Seevetal/Harburg/Stade. FSJler engagieren sich im Rahmen der „Mobilen Interkulturellen Einsatztruppe“ für den Erhalt denkmalgeschützter Objekte und Gebäude.

Die Nacht haben sie im Schlafsack hinter historischen Mauern verbracht. Noch vor Sonnenaufgang sind Johanna Klocke, Tessa Lüdke und Johann Holst auf den Beinen, haben die erste Schicht hinter sich und an der restaurierten Gattersäge etliche Fichtenstämme aus den umliegenden Wäldern zu Fachwerk verarbeitet. Holz, dass beim Aufbau des Dachstuhls einer alten Schmiede verwendet werden soll. Es ist 10.30 Uhr, als die drei FSJler ihre erste Pause einlegen und in Arbeitskleidung mit Kaffeebecher und Brotdose in der unbeheizten Diele der denkmalgeschützten Wassermühle Karoxbostel einlegen.

Die drei Jugendlichen absolvieren ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) bei der Jugendbauhütte im Landkreis Stade. Die Abiturienten bilden die „Mobile Interkulturelle Einsatztruppe“ (MOBI), die im Landkreis Stade und darüber hinaus unterwegs ist, um Arbeiten in und an denkmalgeschützten Objekten und Gebäuden tatkräftig zu unterstützen. Die MOBI, zu der als vierter FSJler auch noch Bennet Willmer (19) aus Oldenburg gehört, kam zum Beispiel schon auf dem Museumsschiff Greundiek in Stade, in der Gedenkstätte Lager Sanbostel in Sanbostel, im Altländer Archiv in Jork oder in der Wassermühle Karoxbostel in Seevetal zum Einsatz. Als nächstes Projekt stehen im April Restaurationsarbeiten auf dem Ewer Margareta, einem der Wahrzeichen der Hansestadt Buxtehude, an.

Idyllisch gelegen: die Wassermühle Karoxbostel.
Idyllisch gelegen: die Wassermühle Karoxbostel. © HA

Die Wassermühle Karoxbostel ist bereits zum zweiten Mal ihr Einsatzort. Im September halfen die vier Jugendlichen bei der Errichtung eines Geräteschuppens und Magazins, diesmal bei den Vorbereitungen für den Aufbau der Schmiede. Während der zwei Arbeitswochen übernachten die jungen Freiwilligen sogar in der Karoxbosteler Mühle, mit Isomatte und Schlafsack. „Es ist eine Win-Win-Situation für beide Seiten“, sagt Emily Weede, Vorsitzende des Vereins Wassermühle Karoxbostel. „Die jungen Leute lernen bei uns viel über alte Handwerkstechniken. Und wir freuen uns über die tatkräftige Unterstützung unserer Arbeit.“

Die Jugendlichen sind von den neuen Eindrücken in der alten Mühle begeistert. „Die Arbeit im Denkmalschutz ist ganz und gar nicht verstaubt, sondern sehr lebendig und abwechslungsreich“, sagt Tessa Lüdke, die sich genau wie ihre Mitstreiter Johanna und Johann nach ihrem Abitur erst einmal beruflich orientieren und etwas Praktisches tun wollte, ehe sie in die Ausbildung oder ins Studium geht. „Deshalb habe ich mich für das Freiwillige Soziale Jahr bei der Jugendbauhütte beworben“, sagt die 18-Jährige. Für Johann Holst sind vor allem die praktischen Erfahrungen wertvoll: „Ich bin handwerklich interessiert und kann hier unheimlich viel von den ehrenamtlichen Helfern lernen, die oftmals selbst mal Handwerker waren“, so der 19-Jährige. Johanna Klocke freut sich besonders über die Vielfalt der Einsatzorte und darüber, „dass man bei jedem Einsatz auch einen Blick in die Geschichte erhält“.

Emily Weede, Vereinsvorsitzende und ihr Mann Carsten engagieren sich seit 2012 für die Wassermühle Karoxbostel und setzen mit dem Kulturgarten ein weiteres großes Projekt um.
Emily Weede, Vereinsvorsitzende und ihr Mann Carsten engagieren sich seit 2012 für die Wassermühle Karoxbostel und setzen mit dem Kulturgarten ein weiteres großes Projekt um. © HA | Hanna Kastendieck

Verschiedene Seminare zu Stil- und Materialkunde, Forschungs- und Arbeitsmethoden, Grundlagen der Denkmalpflege sowie der Bedeutung des europäischen Kulturerbes ergänzen die praktische Arbeit am Denkmal. Daneben werden die FSJler auch für die Öffentlichkeitsarbeit der Jugendhütte eingesetzt. Unterstützt wird die „Mobilen Interkulturellen Einsatztruppe“ (MOBI) sowie die Jugendbauhütte im Landkreis Stade von der Stiftung der Sparkasse Harburg-Buxtehude.

Ausschlaggebend dafür war nicht zuletzt der Einsatz der MOBI an der Wassermühle Karoxbostel in Seevetal, für die sich die Sparkasse bereits seit vielen Jahren im Rahmen ihrer Förderung von Kultur und Denkmalschutz engagiert. „Unser Herz schlägt für die Region und wir machen uns stark für den Denkmalschutz in der Region“, sagt Isabel Klindworth, Vorstandsmitglied der Stiftung. „Der Erhalt unserer Kulturgüter wie zum Beispiel der Wassermühle Karoxbostel ist daher ein wichtiger Bestandteil unseres gesellschaftlichen Engagements.“

Dafür seien jedoch nicht nur finanzielle Mittel notwendig, sondern auch praktische Hilfe. Die Jugendbauhütte leiste diesen praktischen Beitrag zur Unterstützung der überwiegend ehrenamtlichen Museumsvereine und biete darüber hinaus den Jugendlichen ein großartiges Lernfeld.

Eva Pfennig, Leiterin der Jugendbauhütte im Landkreis Stade ist dankbar für die Unterstützung. „Das Modell mit vier jungen Erwachsenen hat sich in der Praxis bewährt und erfreut sich inzwischen großer Bekanntheit“, sagt sie. „Dank der finanziellen Förderung Dritter können wir die dringend benötigte Unterstützung der zahlreichen Museumsvereine in der Region durch unsere Arbeitskraft weiterhin gewährleisten.“