiert Baustellen-Attrappe zur Verkehrslenkung

„Dass Baustellen-Attrappen zur Verkehrslenkung eingesetzt werden, lehnen wir ab“, sagt der Harburger CDU-Verkehrsexperte Rainer Bliefernicht. Offensichtlich sei hier nicht richtig kommuniziert worden, sagt er und bringt Verständnis für den Unmut der Autofahrer und Anlieger auf. „Man muss mit Blick auf die vielen realen Straßenbaustellen und den aktuellen Verkehrsfluss die Beein­trächtigungen für den fließenden Verkehr im Auge behalten und möglichst nicht noch weitere Hindernisse schaffen“, so Bliefernicht.

Immerhin prüft die Polizei aktuell, ob es möglich ist, die Ampelschaltung an der Umleitungs-Kreuzung Seevestraße zur Hannoverschen Straße zu optimieren, um den Rückstau in der Seevestraße zu reduzieren.