Cranz/Neuenfelde. Auwald, Sperrwerke, Pumpen, Nutriajagd: Der Sommer soll, so die Grünen, genutzt werden um die nächste Sturmflutzeit vorzubereiten

Seit der Sturmflut von 1962 hat sich im Hochwasserschutz an der Elbe eine Menge getan. Die Deiche sind mittlerweile drei bis vier Meter höher, als vor 60 Jahren, sie sind stabiler konstruiert und Sperrwerke sowie Flutschutztore hochmodern. In der Zwischenzeit haben diese Systeme auch Sturmfluten abhalten können, die noch höher waren, als die von 1962 – und die Deiche werden gerade noch einmal erhöht. Dennoch gehört es zum Leben an der Küste, sich Sorgen um den Flutschutz zu machen.

Zurecht: Die Sturmflutsaison 2021/22 war eine starke Herausforderung für Deiche und Tore sagt auch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie. Vor allem die Häufung und Dauer der Ereignisse im Februar bereiteten den Katastrophenschützern Sorgen. Die Grünen-Abgeordneten in der Harburger Bezirksversammlung fordern nun, den Sommer zu nutzen, um gut auf die nächst Sturmflutsaison vorbereitet zu sein.

Der blanke Hans ist launisch

Der blanke Hans ist launisch: Nachdem in in der Saison 2020/21 gar keine Sturmflut verzeichnet wurde, waren es in dieser Saison sieben Sturmflutereignisse, die meisten davon über mehrere Tiden, wobei dann technisch jedes Hochwasser als eigene Sturmflut zählt. Die zwei Sturmflutserien im Februar dauerten fünf und sieben Tage. Davor und dazwischen hatte es durchgehend stark geregnet. Die Deiche waren aufgeweicht. Sie hielten, aber die Deichschützer machten sich große Sorgen.

Nicht nur die Durchfeuchtung der Deiche wurde zum Problem: Durch die aufgeweichten Böden und die Stürme waren viele Bäume im Auwald außerhalb des Neuenfelder Hauptdeichs umgestürzt. Üblicherweise schützt der Wald im Deichvorland den Deich noch zusätzlich. Einzelne umgestürzte Bäume bleiben üblicherweise zwischen den standhaften Stämmen stecken und verstärken diesen Effekt sogar noch. Diesmal jedoch waren so viele umgestürzt, dass die Sturmfluten sie aus dem Wald hätten schwemmen und die aufgeweichte Deichhaut empfindlich beschädigen können.

Kritische Situation am Estesperrwerk

„In der Nacht der schweren Sturmflut vom 19. auf den 20. Februar kam es zudem zu einer kritischen Situation am Estesperrwerk, bei der die Tore erst sehr knapp vor dem Schließwasserstand geschlossen worden sind“, kritisiert die Neuenfelder Grünen-Abgeordnete Corine Veithen in der Antragsbegründung.

Das Estesperrwerk wird nachts bei Bedarf von einem Bereitschaftsdienst der Hafenbehörde HPA bedient. In der betreffenden Nacht lief die Flut deutlich schneller auf, prognostiziert und der Bereitschaftsdienst kam beinahe zu spät. „Das Tor wurde erst buchstäblich in letzter Sekunde geschlossen“, schreibt Veithen.

Weil das Wasser aus den Zuflüssen tagelang nicht ausreichend in die Elbe abfließen konnte, kam es auch an den Binnengewässern zu kritischen Situationen, gerade wegen der Starkregenlage. An einer anderen Stelle in Hamburg, in Tatenberg, musste das Zuflusswasser mit mobilen Hochleistungspumpen in die Elbe befördert werden. Diese Pumpen besitzt Hamburg offensichtlich nicht und musste sie aus Bremen leihen.

Forderung: Schöpfwerke an Este, Elbe und Alter Süderelbe

Mittelfristig fordern die Grünen den Bau neuer und die Ertüchtigung bestehender Schöpfwerke an Este, Elbe und Alter Süderelbe. Kurzfristig soll der Pumpen-Bestand der Feuerwehren überprüft und aufgestockt werden. Die umgestürzten Bäume im Auwald sollen entfernt und entsorgt werden. Die HPA soll das Estesperrwerk bei Sturmflut durchgängig besetzen. Außerdem soll die Nutria-Population im Deichbereich bejagt werden. Die Nagetiere bauen Höhlen im Deichfuß, durch die der Deich unterspült werden kann. „Es sind nun über den Sommer einige Monate Zeit, um sich gut auf die nächste Sturmflutsaison vorzubereiten. Das sollten wir auch tun“, schreibt Veithen.