Hamburg. Mit der neuen Linie S6 soll der Süden der Stadt besser angebunden werden. Was die leisten soll – und welche Probleme es derzeit gibt.

Auf den ersten Blick sehen die ab dem Winter 2023/24 geplanten Neuerungen im Hamburger S-Bahn-System eher kosmetisch aus: Neue Liniennummern und neue Linienfarben erleichtern die Orientierung auf der Netzkarte gerade für Ortsfremde. Erst im zweiten Schritt sollen bis 2030 neuen Linien hinzukommen, so auch die bislang unter der Nummer S32 geplante dritte Harburger Linie, die dann S6 heißt. Sie war zuletzt für den Fahrplanwechsel 2027/28 angekündigt.

Das Datum 2030 hatte in Harburg deshalb einige Bezirkspolitiker irritiert. S-Bahn-Chef Kay Uwe Arnecke betont jedoch, dass Ende 2027 weiterhin das gesteckte Ziel für den Start der S6 sei.

S-Bahn Hamburg: Stabiler, zuverlässiger und schneller

Außerdem seien die neuen Linienführungen des ersten Schritts mehr als nur Schautafelkosmetik, sondern würden Störquellen im Netz insgesamt reduzieren und so einerseits das bestehende Angebot stabiler und zuverlässiger machen, andererseits dadurch neue Linien erst ermöglichen. Dies alles ist nötig, weil sich die Auslastung der Züge schon jetzt wieder dem Vor-Corona-Niveau annähert.

Was das für Harburg bedeutet, erklärt Arnecke so: „Wir entlasten die Knotenpunkte Altona, Neugraben und Hauptbahnhof“, sagt der S-Bahn-Chef. „In Neugraben entfällt das Verlängern und Verkürzen der S3 und vor dem Hauptbahnhof müssen nun weniger häufig Züge Gleise kreuzen, um an der richtigen Stelle einzufahren.“

Warum die S3 die S-Bahn Hamburg derzeit viel Zeit kostet

Bislang kommt die S3 als ein „Vollzug“ aus zwei „Fahrzeugen“ à drei Waggons aus Stade, bleibt in Neugraben stehen und wird in der Hauptverkehrszeit um ein Fahrzeug verlängert – bahndeutsch: gestärkt – und setzt dann als neun Wagen langer „Langzug“ die Reise fort. Auf dem Rückweg in Fahrtrichtung Stade wird dieser Langzug in Neugraben wieder um ein Fahrzeug geschwächt. Das kostet Zeit und ist vor allem personalintensiv.

Zum Rangieren müssen in der Abstellanlage Zugführer bereitstehen, nach dem Stärken fast einen Kilometer zurück in die Anlage gehen und das nächste Fahrzeug rangierklar machen. Für das Stärken und Schwächen müssen außerdem vom Fahrbetrieb Weichen und Signale gestellt werden.

Mehr Platz für Hamburger Pendler in der S-Bahn

In Zukunft soll die S-Bahn aus Stade als S5 durchgehend als Vollzug über die Verbindungsbahn, also über Dammtor, geführt werden. Die neue Linie S3 fährt ganztägig als Langzug zwischen Neugraben und Pinneberg. Stärken und Schwächen entfällt. „Die Hamburger Pendler haben dann den gesamten Langzug für sich und müssen sich morgens weniger Sorgen machen, ob sie noch einen Sitzplatz bekommen“, sagt Arnecke.

Er betont zudem, dass Dezember 2027 weiterhin der Wunschtermin für den Start der dritten Linie ist. „Die DB Netz AG ist von der Stadt Hamburg beauftragt worden, die Kapazitätserhöhung auf dem Korridor vom Hauptbahnhof bis Neugraben zu planen. Zusätzlich zu den vorhandenen Linien wird eine dritte Linie auf der Süderelbe-S-Bahn verkehren.“

S-Bahn Hamburg: Warum ein Garten die neue Linie gefährdet

Um die Linie betreiben zu können, müssen die Stellwerke Harburg und Wilhelmsburg – dies wird derzeit noch aus Harburg ferngesteuert – digitalisiert, Überholgleise und entsprechende Weichen gelegt sowie mehr Strom an die Strecke gebracht werden. Für letzteres werden Gleichrichterwerke benötigt, große Trafohäuser, in denen Bahn-Öko-Drehstrom in 1200-Volt Gleichstrom für die Motoren in den Triebwagen umgewandelt wird.

Hierin liegt allerdings eine Gefahr für den engen Zeitplan: Für das westliche Gleichrichterwerk hat die Stadt Hamburg der S-Bahn das Grundstück des Nachbarschaftsgartens Neuwiedenthal am Striepenweg angeboten. Hier stellt sich aber nicht nur die Nutzerschaft des Gartens, sondern auch die gesamte Harburger Bezirkspolitik geschlossen quer und fordern, dass ein anderes Grundstück für den elektrischen Großapparat gefunden wird, zumindest aber erst einmal ein Ersatzgrundstück für den Stadtteilgarten. Doch Kay Uwe Arnecke sagt: „Aus der Sicht unser Planer gibt es kein anderes geeignetes Grundstück in der Nähe.“