Hamburg. Der Vorstoß stößt bei Parteien im Bezirk auf Unverständnis – andere Dienste decken Aufgabenspektrum seit vielen Jahren ab.

Braucht Harburg einen bezirklichen Ordnungsdienst oder nicht? Geht es nach der größten Oppositionspartei in der Bezirksversammlung, der CDU, dann sollte das Bezirksamt wieder auf eigene Kräfte zur Durchsetzung von Verordnungen und Sauberkeitsgeboten setzen. Deshalb haben die Christdemokraten einen Antrag verfasst, in dem sie die Wiedereinführung des 2013 abgeschafften Dienstes fordern. Bei SPD und Grünen, die zusammen die Mehrheitskoalition bilden, stößt der Antrag auf wenig Gegenliebe.

Falsch geparkte Autos und frei laufende Hunde

Von falsch geparkten Autos über achtlos oder rücksichtslos abgelegten Unrat, rüpelhafte Radler in Fußgängerbereichen bis zu unkontrollierten Hunden: Die Anlässe, die viele Bürger stören, sind mannigfaltig. Selbst etwas dagegen unternehmen, wollen wenige. Die Gründe sind unterschiedlich: Man mag sich nicht in Konflikte begeben, fürchtet sich eventuell sogar, oder müsste viel Aufwand betreiben, um die Missetäter zu identifizieren. Dies ist auch nicht Aufgabe der Bürger. Sie verlassen sich deshalb auf den Staat.

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Olaf Scholz schaffte den Ordnungsdienst 2013 ab

Zur Verfolgung der vielen „kleinen Ärgernisse“ gab es von 2006 bis 2013 in jedem Bezirk einen eigenen Ordnungsdienst. Die Idee dahinter: Um die Polizei zu entlasten, sollten Ordnungswidrigkeiten von diesen Beamten verfolgt, geahndet und vor allem dokumentiert werden. Durch die Einnahmen aus den Verwarnungsgebühren und Bußgeldern sollte sich der Dienst selbst finanzieren. Dies ist allerdings nie gelungen. Eingeführt wurde der Dienst in der Zeit der CDU-Alleinregierung unter Bürgermeister Ole von Beust. Abgeschafft wurde er unter Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), allerdings erst einige Jahre nach dem Regierungswechsel.

„Seither gibt es in den Bezirken, insbesondere auch im Bezirk Harburg, an vielen Stellen von den Bürgern wahrgenommene Probleme im Bereich Sicherheit und Ordnung“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Ralf-Dieter Fischer zur Begründung des neuen Vorstoßes seiner Fraktion.

In anderen Bezirken habe man dies längst erkannt und in Politik umgesetzt: „So hat die Bezirksversammlung Altona bereits 2018 einen Antrag beschlossen, Mittel für die Wiedereinführung eines bezirklichen Ordnungsdienstes im früheren Umfang bereitzustellen und die Bezirksamtsleiterin aufgefordert, im Kreise der anderen Bezirksamtsleiter aktiv für einen gemeinsamen Vorstoß aller Bezirke zu werben“, sagt Fischer. „Neuerdings hat auch der Bezirksamtsleiter von Mitte einen entsprechenden Vorstoß unternommen. Danach soll im Bezirksamt Mitte eine Einsatzzentrale mit einem neuen Ordnungsdienst geschaffen werden, der die Aufgaben koordiniert. Es sind mindestens 30 Vollzeitstellen dafür vorgesehen.“

Im Bezirk Mitte geht es um Großveranstaltungen

Ganz so ist das allerdings nicht: Der in Mitte geplante Ordnungsdienst soll sich im Wesentlichen um Großveranstaltungen kümmern, von denen in diesem Bezirk besonders viele stattfinden. Bei Großveranstaltungen in anderen Bezirken, beispielsweise dem Binnenhafenfest oder der Altonale, sollen die Beamten auch außerhalb von Mitte tätig werden. „Einen Bezirklichen Ordnungsdienst im alten Sinne wollen wir nicht wieder einführen“, sagt Bezirks-Pressesprecherin Sorina Weiland auf Anfrage des Abendblatts, „der hatte sich nicht bewährt.“

Auch in anderen Bezirken wurden Anträge von CDU und/oder AfD zur Wiedereinführung eines Bezirklichen Ordnungsdienstes abgelehnt, zuletzt in Bergedorf. „Letztendlich hat der frühere Bezirkliche Ordnungsdienst in Harburg sich zuletzt nur noch auf die Parkraumüberwachung konzentriert. Das macht jetzt der Landesbetrieb Verkehr und er macht es besser“, sagt Frank Richter, Fraktionsvorsitzender der SPD.

Polizei und Landesbetriebe haben Aufgaben übernommen

Überhaupt ist es nicht so, dass mit der Abschaffung des Bezirklichen Ordnungsdienstes seine Aufgaben nicht mehr wahrgenommen werden. Andere Behörden und Institutionen sind dafür eingesprungen. Neben der Parkraumüberwachung durch den Landesbetrieb Verkehr sind das unter anderem die Kümmerer und „Waste Watcher“ der Stadtreinigung, die sich um Unratablagerungen kümmern und gegebenenfalls Verursacher ermitteln und verwarnen, sowie allein am Polizeikommissariat 46 in Harburg 10 neue „Angestellte im Polizeidienst“, die Streife gehen und eigentlich genau das durchsetzen, was die CDU von einem Ordnungsdienst durchgesetzt sehen will; dafür aber mit deutlich mehr rechtlichen Kompetenzen ausgestattet sind, als es der alte Dienst war.

Grüne können den Vorstoß der CDU nicht nachvollziehen

Für die Einhaltung des seinerseits von der CDU durchgesetzten Alkoholverbots auf dem Harburger Rathausplatz sorgt ein privater Sicherheitsdienst. Im Ernstfall sollen dessen Mitarbeiter die Polizei hinzuziehen. Dass dies je geschehen musste, ist nicht bekannt. Die Wachleute werden sowohl von der ehemaligen Problemklientel wie auch allen anderen Bürgern respektiert.

„Ich weiß auch wirklich nicht, was die CDU mit dem Antrag bezwecken will“, sagt die Grünen-Fraktionsvorsitzende Bianca Blomenkamp, „wenn die CDU sich dafür einsetzen würde, dass mehr Sozialarbeiter eingestellt werden, auf die Problemgruppen zugehen, ist uns wahrscheinlich mehr geholfen.“