Harburg. Verkauf an Fonds-Gesellschaft auf Guernsey wird rückabgewickelt. Zukunft des Projekts weiter unklar. Politik ist alarmiert
Das Bauprojekt Neuländer Quarree am östlichen Eingang des Harburger Binnenhafens geht zurück an die Adler Group, nach Firmenangaben „eine der führenden Wohnungsgesellschaften in Deutschland“. Deren Tochter Consus Real Estate hatte das Projekt an der Neuländer Straße und das gegenüber liegende ehemalige Fabrikareal der New-York Hamburger (NYH) Gummi-Waaren Compagnie 2020 an die Fonds-Gesellschaft Partners Immobilien Capital Management mit Sitz auf der Insel Guernsey verkauft. Dieses Geschäft wird jetzt rückabgewickelt. Ob und wie schnell es nun mit dem Harburger Prestige-Projekt voran geht, steht in den Sternen.
„Die beiden Projekte werden sich nach abgeschlossener Rückabwicklung wieder im Besitz der Adler Group befinden“, bestätigt Matteo Twerenbold, Chef der Unternehmenskommunikation bei Adler. Über das weitere Schicksal des Projekts Neuländer Quarree und der teils denkmalgeschützten Gummifabrik-Gebäude könne er aktuell noch keine Aussagen machen. Der Adler Group gehört auch das viel größere Projekt Holsten-Quartier in Altona. Hier hatte der Bezirk, wie berichtet, eine Finanzierungszusage der Bank verlangt. Anlass gab ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Es konnte den Verdacht gegen die Adler Group nicht ausräumen, dass ihr die finanziellen Mittel fehlen, um die firmeneigenen Projektentwicklungen zu realisieren.
Geld floss nur spärlich bei Harburgs Prestige-Projekt
Durch die Rückabwicklung des Kontrakts mit Partners Immobilien hat die Adler Group nun sieben weitere Projekte am Start. Zusammen mit Neuländer Quarree/NYH hatte Consus Real Estate im Mai 2020 ein weiteres Projekt in Hamburg (Billwerder Neuer Deich) sowie Vorhaben in Köln, München, Passau, Bayreuth und Offenbach im Paket zum Preis von 313 Millionen Euro an den Partners-Fonds in der Steueroase Guernsey veräußert. Der Verkauf diente ganz offiziell dem Ziel, den Verschuldungsgrad von Consus zu reduzieren.
Doch das Geld floss nur spärlich. Als bis Ende 2021 nur 40 Prozent des Kaufpreises bezahlt war, zog die Adler Group (die Consus Real Estate inzwischen zu 94 Prozent übernommen hat) die Reißleine: „Es war nicht bekannt, wann und in welcher Höhe die Zahlungen beglichen würden. Es stellte sich daher als beste Lösung für Consus heraus, den Vertrag rückgängig zu machen und damit langwierige Gerichtsverfahren gegen den Käufer zu vermeiden“, heißt es im Adler-Geschäftsbericht 2021.
- Investor in Not: Aus für das Holsten-Quartier?
- Was wird aus den Harburger Vorzeige-Projekten?
- Niederländer planen sieben Hotels in Hamburg
Ob damit der mehrjährige Stillstand beim Neuländer Quarree in absehbarer Zeit beendet sein wird, scheint dennoch fraglich. 2019 hatte der Berliner Immobilienentwickler Christoph Gröner, damals Inhaber der CG Gruppe, dem Projekt mit einem Architekten- und einem Freiraum-Wettbewerb Kontur verliehen. Es sah so aus, dass zwischen der Hannoverschen Straße und dem Östlichen Bahnhofskanal ein ambitioniertes Bauprojekt in die Tat umgesetzt wird.
Christoph Gröner schied aus dem Tagesgeschäft aus
Doch im Frühjahr 2020 übernahm die Consus Real Estate, die bereits 2017 die CG Gruppe zur Hälfte erworben hatte, dort komplett das Ruder. Gröner schied aus dem Tagesgeschäft aus. Auf Abendblatt-Anfrage, wie es denn nun weitergehe, ließ Consus über ein Pressebüro etwas umständlich antworten: „Grundsätzlich befinden wir uns noch im Bebauungsplan-Verfahren, welches sich durch die seitens der Behörden geforderten Wettbewerbe und diverse Nachforderungen in den Gutachten in seiner Abarbeitung in einer angemessenen Zeit Berücksichtigung finden muss.“
Die Abarbeitung lässt weiter auf sich warten. Die Fraktionen der Harburger SPD und Grünen bescheinigten im Herbst 2021 der Consus-Gruppe „wenig Interesse an der Entwicklung der beiden Grundstücke“ und beantragten gemeinsam, der Bezirk möge die Möglichkeit eines Baugebots prüfen. Das geht allerdings erst, wenn der B-Plan Neuland 73, der nur das Projekt Neuländer Quarree umfasst, beschlossen ist.
„Bemühungen, mit der Adler Group in Kontakt zu kommen, waren erfolglos“
Dafür müsste der Bezirk mit dem alten und neuen Investor ins Gespräch eintreten. „Meine letzten Bemühungen, mit der Adler Group in Kontakt zu kommen, waren erfolglos“, sagt Baudezernent Hans Lied. Der Bezirk würde gern auf die Vorarbeit der CG Gruppe zurückgreifen: „Eine Fortführung der bisherigen Planungen und die Umsetzung der Ergebnisse des freiraumplanerischen und des hochbaulichen Wettbewerbes würde hier sehr begrüßt werden.“
Für das Nachbargelände mit der maroden und schadstoffverseuchten Gummifabrik gibt es aktuell keine konkreten Pläne. Lied sagt: „Wir nehmen keinerlei Aktivität seitens des Investors wahr und erwägen, den bereits eingeleiteten Bebauungsplan H 68 zu teilen. So könnten wenigstens die nördlich der denkmalgeschützten Fabrikationsgebäude gelegenen Flächen, die einem anderen Eigentümer gehören, weiter entwickelt werden.“
Bestenfalls, bei einem kooperativem Miteinander von Bezirksamt und Eigentümern, könnte der Bezirk beim Neuländer Quarree in etwa 1,5 Jahren, beim New York Hamburger Gelände in vielleicht 2,5 Jahren eine Vorabgenehmigung erteilen, wenn die B-Plan-Verfahren dann weit fortgeschritten sind, hofft Lied. Und ergänzt: „Da ich mich bereits hier im Bereich der Spekulation befinde, möchte ich von weiteren Prognosen absehen.“ Nicht nur er, auch die Bezirkspolitiker sind skeptisch. So beantragte die CDU-Fraktion am 9. Mai, die Bezirksverwaltung möge sich, sofern keine Möglichkeit gesehen werde, die Plangebiete alsbald wie vorgesehen zu realisieren, darum bemühen, „die Flächen für die öffentliche Hand zu erwerben“.
Die wichtigsten Eigentümerwechsel im Projekt:
- 2011 hat die P&S Grundstücks- und Vermögensverwaltung das gut 45.000 Quadratmeter große ehemalige Bahngelände erworben. Der 2012 eingesetzte Geschäftsführer Thorsten Wiehe führte das Unternehmen – und damit das Projekt Neuländer Quarree – in die Insolvenz. Das Verfahren wurde 2016 eröffnet.
- 2017 kaufte Christoph Gröner mit seiner CG Gruppe das Bauprojekt. Im Januar 2019 erwarb die CG Gruppe zusätzlich das ehemalige Fabrikareal der New-York Hamburger.
- 2020 verabschiedete sich Gröner aus dem Projekt, nachdem sein Unternehmen in der Consus Real Estate AG aufgegangen ist. Sie wurde ihrerseits Teil der Adler Group.