Harburg. Testpflicht zusätzlich zur Impfung lässt Kneipiers schlimme Einbußen fürchten. Einige denken über Impfaktionen für Stammgäste nach
Für das, was die Harburger Gastronomen angesichts der ab Montag gültigen 2G-plus-Regel empfinden, müsste man eigentlich ein neues Wort schmieden: „Negativenthusiasmus“ würde es ganz gut treffen. Sie selbst wählen weniger geschliffene Begriffe.
Viele fürchten, dass der Effekt dieser Regel einem weiteren Lockdown gleichkommt. Sie sind nach zwei Jahren Corona-Pandemie auch ermüdet: Immer wieder gab es neue Vorschriften und immer wieder setzten die Mehrheit der Wirte sie um – um sich mit der nächsten Verschärfung der Vorschriften konfrontiert zu sehen. Einige resignieren, andere, wenige, lassen sich noch nicht vollends entmutigen und schmieden Pläne, wie sie mit der Lage am besten umgehen – beispielsweise, indem sie ihren Stammgästen die Booster-Impfung im Lokal ermöglichen.
„Wirte werden hier instrumentalisiert“
„Wir hatten gerade wieder angefangen, sehr kleine schwarze Zahlen zu schreiben“, sagt Achim de Buhr, der mit seiner Frau Britta die Kulturgaststätte „Komm Du“ am Helmsweg betreibt und demnächst auch noch den Moorburger “Wasserturm“ neu beleben will. „2 Gplus trifft uns da sehr hart. Während wir bis jetzt noch Buchungen für Tische und Vorverkauf für Veranstaltungen hatten sieht das Reservierungsbuch ab Montag sehr leer aus!“
Was de Buhr besonders ärgert: „Wir Wirte werden hier instrumentalisiert, um eine Boosterpflicht durch die Hintertür einzuführen“, sagt er, „das läuft auf unserem Rücken ab!“ Gäste, die zusätzlich zur weit verbreiteten Doppelimpfung auch Auffrischungsimpfung nachweisen können, sind nämlich von der Testpflicht vor der Einkehr befreit. Klaus Petzold, Wirt des Heimfelder „Astra-Eck“, glaubt deshalb, für sich eine Lösung gefunden zu haben: „Ich bin in Kontakt mit einem Impfärzte-Team und würde gerne im Laufe der kommenden Woche einen offenen Impftermin in meinem Lokal anbieten. Meine Stammgäste sind alle bereits durchgeimpft und könnten dann geboostert werden und mit diesem Nachweis einfach wieder hier hereinkommen, wie unter 2G. Es lässt sich doch niemand testen, nur weil er ein Bier trinken will!“
Einige verlängern Betriebsferien bis Ende Januar
Etwas ist Petzold allerdings aufgefallen: „In der CoV-Pass-App steht der Nachweis über den Booster auf einer Seite, die mit dem Hinweis versehen ist, dass Nutzer sie nicht öffentlich zeigen sollen“, sagt er.
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„Wir haben bereits vor Weihnachten geschlossen und werden unsere Betriebsferien jetzt bis zum 20. Januar verlängern“, sagt Said Shah von der Nova Event Hall im ehemaligen Marmstorfer Schützenhof, in dem seit reinigen Tagen auch wieder ein Testzentrum zu finden ist. „Es wäre frustrierend für das Personal, tagelang anzutreten und nichts zu tun zu haben“, sagt der Wirt. Im zurückliegenden Lockdown hatte er einen Pizza-Abhol- und Lieferdienst organisiert. Die großen Familienfeiern, die sonst in der „Nova Event Hall“ stattfinden, finden in diesen Tagen selbstverständlich nicht statt.
Mehr Außer-Haus-Menüs, kürzere Öffnungszeiten
Auch Sven Oliver Scharf lässt sein Restaurant „Scharf“ im Binnenhafen ab Sonntag zu. „Wir machen aber ohnehin jedes Jahr im Januar zwei Wochen Ferien“, sagt er. „Die ziehen wir jetzt eine Woche vor und öffnen dann wieder in der letzten vollen Januarwoche. Bis dahin fällt uns etwas ein. Wahrscheinlich werden wir dann wieder mehr Außer-Haus-Menüs zubereiten und vielleicht Öffnungszeiten komprimieren.“
Auch Ricardo Neves Ferreira, Wirt des „Bierbrunnen“ in der Harburger Altstadt denkt über in Impfangebot in seiner kleinen Kneipe nach: „Irgendwie muss es ja weitergehen“, sagt er. „Wenn das nicht klappt, bleibt uns nur, abzuwarten, wie sich die Situation entwickelt.“ Eine Wirtin, die bereits zwei Impfaktionen in ihrem Lokal hatte, ist Kirsten Czeskleba-Huuck, Teilhaberin des Irish Pub „Old Dubliner“ in der Lämmertwiete. „Der Andrang war immer groß“, sagt sie. „Wenn wir das wiederholen könnten, könnten wir unser Stammgäste boostern. Wenn aber die Besucherzahlen jetzt so stark einbrechen, wie wir fürchten, werden wir die Ruhetage ausweiten müssen.“
Wer, wie Restaurants, keine täglichen Stammgäste hat, hätte von eigenen Impfterminen wenig. Und bereits die letzten Wochen – inklusive des Weihnachtsgeschäfts, das eigentlich alle traditionellen Verlustmonate eines Jahres kompensieren kann und soll - waren für viele Betriebe kaum ertragreich.