Neuengamme/Haake. Harburger beteiligen sich an Aktion „Hamburg blüht“ und sponsern Blumenwiese in Neuengamme. Besuch bei der Insektentankstelle

Der Kontrast könnte kaum größer sein: Neben einem monotonen Maisacker liegt eine Augenweide, die nicht nur Insekten, sondern auch Passanten, Rad- und Autofahrern begeistert: Rosa Bechermalven, gelb-orangene Ringelblumen, violette Phacelia und 40 andere Nektarpflanzen buhlen um die Gunst von Wildbienen und Schmetterlingen. Einzelne Schwalben jagen über das Blütenmeer – auch für sie gibt es hier reichlich Nahrung.

Die ein Hektar große Blühfläche liegt in Neuengamme und gehört zum Milchhof Steffens. Sie ist Teil der Kampagne „Hamburg blüht“, die der Agrarwissenschaftler Birger Riechmann in diesem Jahr ins Leben gerufen hat. 2020 startete er mit Kommilitonen die Initiative bereits in seiner Heimatstadt Flensburg, wo er auf einem kleinen Hof im Umland aufwuchs. „Ich möchte der Natur etwas zurückgeben“, sagt er. In Hamburg hat der gelernte Landwirt mehr als vier Hektar Wiesen zum Erblühen gebracht, weitere drei Hektar in Flensburg.

Blüten-Botschafter finanzieren die Bienenweiden

Finanziert werden die bunten Wiesen durch Blüten-Botschafter. Mit jedem Euro Spende werden zwei Quadratmeter Ackerfläche zum Blütenmeer, zu haben sind Stückelungen von zehn, 25, 50 und 100 Euro. Hier kommt Harburg ins Spiel: Einer der 250 Blüten-Botschafter ist der Rotary Club Hamburg-Haake.

„Wir engagieren uns in drei wechselnden Bereichen. Aktuell sind es Jugend, Umwelt und Regionales“, sagt Reiner Brüggestrat, der vor wenigen Wochen sein Präsidentenamt an den Buchholzer Gutsbesitzer Friedrich Kohrs übergeben hat. „Das Blühwiesen-Projekt passt zu den Schwerpunkten Umwelt und Regionales.“

Rotary Club Hamburg-Haake ist einer der Botschafter

Der „Gemeindienst“, also die finanzielle Unterstützung von gemeinnützigen Projekten, ist ein wichtiges Anliegen der Rotary Clubs. „Wir wollen nicht nur Geld geben, sondern uns auch selbst ein stückweit engagieren“, sagt Kohrs, nimmt einen Vorschlaghammer in die Hand und schlägt einen Pflock ins Feld. Dieses Mal handelt es sich um Eigenwerbung: Am Pflock wird ein Schild befestigt, auf dem zu lesen ist, dass der Rotary Club Hamburg-Haake dieses Naturschutz-Projekt unterstützt.

Malven, Phacelia, Ringelblumen und andere Nektarpflanzen locken Insekten.
Malven, Phacelia, Ringelblumen und andere Nektarpflanzen locken Insekten. © HA | Angelika Hillmer

Und das ist vor allem dem Hamburger Schauspieler, Musiker und Autoren Jasper Vogt zu verdanken. Er ist in diesem und im nächsten Jahr dafür zuständig, die Projekte vorzuschlagen, die der Gemeindienst des Rotary Clubs Haake unterstützt. „Ich bin durch einen Abendblatt-Artikel auf die Initiative aufmerksam geworden“, sagt Vogt. „Das Insektensterben ist ein großes Problem. In China werden Blüten von Obstbäumen schon mit der Hand bestäubt.“

Er habe Birger Riechmann angerufen und gefragt, ob der eine Fläche habe, die von Harburg aus mit dem Fahrrad erreichbar sei, so Vogt. Dank der Fähre Hoopte-Zollenspieker sei die Wiese an der Straßenkreuzung Jean-Dolidier-Weg/Kiebitzdeich in Neuengamme per Fahrrad-Ausflug zu besuchen. Vogt ist offensichtlich begeistert vom üppigen Blütenteppich, der sich bei idealer Witterung auf dem nährstoffreichen Marschboden entwickelt hat. Derzeit ist die Hauptblüte. Nur die Sonnenblumen zieren sich noch ein wenig.

Milchbauer Matthias Steffens erntet viel positive Resonanz

Auch Matthias Steffens freut sich, dass auf diesem Teil seines Maisackers für ein Jahr eine bunte Vielfalt herrscht: „Als mich Birger ansprach, habe ich sofort entschieden, den Hektar in diesem Jahr aus der Produktion zu nehmen – die Idee hat mich begeistert. Leute sprechen mich auf die Fläche an. Sogar ein Hochzeitspaar hat sich dort fotografieren lassen“, sagt der Milchbauer, der mit seiner Frau Maike 200 Milchkühe hält. Sie dürfen auf Weiden grasen. „Alles für das Wohl unserer Tiere“, lautet das Motto des Familienhofs in fünfter Generation. Im Fall der Blühwiese sind die Tiere sehr klein und haben Flügel.

In diesem ersten Jahr befinden sich alle Flächen von „Hamburg blüht“ im Bezirk Bergedorf, von den Boberger Dünen bis Neuengamme. „Sie liegen alle am Rande der Stadt“, sagt Riechmann. „Noch schöner wäre es, wenn auch welche im Hamburger Zentrum liegen würden.“ Vielleicht gibt es im nächsten Jahr entsprechende Angebote. Noch bevor die letzte Blume verblüht ist, wird Riechmann die Blüten-Botschafter für 2022 sammeln. Dabei kann er auf die Harburger zählen: „Wir werden das wohl noch einmal machen“, sagt Jasper Vogt.