Harburg. Unabhängig vom Betreiber muss das fast 40 Jahre alte Gebäude saniert werden. Neue Ausschreibung ist noch nicht beschlossen
Welche Zukunft hat der Rieckhof? Um diese Frage ging es bei der gemeinsamen Sitzung des Kulturausschusses und des Regionalausschusses in Harburg kürzlich gleich zweimal: Im öffentlichen Teil präsentierte das Architekturbüro Elbsand seine Machbarkeitsstudie zur baulichen Modernisierung des „Harburger Bürgerhauses“ – wie das Bezirksamt den Rieckhof seit einigen Wochen konsequent offiziell nennt.
Im nicht-öffentlichen Teil stellte Sozialdezernentin Anke Jobmann ihre Ideen für den Ausschreibungstext vor, an dem sich Bewerber orientieren sollen, die sich an der umstrittenen Neuausschreibung des Kultur- und Freizeitzentrums beteiligen.
Architekten schlagen einen radikalen Umbau des Saals vor
Neue, aufgeräumte, und vor allem besser isolierende Fassaden, ein radikaler Umbau des Saals, ein Außenaufzug, damit Menschen mit Behinderung besser in die Gruppenraum-Ebene des Zentrums kommen, und in der Maximalversion sogar die Realisierung der Baustufen, die vor 37 Jahren nicht verwirklicht wurden: Die Elbsand-Architekten Vera Möller und Konstantin Heibel hatten im Auftrag des Bezirksamts den Rieckhof auf bauliche Optimierungspotenziale untersucht und einige gefunden. Nicht alles kann finanziert werden und nicht alles ist unumstritten. Unstrittig ist hingegen, dass das in die Jahre gekommene Gebäude grundsaniert werden muss.
1,3 Millionen Euro stellt die Finanzbehörde aus dem „Hamburger Wirtschafts- und Stabilisierungsprogramm“ bereit, um die Fassaden und Fenster des Rieckhofs so zu erneuern, dass sie energetisch auf dem aktuellen Stand sind. Ihr derzeitiger ist der aus dem Erbauungsjahr 1984. Bis zu 40 Prozent ließe sich einsparen. Zusätzlich sehen die Architekten ein ästhetisches Potenzial in der Erneuerung: „Die Spitzerker ohne wirkliche Funktion und der graue Betonklinker sind Zeugnisse ihrer Zeit, aber heute überholt“, sagt Vera Möller. „Die Erker sind auch Raumverschwendung. Wenn man davor eine neue Fassade setzen würde, hätte man Raum geschaffen.“ Schon die energetische Sanierung kostet mehr, als der Finanzsenator in Aussicht gestellt hat. Das Bezirksamt will hierfür zusätzliche Mittel einwerben. Hinzu kommen weitere notwendige Modernisierungen, beispielsweise des Saalbodens, der sanitären Anlagen und der Grundleitungen. Das wäre die Pflicht.
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Dazu schwebt den Architekten einiges vor, um den Rieckhof wahrnehmbarer und besser erreichbar zu machen. Eine große elektronische Medienwand über dem Saaleingang beispielsweise, eine Trennung der Eingänge von Saal und Kneipe und ein Außenaufzug, um den Eingang zur Gruppenraumebene barrierefrei zu erreichen. Durch den Abriss des Harburg-Centers ist der alte ebenerdige Zugang vom Harburger Ring aus ebenfalls zerstört und die Gruppenraumebene nur über Treppen oder den Fahrstuhl beim Saaleingang zu erreichen. Rund 17 Millionen Euro plant das Bezirksamt, in das Haus zu investieren.
Außerdem störten sich die Architekten am charakteristischen Zuschnitt des Saals mit der Bühne auf der Längsseite. Sie würden den Saal gerne klassisch drehen, die Tribüne abbauen und das Publikum in Längsrichtung zur Bühne blicken lassen. Ulrike Niß vom Rieckhof-Team ist da skeptisch. „Der Saal ist seinerzeit bewusst so eingerichtet worden, um von möglichst vielen Plätzen guten Blick auf die Bühne zu ermöglichen“, sagt die Kulturmanagerin. „Wir haben bei einigen Veranstaltungen die Bühne und die Technik an die Querseite versetzt, aber das war nicht die bessere Lösung. Viele der Vorschläge fand ich gut, aber bei einigen würde ich den Architekten empfehlen, sich noch einmal mit Kollegen zu beraten, die Experten für Veranstaltungsräume sind.“
Dass das Thema Neuausschreibung im nicht-öffentlichen Teil behandelt wurde, gefiel nicht allen Ausschussmitgliedern. „An den vielen Reaktionen von Bürgern, beispielsweise bei der Unterschriftenaktion zum Erhalt des Rieckhofs sieht man doch, dass dies ein Thema ist, das die Öffentlichkeit bewegt“, sagte der FDP-Abgeordnete Olaf Coste.
Auch der Kulturausschussvorsitzende Heiko Langanke (Linke) monierte, dass nichts an dem Tagesordnungspunkt eine Diskussion hinter verschlossenen Türen rechtfertigen würde. „Das hätte der Vorsitzende bei der Sitzungsvorbereitung anmerken können“, kritisierte Heinke Ehlers (Grüne).
Ausschreibungstext orientiert sich an den öffentlich bekannten Förderrichtlinien
Aus politischen Kreisen war zu erfahren, dass sich der Ausschreibungstext im Wesentlichen an den öffentlich bekannten Förderrichtlinien für Bürgerhäuser orientiert, dass die Anzahl der Mitarbeiter gleich bleiben und der Kooperationsvertrag mit den elbe-Werkstätten beibehalten werden soll. Ein weiteres Verfahren wurde nicht beschlossen und auch der Text lediglich zur Kenntnis genommen.
In einer danach veröffentlichten Erklärung hält sich die rot-grüne Koalition aber die Option offen, einem Interessenbekundungsverfahren später zuzustimmen. Die Bilanz bisheriger derartiger Verfahren für Kulturprojekte im Bezirk Harburg spricht nicht gerade dafür: Das Interessenbekundungsverfahren für die Frauenkulturarbeit scheiterte 2014 an Interessentenmangel, das 2019 für eine kulturelle Nutzung den ehemaligen Sanitärpavillons am Schwarzenberg angekündigte Verfahren wurde bis heute nicht begonnen und auch das Verfahren der Kirche zur kulturellen Nachnutzung der Dreifaltigkeitskirche endete damit, dass dort nun probehalber eine Kita einzieht.