Hollenstedt .

Um 15 Uhr beginnt die offizielle Erntezeit, doch schon lange vorher ist ein gutes Dutzend Hobby-Spargelstecher auf einem Feld am Ortsrand von Hollenstedt aktiv. Anfang April hatte der Hof Oelkers in Wenzendorf angeboten, eine individuelle, 300 Meter lange Spargelreihe zu mieten – die Resonanz war überwältigend. Statt der geplanten 58 Reihen vermietet Angela Oelkers-Sötje jetzt 91 Reihen an Spargelfans, die sich das Edelgemüse selbst aus dem Boden ziehen.

Sie zahlten die Reihenmiete von 220 Euro plus 68 Euro für das Werkzeug: Spargelmesser, Kelle (zum Glattstreichen der Dammoberfläche), Handschuhe und eine Kiste.

Jetzt läuft die Ernte auf Hochtouren. „Wir waren schon vor einer Woche hier und haben an einem Nachmittag 50 Kilogramm Spargel geerntet“, sagt Swantje Matthaei. Sie ist mit ihrem Mann Daniel und den Töchtern Isabelle und Charlotte Punkt 15 Uhr auf dem Acker und arbeitet sich an ihrer Reihe ab.Die Familie hat auf gut 50 Metern die Folie abgedeckt, und überall schauen Spargelköpfe aus dem Boden. Wenn die vier ein paar Stunden durchhalten, werden es wohl wieder 50 Kilogramm werden.

20 Kilo holten sich die Arbeitskollegen ab

Sehr zur Freude der Nachbarn, die in der vergangenen Woche 15 Kilo geschenkt bekamen. 20 Kilo holten sich die Arbeitskollegen ab, zehn Kilo landeten im Gefrierschrank. Die Matthaeis ernten im Wechsel mit Arbeitskollegen der „Firma 27 Kilometer Entertainment“ die Reihe ab. Eigentlich drehen die Hamburger Imagefilme, aber die sind zurzeit nicht so gefragt. „Unser Chef hatte die Idee, dass wir während der Kurzarbeit beim Spargelstechen helfen.

Charlotte Matthaie. Spargelhof Oelkers verpachtet ganze Spargelreihen zum selberstechen an Privatpersonen in Hollenstedt. Foto: MARK SANDTEN / FUNKE Foto Services
Charlotte Matthaie. Spargelhof Oelkers verpachtet ganze Spargelreihen zum selberstechen an Privatpersonen in Hollenstedt. Foto: MARK SANDTEN / FUNKE Foto Services © MARK SANDTEN / FUNKE FOTO SERVICES | Mark Sandten

Es fand sich aber kein Landwirt, dem wir helfen konnten. Dann haben wir das Angebot entdeckt, eine Spargelreihe für den Eigenbedarf zu mieten. Unser Chef hat sich die Reihe gesichert und wir haben Teams gebildet, die alle drei bis vier Tage zur Ernte kommen“, sagt Swantje Matthaei. Es sei der beste Spargel, den er je gegessen habe, sagt ihr Mann. „Vielleicht liegt es daran, dass wir ihn selbst gestochen haben“, ergänzt seine Frau.

Inzwischen ist es 15.30 Uhr, und die Reihen füllen sich. Ein Erntetrupp nach dem anderen betritt das etwa fünf Hektar große Feld, meldet sich bei Tatjana Sukhanova mit Namen und Reihennummer an. Die Oelkers haben die Saisonkraft extra angeheuert, damit jemand vor Ort ist, um das laienhafte Spargelstechen zu begleiten. Sukhanova steht in einem Verkaufsstand und bietet nebenbei Schinken, Kartoffeln und Erdbeeren an, die klassischen Begleiter einer köstlichen Spargelmahlzeit mit Dessert.

Unter den Kennzeichen dominieren HH und WL,

Entlang des Landwirtschaftsweges am Feldrand reihen sich die Autos aneinander. Unter den Kennzeichen dominieren HH und WL, aber auch ROW und STD sind zu sehen. Fast unaufhörlich ist der Zulauf, und jeder hat auf dem riesigen Feld viel Platz. „Die machen das echt gut und haben viel Spaß“, sagt Angela Oelkers-Sötje. „Wenn mal ein Teil einer Reihe stehen bleibt, weil jemand überfordert ist, dann helfen andere aus, in Absprache mit uns.“ Die Landwirtin freut sich über das rege Treiben der Hobbystecher. Alle haben vor Erntebeginn einen Lehrfilm zur Technik des Spargelstechens gemailt bekommen.

Oelkers: „Er sollte mehrfach angeschaut werden, und das ist wohl auch geschehen. Das Stechen hat von Anfang an geklappt.“An mancher Stelle ist der Erddamm eingebrochen und wird mit der Kelle schnell wieder in Form gebracht. Und in einigen Körben ist der Anteil der Spargelköpfe mit höchstens zehn Zentimeter langem Stangenanteil auffällig hoch. Doch die meisten aufgedeckten Erddämme sehen sehr gut aus. Auch die Reihe von Elke Schirrmacher aus Hamburg und Dörte Pruszynski aus Buchholz.

Vier Familien, die sich eine Reihe teilen

Die beiden Schwestern gehören zu vier Familien, die sich eine Reihe teilen. „Die versprochene Ausbeute haben wir jetzt schon locker getoppt“, freut sich Pruszynski. Und der beschenkte Freundeskreis freut sich mit ihr. Elke Schirrmacher erwartet noch ihre erwachsene Tochter, die gleich mitstechen wird. Für ihre sechsjährige Enkelin sei die Arbeit dagegen noch zu schwer. „Die hat nach zehn Minuten aufgehört und statt dessen angefangen, Käfer zu sammeln, die sie hier zwischen den Reihen gefunden hat.“ Es sei schön, dass „gerade die Kinder mal lernen, wie viel Arbeit das hier ist und die Mühe, die in den Lebensmitteln steckt, mehr wertschätzen“, ergänzt ihre Schwester.

Die Erwachsenen sind zwar munter bei der Arbeit, aber alle Befragten sagten, dass sie am Abend ihre Rücken spürten. Auch Lars Kröger, der für jeden Ernteeinsatz aus dem 60 Kilometer entfernten Kirchwerder (Bezirk Bergedorf) nach Hollenstedt fährt. Zusammen mit einem Kollegen hat er nach einer knappen Stunde bereits rund zehn Kilo Spargel im Korb – „das macht einen Höllenspaß“, sagt Kröger, der in der Logistik arbeitet. Von 7 bis 12 Uhr saß er heute im Büro, dann ging’s hinaus ins Spargelfeld.

In der Erntesaison mit 150 bis 200 Kilogramm Spargel

Auch er ist in einer „Firmenreihe“ aktiv. Als ihm und seinen Kollegen zu Beginn gesagt wurde, dass sie in der Erntesaison mit 150 bis 200 Kilogramm Spargel rechnen können, habe er es nicht geglaubt. „Ich dachte: Das schaffen doch nur professionelle Erntehelfer.“ Insgesamt zehn Leute seien alle zwei bis drei Tage in Hollenstedt, so Kröger. „Die Arbeit ist wirklich hart. Aber wir sind eine Verpflichtung gegenüber den Spargelpflanzen eingegangen. Der Spargel wächst unaufhörlich und bricht sogar durch die Folie, wenn man nicht rechtzeitig kommt.“Inzwischen sind 60 bis 70 Spargelstecher auf dem Feld aktiv – wenn Profis es abernten würden, wären es täglich zehn bis zwölf Arbeiter.

Auch die Laien werden täglich auf das Feld gelassen, je nach Wochentag zu unterschiedlichen Tageszeiten. „Ich habe noch nie so leckeren Spargel gegessen“, schwärmt Lars Kröger. „Ich hoffe, dass die Oelkers das hier auch so toll finden und im kommenden Jahr wieder Spargelreihen vermieten. Ich wäre auf jeden Fall wieder dabei!“Angela Oelkers-Sötje möchte noch nichts versprechen: „Viele Leute haben uns darauf angesprochen, mal schauen“, sagt sie. Noch gebe es Klärungsbedarf. Etwa ob sich das Ganze für den Hof überhaupt rechnet. „Außerdem wird nächstes Jahr eine andere Situation sein. Es stellt sich die Frage, ob ohne Corona-Krise auch so viele Leute kommen.“