Buchholz. Jubiläum des Kulturzentrums wird an vier Tagen gefeiert. Geschäftsführer kritisiert Niedersachsens Corona-Kurs. Was er fordert.
Onne Hennecke könnte zufrieden sein. Gerade hat der Kreis Harburg sein Open-Air-Projekt zum 30-jährigen Bestehen der Buchholzer Empore in Corona-Zeiten genehmigt und die Stadt die öffentlichen Flächen bereitgestellt.
An vier Tagen, vom heutigen Donnerstag an, wird es auf einer Bühne im Teich gleich neben dem Veranstaltungszentrum Konzerte ausgewählter Bands, einen Auftritte des Slam-Poeten Torsten Sträter, am Sonnabend einen Mix mit vielen kulturellen Zutaten und zum Abschluss am Sonntag ein Programm mit Künstlern aus der Stadt geben.
„Es ist die größte Open-Air Veranstaltung in der Nordheide. An jedem Abend kommen bis zu 1000 Besucher“, freut sich der 57-Jährige, der seit 14 Jahren als Geschäftsführer an der Spitze des Veranstaltungszentrums steht. Doch Hennecke weiß auch: Ein Lichtblick für die Empore ist zu wenig für die jetzt startende neue Saison.
Die Besucher dürften zumeist vollständig geschützt sein
Den studierten Volkswirt ärgert vor allem das in Niedersachsen weiter geltende Abstandsgebot von 1,50 Meter. Es drückt seine Sitzplatzkapazitäten von 500 auf allenfalls 150 bis 160 – genauso wie im ersten Corona-Jahr 2020. „So gehen uns 70 Prozent der Einnahmen verloren. Damit kann niemand dauerhaft wirtschaften“, sagt Hennecke. In seine Rechnung schließt er dabei Kinos oder andere Theater mit ein.
Dabei gilt gerade für die Empore eine besondere Situation. Denn ihr Publikum ist im Durchschnitt älter als 50 Jahre, damit in großer Mehrheit geimpft und steht als Bildungsbürgertum den Impfungen eher positiv gegenüber. Hennecke schätzt, dass mindestens 90 Prozent seiner Gäste vollständig geschützt sind. „Wir brauchen jetzt klare Ansagen darüber, unter welchen Bedingungen Kultur in der Saison möglich ist und zwar mindestens für ein halbes Jahr im Voraus“, fordert der Manager. Abstand, Masken und Einlass-Konzepte nach 2-G oder 3 G (genesen, geimpft, getestet) müssten festgelegt werden. In keinem Fall dürfe aber vor dem Hintergrund des Fortschritts beim Impfen immer weiter über reduzierte Sitzplatzkapazitäten diskutiert werden. Sonst müsse die Branche um ihre Existenz fürchten.
Die Entscheidung für den Bau der Empore wird zum Krimi
Erinnert ihre aktuelle Lage derzeit fast an eine Tragödie, so entwickelte sich die Entscheidung zum Bau der Empore 1990 zum Krimi. Gegen den Standort in der Innenstadt, die Architektur und das finanzielle Risiko für das 25-Millionen-Mark-Projekt, das der damalige Bürgermeister Hans-Heinrich Schmidt (CDU) initiiert hatte, machte die SPD im Stadtrat mobil. Schmidts politische Mehrheit bröckelte. Doch einen Tag vor der entscheidenden Abstimmung im Rat wechselten vier Politiker die Seiten, stimmten für den Neubau und ermöglichten es, die Planungen fortzusetzen.
Die Kritik war damit zwar nicht beendet, aber die Empore konnte fertiggestellt werden. Allerdings verlor Schmidt die anschließende Wahl und die vier Abtrünnigen wurden von ihren Parteien nicht mehr zur Wiederwahl aufgestellt. Nach der Eröffnung am 10. September 1991 konnte das Spiel beginnen. Schmidt avancierte später zum Ehrenbürger der Stadt und ist heute noch Abonnent bei der Empore.
„Wir machen ein Programm für alle Menschen vor Ort vor allem aus der Region bis Hamburg und Lüneburg – von Komödien, über Comedy bis hin zu Schlagern, Rock und Klassik. Dafür kommen bundesweit und international bekannte Künstler“, sagt Hennecke. Das hat sich nach den ersten vorsichtigen Versuchen – noch mit schwarz-weißen Flyern – nicht verändert. Die Ausrichtung wurde stets an die Nachfrage angepasst. Verändert haben sich die Zahlen.
Die Zahl der Gäste hat sich mehr als verdoppelt
So kamen 1992 knapp 36.000 Besucher zu 120 Veranstaltungen. Im letzten Jahr vor Corona, in der Saison 2018/19 (jeweils zum 30. Juni), waren es knapp 80.000 Gäste bei 232 Events. Der Umsatz erhöhte sich von einigen hunderttausend Mark auf zuletzt mehr als 1,7 Millionen Euro.
Hennecke rechnet vor, dass sich der jährliche Zuschuss der Stadt über die Jahre nicht einmal erhöht hat. Zahlte die Stadt Ende der 90er Jahre gut 900.000 Mark, waren es zuletzt 663.000 Euro. „Berücksichtigt man die Teuerung seit der Jahrtausendwende sind das mindestens 20 Prozent weniger,“ schätzt der Empore-Chef. Dann legt er nach: „Wenn man die steigende Zahl der Gäste einbezieht, ist der Zuschuss pro Ticket gesunken.“ Für die Corona-Saison 2020/21 dürfte der notwendige Zuschuss sogar auf voraussichtlich 300.000 sinken. Hintergrund sind das Kurzarbeitergeld für die 14 festangestellten Mitarbeiter und rund 300.000 Euro November- und Dezembergeld vom Bund.
"Das Haus ist ein Gewinn, kein belastender Faktor.“
Bürgermeister Jan-Hendrik Röhse macht ohnehin eine ganz andere Rechnung auf. „Der Nutzen der Empore für die Stadt übertrifft den jährlichen Zuschuss bei weitem. Das Haus ist ein Gewinn, kein belastender Faktor.“ Schließlich ist ihre Bühne, ihre Technik und ihre Kapazität nicht nur für Stars vorgesehen, sondern auch für örtliche Gruppen und Vereine. Mit der Pandemie wechselten die Kommunalpolitiker für ihre Sitzungen ebenfalls in den großen Saal. „In der Empore,“ ist der Bürgermeister überzeugt, „schlägt das kulturelle Herz der Stadt.“
Die Herzschläge sind zu spüren, wenn etwa Atze Schröder, Olaf Schubert oder die Comedian Harmonists Today auftreten, Stefan Gwildis oder Annett Louisan kommen. Schröder setzt zudem auf ist die Geschmackssicherheit des Buchholzer Publikums und teste sein Live-Programm für die großen Bühnen mit einer Pre-Show in der Nordheidestadt. Die sind natürlich allemal ausverkauft.
Für das Jahr 2023 ist wieder ein Opernball geplant
Die Idee von Hennecke für einen Opernball hat sich 2014, 2016 und 2018 bewährt, ehe Corona sie stoppte. Nun ist als nächstes Datum das Frühjahr 2023 vorgesehen. Die Open-Air-Veranstaltungen begannen 2016 mit 1400 Besuchern und der Oper Nabucco, 2017 folgte eine Musical Show und 2018 ein Frank-Sinatra-Programm mit Tom Gaebel und seiner Big Band. Zuletzt spielte im August 2019 eine Tribut-Band die besten Titel von Queen. Nun geht es von Donnerstag an erneut nach draußen an den Teich.
Bürgermeister Röhse ist überzeugt: „Die Empore wird auch in den kommenden 30 Jahren ein Zentrum für Begegnungen und Kultur in der Stadt sein.“ Onne Hennecke spricht davon, den Menschen „glückliche Momente“ zu vermitteln. Ein hohes Ziel. „Aber wenn wir das schaffen, ist das toll.“
Das Programm zum Sommer-Open-Air vom 2. bis 5. September:
- Donnerstag, 20 Uhr. Konzert Echoes: „Barefoot To The Moon“ (komplett bestuhlt), Karten ab 40 Euro. Die Pink Floyd-Tribute Band Echoes spielt mit Streichquartett.
- Freitag, 20 Uhr. Torsten Sträter: „Schnee, der auf Ceran fällt“ (ausverkauft)
- Sonnabend, 10 bis 15 Uhr. Programm mit Künstlern sowie Vereinen aus der Stadt, 19.30 Uhr „30 Jahre Empore Buchholz – das Fest“. Eintritt 15 Euro für Sitzplätze, sieben Euro für Stehplätze. Gäste: Kabarett Alma Hoppe, Jörg Knör, Musical Stage Buchholz, Rike Barz, Stage Musical School Hamburg und Starbugs Comedy. 21 Uhr Die Party-Band „Nite Club“ spielt mit Soul, Pop und Funk.
- Sonntag, 10 bis 18 Uhr Programm mit Künstlern und Vereinen aus der Stadt, kein Eintritt.
- Teilnehmen können nur genesene, getestete und geimpfte Besucher. Masken sind Pflicht.