Harburg. Ursprünglich sollte im Frühjahr Eröffnung gefeiert werden. Nun fehlen coronabedingt Poller. Der ADFC fordert Freigabe.
Auf der tiefschwarzen Fahrbahn in der Denickestraße leuchten die neuen, großen und weißen Fahrradpiktogramme den Passanten entgegen. Schilder deuten Auto- wie Lastkraftfahrern schon, dass sie hier nicht mehr durchfahren können. Es sieht aus, als wäre Harburgs erste Fahrradstraße fertig. Seit Wochen sind die Bauarbeiter weg. Doch die blauen Müllsäcke über den Schildern mit dem Hinweis „Fahrradstraße“ zeigen, dass hier noch etwas nicht stimmt.
Ursprünglich sollten die Arbeiten im Frühjahr abgeschlossen und die Straße mit viel Politprominenz freigegeben werden. Daraus wurde nichts. Es gab offensichtlich Probleme, einen gemeinsamen Termin zu finden. Und auch jetzt ist noch kein konkreter Termin in Sicht. Anfang Juli hieß es dazu aus dem Bezirksamt: „Dieser Termin ist zwar angedacht, gemeinsam mit der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende. Aber aus terminlichen Gründen wird dieser nicht unmittelbar zur Fertigstellung der Baumaßnahme erfolgen, sondern zu einem späteren Zeitpunkt“, ließ sich Dennis Imhäuser als Sprecher des Harburger Bezirksamtes zitieren.
Lieferschwierigkeiten aufgrund von Corona verzögern Start
Einige Wochen später gibt es eine andere Begründung aus dem Harburger Rathaus, warum die Fahrräder nicht offiziell auf der Straße rollen. „Die Maßnahme ist noch nicht abgeschlossen. Für die Diagonalsperre Ecke Gazertstraße/Denickestraße fehlen aufgrund von corona-bedingten Lieferschwierigkeiten noch Poller. Erst wenn alle Maßnahmen abgeschlossen sind, wird die Fahrradstraße freigegeben“, sagt Imhäuser auf Abendblatt-Nachfrage.
Doch egal was die Verzögerungen verursacht, einige Harburger Radfahrer sind bereits auf Zinne. „Erst wollen sie uns erzählen, dass sie keinen Termin mit dem Senator finden und jetzt fehlen angeblich die Poller, um den Autoverkehr aus der Fahrradstraße zu halten. Das ist doch Quatsch“, sagt Günter Sievers. Der 76-Jährige befährt fast täglich die Denickestraße mit dem Fahrrad. „Im Frühjahr standen genau an dieser Stelle Warnbaken, doch diese wurden offensichtlich entfernt“, sagt er mit Blick auf die fehlenden Poller auf der Verkehrsinsel. „Die vorhandenen baulichen Veränderungen halten den Autoverkehr doch aus der Straße.“
ADFC: „Wir erwarten, dass die Straße geöffnet wird.“
Auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) als Interessenzusammenschluss der Fahrradfahrenden schlägt in diese Kerbe. Es ist sei unverständlich, warum die Fahrradstraße noch nicht freigegeben werde, die offizielle Eröffnung könne auch zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. „Im Zweifel ist es Aufgabe der Polizei, den Verkehr zu überwachen. Die Verkehrsschilder sind ja da und daran haben sich die Autofahrenden zu halten“, sagt Dirk Lau als Pressesprecher des ADFC Hamburg. Die Forderung: „Wenn es nur noch an den beiden Pollern liegt, dann erwarten wir, dass die Straße nächste Woche geöffnet wird.“
Als wäre das Eröffnungsdilemma um die Veloroute 11 nicht schon genug, beschweren sich Anwohner über den Zustand der Straße. So gleicht die rund 900 Meter lange erste Fahrradstraße Harburgs einem Flickenteppich, mit deutlich sichtbaren Rillen und Höhenunterschieden zwischen den Fahrbahnbelägen. „Es gibt einige wenige Beschwerden, die das Fachamt Management des öffentlichen Raums erreicht haben. Diese beziehen sich meist auf den optischen Zustand der Maßnahme,“ bestätigt der Bezirksamtssprecher und ergänzt: „Darüber hinaus sei angemerkt, dass es auch Lob für die Maßnahme im Hinblick auf die Befahrbarkeit und Lautstärke gibt.“
Diskussion um Unebenheiten auf der Fahrbahn
Das schreit nach einem Praxistest. Mit Auto, Elektroroller und Fahrrad wird die Teilstrecke abgefahren. Das Befahren der Straße wirkt beim Test deutlich angenehmer und leiser, als der optische Zustand vermuten lässt. Die Unebenheiten der Fahrbahn fallen auf dem Fahrrad kaum ins Gewicht. Mit einem Elektroroller sieht das anders aus, da merkt man jede Unebenheit im Straßenbelag. „Die dann sichtbaren Überlappungskanten werden sich mit der Zeit abrunden“, beschwichtigt Imhäuser. „Der Zustand der Straße Denickestraße zwischen der TUHH und der Thörlstraße war zum Zeitpunkt der Straßenplanung sowie des Straßenbaus ausreichend gut, um sich gegen eine grundhafte Erneuerung der Fahrbahn zu entscheiden.“
Zudem würde unter der Straße noch das alte Kopfsteinpflaster liegen, dieses würde Tiefbauarbeiten weiter erschweren. Aus diesem Grund haben sich die Straßenplaner aus dem Bezirksamt für ein spezielles Verfahren entschieden. Dabei werden Risse, Schlaglöcher und andere Unebenheiten mit einer speziellen Gussasphaltmixtur abgezogen und somit verfüllt und versiegelt. Um diese Versiegelung zu unterstützen, werden die Gussasphaltbahnen mit einer Überlappung von etwa zehn Zentimetern aufgebracht. Dieses Verfahren sei schneller zu realisieren und kostengünstiger.