Landkreis Harburg. Mehr Aufwand, mehr Kosten, aber gute Erträge – Spargel-Erzeuger im Landkreis Harburg ziehen Bilanz einer außergewöhnlichen Saison.

Auch im Landkreis Harburg ist die Spargelernte offensichtlich trotz Corona besser gelaufen, als anfangs befürchtet: Mehr Aufwand, mehr Kosten, aber dennoch gute Erträge – auf dieses Fazit lässt sich beispielsweise die übereinstimmende Einschätzung von zwei großen Spargel-Erzeugern zusammenfassen. Man sei mit einem „blauen Auge davongekommen“, heißt es sowohl beim Hof Löscher in Hoopte im Osten des Kreises als auch auf dem Oelkers Hof in Wenzendorf im Westen. Beide Familien betreiben in der Saison kreisweit Verkaufsstellen und versorgen auch ihre eigenen Hofläden und jeweils eine eigene Gastronomie, die vom Corona-Lockdown zusätzlich betroffen war.

Noch bis zum Wochenende wird in beiden Betrieben heimischer und frischer Spargel verkauft – dann ist Schluss und die Spargel-Sprösslinge haben Zeit, die eigentliche Pflanze auszubilden und Kraft für die nächste Saison zu bekommen. Zusätzlichen Aufwand in dieser Spargel-Saison gab es vor allem wegen der Auflagen für die Saison-Arbeitskräfte.

Der angepeilte Ertrag wurde erreicht

So charterte die Familie Löscher gemeinsam mit sechs anderen Betrieben aus Norddeutschland eigens ein Flugzeug, um Mitarbeiter aus Rumänien zu holen. „Der Landweg war ja geschlossen“, sagt Felix Löscher. In Hoopte mussten die Mitarbeiter dann zunächst in Quarantäne, es wurden zusätzliche Wohn-Container aufgestellt und sogar ein eigener kleiner Supermarkt auf dem Hof eingerichtet. Zudem organisierten die Löschers teils mehrfache Corona-Tests bei ihren Leuten, um Übertragungen untereinander auszuschließen.

Angela Oelkers hat in  Hollenstedt erfolgreich ganze Spargelreihen zum Selberstechen an Privatpersonen verpachtet.
Angela Oelkers hat in Hollenstedt erfolgreich ganze Spargelreihen zum Selberstechen an Privatpersonen verpachtet. © Mark Sandten

Insgesamt, so schätzt Juniorchef Löscher, entstanden so Mehrkosten pro Arbeitskraft von 300 bis 400 Euro. „Wir haben aber den gewünschten Ertrag erreicht und die Preise sind auch einigermaßen stabil geblieben.“ Ähnliche Erwartungen aber auch Mehraufwand erwartet er jetzt für die Erdbeer-Ernte, die derzeit ihren Höhepunkt erlebe und wohl noch bis zum 15. August andauere.

Auch der Familienbetrieb Oelkers in Wenzendorf hatte einige Saisonarbeitskräfte einfliegen lassen. Aber ein Großteil war schon vor den Reisebeschränkungen für andere Arbeiten dort. Zusätzlich arbeiteten Mitarbeiter aus der zeitweise geschlossen Gastronomie auch in den Verkaufsbuden. „Das ist zwar teurer als Aushilfskräfte – aber für die Kundenbindung war das gut, weil die Angestellten ja viel mehr über unseren Hof erzählen konnten“, so Oelkers. Ein voller Erfolg sei auch die neue Vermietung von 90 Spargelreihen gewesen, wn denen man (wie berichtet) seinen Spargel selbst stechen konnte.

„Anfangs hatten wir gedacht, wir bekommen den Spargel gar nicht vom Feld – das war dann aber doch nicht so“, sagt der Wenzendorfer Spargel-Landwirt, der sich nun auf die Blaubeer-Ernte vorbereitet und auf weitere Entspannung hofft. Denn diese Spargel-Saison habe neben der eigentlichen Ernte viel mehr Arbeit als sonst verursacht, weil immer neue Herausforderungen und Regelungen hinzugekommen seien. Erfahrungen, auf die er gerne verzichtet hätte, sagt Bernd Oelkers: „Noch einmal brauche ich so etwas nie wieder.“

Branche gehört nicht zu den Corona-Verlierern

Die niedersächsischen Spargelanbauer sind dennoch trotz vieler Schwierigkeiten wegen der Corona-Pandemie überwiegend zufrieden mit der nun zu Ende gehenden Saison. „Unsere Branche gehört nicht zu den Verlierern“, sagte der Vorstandssprecher der Vereinigung der Spargel- und Beerenanbauer, Fred Eickhorst, in Sandhatten. Schwer hätten es allerdings solche Betriebe gehabt, die vor allem auf die Gastronomie als Hauptabnehmer ihres Gemüses setzten. Gaststätten und Restaurants waren von Mitte März bis Anfang Mai geschlossen. Der Verkauf im Direktvertrieb und auch im Lebensmittelhandel sei hingegen sehr gut verlaufen. Die Verbraucher hätten verstärkt regionale Produkte gekauft.

Erntehelfer pflücken Erdbeeren auf einem Feld. Die Ernte soll noch bis zum 15. August dauern.
Erntehelfer pflücken Erdbeeren auf einem Feld. Die Ernte soll noch bis zum 15. August dauern. © dpa | Sina Schuldt

Auch Michael Koch von der Agrarmarkt-Informationsgesellschaft (AMI) in Bonn verzeichnete eine höhere private Nachfrage, die die Ausfälle wegen des weggebrochenen Gastro-Geschäftes zu einem guten Teil kompensiert hätten. Die gute Nachfrage habe zum Schluss auch für im Vergleich zum Vorjahr gestiegene Endverbraucherpreise gesorgt: Mit einem Durchschnittspreis von 7,77 Euro pro Kilo sei das Edelgemüse in der vergangenen Woche fast sechs Prozent teurer gewesen als im Jahr 2019.

Anwerbung von Erntehelfern ist schwieriger geworden

Es habe auch vereinzelt Insolvenzen gegeben, sagte Eickhorst. Er verwies unter anderem auf die finanziell hohen Vorleistungen, die die Betriebe dieses Jahr erbringen mussten: Sie mussten die Erntehelfer einfliegen und zusätzlich Wohncontainer bereitstellen, um die Hygiene-Auflagen zu schaffen. „Ein Flugzeug zu chartern kostete 45.000 Euro, um 150 Leute hierherzukriegen.“

Auch ohne Corona sei die Anwerbung von Erntehelfern schwieriger geworden. Das sei aus seiner Sicht auch das größte Problem für die Betriebe in Zukunft, sagte Eickhorst. Positiv zu bewerten sei aber das gestiegene Interesse der Verbraucher für regional hergestellte Produkte. Auch die Mithilfe vieler Menschen aus Deutschland bei der Spargelernte habe aus seiner Sicht die Wertschätzung für das Produkt gesteigert. „Sie haben gemerkt, wie mühsam es ist, den Spargel zu stechen und haben auch Respekt vor der Arbeit.“