Harburg/Wilhelmsburg. Dreieinhalb Jahre nach dem Start der Elektroshuttles wird auch der Süden bedient. Wilhelmsburg kriegt Moia. Selbstversuch zeigt Probleme auf.
Als vor dreieinhalb Jahren die neuen Verkehrsdienste Ioki und Moia in Hamburg eingeführt wurden, guckte der Hamburger Süden in die Röhre. Moia bediente nur die Hamburger Stadtteile, die ohnehin schon ein gutes Nahverkehrsangebot hatten und der Testbetrieb von Ioki startete in Bereichen, die zwar ähnlich benachteiligt sind wie Harburg.
Das wird sich bald ändern: Einen Tag nach Neujahr startet der als Ioki bekannte Dienst in Harburg und Moia nimmt Wilhelmsburg und die Veddel in sein Bediengebiet auf. „Ioki“ werden die Harburger aber trotzdem nicht bekommen: Der Dienst wird zum Jahreswechsel umbenannt: „HVV hop“ wird der neue Name sein.
Ein Abendblatt-Selbstversuch vergangene Woche verlief unbefriedigend
Im Nordwesten des Bezirks Altona, wo Ioki seine Zelte abbricht und von Moia ersetzt wird, trauert man den geräumigen Elektrolimousinen jetzt schon hinterher. Es gab sogar Proteste. Ein Abendblatt-Selbstversuch vergangene Woche mit Ioki verlief allerdings unbefriedigend – eine Ausnahme, wie die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH), im HVV Träger des Ioki-Großversuchs, darlegen.
Moia und Ioki sind so genannte „On-Demand-Services“ oder „Ride-Pooling-Dienste“. Ganz neu ist das Konzept nicht: In ländlichen Gegenden gibt es längst Rufbusse oder Anrufsammeltaxis. Das ist das selbe, klingt aber nicht so schick. Bestellt jemand eine Fahrt (Demand) mit dem Dienst wird geguckt, ob zur selben Zeit jemand anders in die selbe Richtung fahren möchte und die Fahrten werden zusammengelegt (Pooling). Dadurch kann man Fahrten günstiger anbieten. Im Fall von Ioki, bzw. HVV Hop sollen die Fahrten so günstig werden, dass Fahrgäste auf das eigene Auto verzichten, um beispielsweise von zu Hause zum nächsten Bahnhof zu gelangen.
Welche Harburger Wohngebiete besonders profitieren könnten
Bei Ioki zahlen Inhaber einer HVV-Karte derzeit noch lediglich einen Euro Aufschlag für ihre Fahrt. Auch in Harburg gibt es Wohngebiete, die weiße Flecken auf den Linienplänen des HVV sind, und die profitieren können. Besonders Mobilitätseingeschränkte haben Vorteile von den barrierefrei ausgestatteten Fahrzeugen.
Die Testanordnung des Selbstversuchs: Mittags aus der Mitte des aktuellen Ioki-Bediengebiets zu dessen Rand zu fahren um dort in die S-Bahn umzusteigen. Die Mitte des Gebiets ist die Großsiedlung Osdorfer Born, vor 50 Jahren fertiggestellt und noch immer nicht an U- oder S-Bahn angebunden, obschon dies schon während des Baus versprochen wurde. Die nächsten S-Bahn-Stationen sind Elbgaustraße, Klein Flottbek und Hochkamp, jeweils etwa 18 Minuten Busfahrt entfernt. Hier kann ein Ioki-Shuttle nützlich sein. Kaum den Bus in den Born entstiegen, wird also ein Ioki nach Klein Flottbek bestellt.
Fahrer und Reporter verpassen sich zunächst
Die Smartphone-App bietet allerdings keins an. Alle Shuttles seien ausgebucht, man solle es später versuchen. Erst 35 Minuten später klappt es, wenn auch nicht nach Klein Flottbek. Wenigstens wird eine Fahrt zur Elbgaustraße angeboten. In 20 Minuten soll das Auto auf dem Parkplatz des Born-Centers sein. Dort fährt es vorbei und hält an der Straße. Fahrer und Reporter hatten unterschiedliche Angaben zum Treffpunkt erhalten. Allerdings haben sie sich schnell gefunden. Ist dies einmal nicht der Fall soll der Fahrer den Fahrgast nach zwei Minuten anrufen , nach weiteren zwei Minuten noch einmal. Mittags seien die Fahrzeuge immer besonders stark ausgelastet, erklärt der Fahrer. Für Harburg seien auch viel mehr Fahrzeuge geplant, das müsste besser gehen.
Die lange Wartezeit sei nicht üblich, sagt VHH-Sprecherin Christina Sluga. Auch bei Ioki herrsche derzeit ein hoher Krankenstand, außerdem werden viele Fahrzeuge schon abgezogen und in der Werkstatt auf den neuen Dienst in Harburg vorbereitet: Grundgewartet und mit dem „hop“-Logo versehen. „Die Servicequote, die angibt, wie viele der Anfragen mit einem Fahrtangebot beantwortet werden, liegt bei 94 Prozent“, sagt Sluga. 840.000 Fahrten hätte es bisher gegeben, die Hälfte der Fahrgäste nutze Ioki laut Kundenbefragung täglich und gern.
Dass sie aussehen, wie Londoner Taxis, liegt daran, dass sie baugleich sind
„HVV hop“ wird im Bezirk Harburg die Kernregion Harburg bedienen, Süderelbe bleibt ausgespart. Ab Januar starten die östlichen Stadtteile, ab April auch Eißendorf, Marmstorf und Heimfeld. 30 Fahrzeuge sind für Harburg vorgesehen. Doppelt so viele, wie derzeit in Osdorf. Dass sie aussehen, wie Londoner Taxis, liegt daran, dass sie baugleich sind: Geräumig, rollstuhlmitnahmefähig, hybridgetrieben.
Was eine Fahrt kosten wird, ist noch unklar. In einer frühen Veröffentlichung schrieb die VHH, der Aufschlag zur HVV-Karte würde 2 Euro betragen. „Das ist zu viel, um die Verkehrswende attraktiv zu machen“, bemängelt der Harburger SPD-Verkehrsexperte Frank Wiesner. Nach Abendblatt-Informationen ist der Preis aber noch nicht in Stein gemeißelt. Am Mittwoch stellt Mobilitätswendesenator Anjes Tjarks „HVV hop“ in Harburg vor. Bis dahin ist noch Dynamik in der Aufpreis-Entwicklung.