Harburg. Referentin sieht keinen Bedarf mehr für Projekt im Süderelbe-Raum. Bürger und Politik sind verärgert. Auch wegen vorheriger Zusagen.

Die Schwimmbadsituation im Bezirk Harburg lässt sehr zu wünschen übrig – da sind sich Bürger und Bezirkspolitiker einig. Ein interkommunales, gemeinsam mit Neu Wulmstorf realisiertes Kombibad in Fischbek sowie ein Anbau an das Freizeitbad Midsommerland, in dem lehr- und wettkampftaugliche Schwimmbedingungen geschaffen werden, könnten nach jüngsten Plänen Abhilfe schaffen.

Große Hoffnungen darauf sollte sich die Bezirkspolitik aber anscheinend nicht machen: Die städtische Bäderland GmbH hat beide Projekte nicht oder nicht mehr so recht auf dem Plan, erfuhren die Mitglieder des Harburger Stadtentwicklungsausschusses am Montag.

Harburgs Abgeordnete von Bäderland-Vortrag enttäuscht

Die Bädersituation im Hamburger Süden und ihre zukünftige Entwicklung sollten eigentlich Thema im Ausschuss sein. Als Vertreterin der Bäderland GmbH war Karin Hopert gekommen. Sie ist beim städtischen Schwimmbadbetreiber für die Bedarfsplanung zuständig. Der Inhalt ihres Vortrages enttäuschte die Abgeordneten: Geht es nach der Bäderland GmbH, gibt es keine weitere Entwicklung. Die Pläne für das Kombibad werden derzeit nicht weiterverfolgt und den – immerhin kürzlich von Bäderland-Sprecher Michael Dietel in Aussicht gestellten – Anbau an das Midsommerland erwähnte Hopert mit keinem Wort.

Das Kombibad, das an der Landesgrenze im Neubaugebiet Fischbeker Reethen entstehen sollte, war eine gemeinsame Idee der SPD-Fraktionen im Neu Wulmstorfer Gemeinderat und in der Harburger Bezirksversammlung aus dem Jahr 2016. Hintergrund In Neu Wulmstorf sind sowohl das Freibad als auch das Hallenbad stark sanierungsbedürftig sind. Das Neugrabener Freibad ist sehr klein und für den Bezirk kostenaufwendig. Die Schwimmhalle Süderelbe ist in die Jahre gekommen und ohnehin nur für Bade-Grundbedürfnisse ausgestattet.

Das einzige Freibad im Bezirk Harburg befindet sich in Neugraben. Das Midsommerland an der Außenmühle hat ein Außenbecken.
Das einzige Freibad im Bezirk Harburg befindet sich in Neugraben. Das Midsommerland an der Außenmühle hat ein Außenbecken. © Bäderland Hamburg | Bäderland Hamburg

Machbarkeitsstudie: Bedarf für Kombibad in Harburg

Während der Rat der niedersächsischen 20.000-Einwohner-Gemeinde Neu Wulmstorf den Beschluss zum Kombibad autonom fassen konnte, ist die 170.000 Bürger vertretende Bezirksversammlung Harburg jedoch bei allen kommunalen Entscheidungen nur Bittsteller bei Hamburger Landesbehörden und -institutionen; in diesem Fall der Bäderland GmbH beziehungsweise der Umweltbehörde, an die die Bäderland angebunden ist.

Bäderland gab eine Machbarkeitsstudie in Auftrag, die 2020 veröffentlicht wurde. Sie erkannte Bedarf für das Kombibad, vor allem, weil die Süderelberegion in den nächsten Jahren einen starken Bevölkerungszuwachs erwartet. Mittlerweile waren der Gemeinde Neu Wulmstorf allerdings 1,8 Millionen Euro Zuschüsse aus Berlin und Hannover für die Sanierung des Hallenbades zugesagt worden. Diese wurde mittlerweile auch begonnen.

Trotz der Neubaugebiete sieht Bäderland keinen Bedarf

„Nach den Parametern, mit denen wir rechnen, besteht deshalb trotz der Neubaugebiete kein Bedarf mehr für das Kombibad“, sagte Karin Hopert den Bezirkspolitikern, „zumal das Hallenbad Süderelbe ja nicht mehr für ein Wohnungsbauprojekt abgerissen werden soll, wie es einmal geplant war.“ An dem Hallenbad würde die Bäderland gerne festhalten. Und zwar nicht obwohl, sondern weil es so alt ist. Die Baukosten sind abgeschrieben. Nur noch die Betriebskosten fallen an.

„Das ist sehr ärgerlich“, sagte die Grünen-Abgeordnete Heinke Ehlers. „Dass Sie die Machbarkeitsstudie so lange hinausgezögert haben, soll die Planung jetzt hinfällig machen. Das hat die Bäderland GmbH zu verantworten!“

Schwimmbad in Harburg: Mehrere tausend Unterschriften organisiert

Vom CDU-Abgeordneten Rainer Bliefernicht auf den Bedarf nach einem richtigen Schwimmbad in der Harburger Kernregion angesprochen, antwortete Karin Hopert ebenfalls mit dem Argument, dass ihre Berechnungen für Harburg keinen Bedarf ergeben würden. Mit den Schwimmhallen in Wilhelmsburg und Neugraben sei Harburg ausreichend versorgt.

Dass man dies in Harburg offensichtlich anders sieht und die Initiative „Yes We Swim“ 2018 mühelos mehrere tausend Unterschriften für ein Bürgerbegehren, zusammen bekommen hatte, in dem ein Schwimmbad gefordert wurde, focht sie nicht an. „Nach unseren Parametern gibt es in Harburg keine Unterversorgung“, wiederholte sie.

Initiative "Yes We Swim" wurde Anbau in Aussicht gestellt

Dabei hatte Bäderland-Sprecher Michael Dietel der Initiative „Yes We Swim“ bereits einen entsprechenden Anbau an das Spaßbad Midsommerland in Aussicht gestellt – den der Verein allerdings selbst finanzieren soll. Dies erwähnte Hopert mit keinem Wort. „Ob sie davon nichts wusste oder ob das Angebot nur Hinhaltetaktik war, weiß ich nicht“, sagt „Yes We-Swim“-Sprecherin Juliane Eisele, „aber ich fürchte letzteres.“ Michael Dietel war für Fragen nicht zu erreichen. Er ist im Urlaub.

Jörn Lohmann, Fraktionsvorsitzender der Linken in der Bezirksversammlung, kritisiert die Intransparenz der Bäderland: „Die Referentin sprach ständig von ihren Parametern, aber die Bäderland legt ihre Rechenmodelle nie offen. Da kann man ja jeden Bedarf leugnen!“ In einer der nächsten Sitzungen des Stadtentwicklungsausschusses soll der Staatsrat der Umweltbehörde, Michael Pollmann (Grüne), mit den Harburger Forderungen konfrontiert werden.