Hamburg. Häuser im Harburger Binnenhafen können offenbar erhalten werden, Initiative will Wohnen und Kultur ermöglichen. Einen Haken gibt es.
Die denkmalgeschützten Gebäude der ehemaligen Hilke-Likörfabrik am Karnapp im Harburger Binnenhafen können mit vertretbarem Aufwand erhalten werden. Zu diesem Schluss kam ein Gutachten, das im Auftrag des Denkmalschutzamts erstellt wurde. Es ist daher unwahrscheinlich, dass der Abriss genehmigt wird. Das freut besonders die Aktivengruppe der Initiative Li.fa, die hier kulturelle Nutzung und ein Wohnprojekt plant.
Noch kann allerdings niemand über die beiden Vorderhäuser und die rückwärtigen Produktionsgebäude verfügen außer einem, nämlich dem Bau- und Immobilienunternehmer Arne Weber. Ihm gehört das Ensemble im Harburger Binnenhafen.
Eines der ältesten erhaltenen Industriebauwerke Hamburgs
Die ehemalige Likörfabrik gilt als eines der ältesten erhaltenen Industriebauwerke Harburgs, wenn nicht gar Hamburgs: Ab 1833 wurde im jetzigen Hinterhof Schnaps gebrannt und zu Likör weiterverarbeitet. Das erste Vorderhaus mit Fabrikantenwohnung und Kontor entstand 1859, das zweite ein Wohnhaus für Arbeiter und Angestellte, wurde 1899 gebaut. Nachdem die Firma Louis Hilke Mitte der 1980er-Jahre den Betrieb einstellte, verfielen die Gebäude zunehmend.
Im Zuge der Binnenhafenentwicklung gab es schon mehrere Ansätze, den Komplex aus Destille, Lagerhäusern und dem Pferdestall der Vertriebsabteilung im Hinterhof sowie den beiden Vorderhäusern zu erhalten und öffentlich erlebbar zu machen. Keine der Ideen kam allerdings bis zur Verwirklichung. Zwischenzeitlich plante Besitzer Arne Weber auch den Abriss der Häuser und klagte gegen das Veto des Denkmalschutzamtes. Mittlerweile ist er dem Vernehmen nach verkaufsbereit und verhandelt noch.
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Seit über zwei Jahren setzt sich der Verein Li.fa e.V. für den Erhalt der Likörfabrik ein. In den leerstehenden Gebäuden soll bezahlbarer Wohnraum und Platz für Kleingewerbetreibende geschaffen werden. „Wir haben uns sofort in die historischen Gebäude verliebt und wollten nicht weiter mit ansehen, wie dieses Kleinod direkt am Kanal weiterhin dem Verfall preisgegeben wird. Wir wollen die Gebäude restaurieren und ihnen wieder Leben einhauchen“, sagt Katharina Kucza, bei „Li.fa“ für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig.
Bezirk und Denkmalschutz sind offen für Ideen des Vereins
Bezirksamt und Denkmalschutzamt stehen dem Ansinnen des Vereins offen gegenüber, haben im Detail jedoch Bedenken, beispielsweise, was die Genehmigungsfähigkeit von Wohnungen angeht. Mittlerweile hat der städtische Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) der Initiative einen Vorschlag gemacht: Sie soll zusammen mit der alten Fabrik von Weber auch zwei benachbarte, leere Grundstücke vom LIG übernehmen und bebauen, um dort den Wohn-Anteil ihres Projekts zu verwirklichen. Der LIG stellte der Initiative dafür die Projektentwicklungsgesellschaft BPD zur Seite. Die Projektentwickler planen derzeit auch die Neubebauung des ehemaligen Harburg-Center-Grundstücks.
Um gemeinsam nach Lösungen für den Erhalt der Likörfabrik zu suchen, fand am Freitag ein digitaler Runder Tisch statt. Dabei waren Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen und Baudezernent Christian Lied seitens des Bezirksamts, die Leiterin des Hamburger Denkmalschutzamts Anna Joss und der Regional zuständige Denkmalschützer Christoph Schwarzkopf, sowie Vertreter von BPD, Li.fa und der Lawaetz-Stiftung.
Positive Nachrichten über den Zustand der Likörfabrik
Dabei gab es positive Nachrichten über den Zustand der Likörfabrik. Die Häuser wurden auf Weisung des Denkmalschutzamts abgestützt und die Dächer sollen zeitnah abgedichtet werden. Eine aktuelle Untersuchung des Schwammbefalls hat gezeigt, dass dieser sich nicht weiter ausgebreitet hat und beherrschbar ist. „Aufgrund dieser Untersuchungen gehen wir davon aus, dass ein Abriss so gut wie vom Tisch ist“, freut sich Katharina Kucza.
Das Li.fa-Nutzungskonzept sieht auf mindestens 65 Prozent der Fläche sozialen Wohnraum mit Mietpreisbindung vor. Der Rest der Fläche soll entweder an Kleingewerbetreibende wie beispielsweise ein Café oder eine Kaffeerösterei vergeben oder in Gemeinschaftsflächen für die Nachbarschaft verwandelt werden. Das Problem an den Wohnungsplänen ist die Lage direkt an der Bahnlinie.
Das Immissionsschutzgesetz lässt hier die Genehmigung von Wohnungsbau derzeit nicht zu. Es ist dort schlicht zu laut. Der aktuelle Bebauungsplan sieht neue Wohnungen am Karnapp deshalb nicht vor. „Wir sind uns jedoch sicher, dass durch bauliche Veränderungen Wohnen am Karnapp ermöglicht werden kann“, sagt Katharina Kucza. „Dafür wird nun auch ein Lärmschutzgutachten der Flächen erstellt. Anhand der Ergebnisse wird das Bezirksamt entscheiden, ob durch einen Bauvorbescheid eine Befreiung erteilt werden kann oder der Bebauungsplan geändert werden muss.“