Lüneburg/Winsen/Wilstorf. Städte und Gemeinden verbieten Knaller und Feuerwerk in historischen Innenstädten und wenn Reetdach in der Nähe ist. Das verstehen auch die Fans.
Von der Debatte über das Für uns Wider von Silvesterfeuerwerk ist im Hamburger Umland vergleichsweise wenig zu spüren – gleichwohl gelten in etlichen Städten und Gemeinden Verbote und Einschränkungen: In Lüneburg etwa gilt ein Feuerwerksverbot für den Altstadtbereich. Dabei spielen neben dem Brandschutz auch Sicherheitsaspekte eine Rolle: In der Altstadt liegen die größeren und attraktiven Treffpunkte vieler Menschen, wie der Marktplatz und das beliebte Kneipenviertel am Stint. Damit das Verbot in der Hansestadt eingehalten wird, sollen Mitarbeiter der Stadt und die Polizei am Silvesterabend die geschützten Gebiete kontrollieren.
Umsatz bei Feuerwerk bleibt hoch
Von einem Umdenken großer Teile der Bevölkerung zum Thema Böllern zu Silvester ist im Mekka der Hamburger Hobbyfeuerwerker derzeit wenig zu spüren: Der „Graetzer Feuerwerkseinzelhandel“ in seinem Pop-Up-Store im Wilstorfer Schützenhaus am Freudenthalweg ist auch in diesem Jahr gut besucht. „Als ich am Sonnabendmorgen die Türen öffnete, war der Parkplatz schon voll“, sagt Inhaber Oliver Graetzer, „und er ist seitdem nicht leerer geworden.“
Die ersten Kunden warteten schon
Mindestens 1000 Kunden hat Graetzer bis Sonnabendnachmittag gezählt. Am Sonnabend, dem ersten erlaubten Verkaufstag, waren vor allem die Kunden da, die das ganze Jahr darauf warten, sich für Silvester eindecken zu können. Mit Sackkarren und Bollerwagen brachten sie die Ware zu ihren Autos. „Diese Kundschaft kommt aus dem gesamten norddeutschen Raum, bestellt vor und kauft beim Abholen dann meistens noch dazu. Vor allem die großen Batterien, die viele Effekte kurz nacheinander in große Höhen schießen, sind sehr beliebt und laufen den einfachen Böllern immer mehr den Rang ab“, so der Werftangestellte, der aus Leidenschaft für das Feuerwerk einmal im Jahr zum Geschäftsmann wird.
Die Debatte um das Feuerwerk sieht Graetzer differenziert. „Ich kann es verstehen, wenn Leute genervt oder verängstigt sind, weil ihnen Knallkörper vor die Füße fliegen. Das Böllerverbot am Jungfernstieg kann ich völlig nachvollziehen. Und meiner Meinung nach sollte es auch an den Landungsbrücken gelten. In dichten Menschenmengen sollte kein Feuerwerk gezündet werden“, sagt er. „Und auch in engen Altstädten oder Dörfern mit Reetdachhäusern versteht es sich wegen der Brandgefahr von selbst, dass keine Böller und Raketen angesagt sind. Deshalb gibt es auf den Inseln schon lange Verbote und auch in der Lüneburger Altstadt durfte man wegen der Mindestabstände eigentlich noch nie Feuerwerk abbrennen.“
Daraus einen neuen Trend abzuleiten, ist für ihn aber „Unsinn“. Ansonsten sei Silvesterfeuerwerk eine schöne Tradition und der Trend gehe „weg vom plumpen Knallerzünden hin zu tollen Effekten, die für jedermann schön anzusehen sind“, sagt Graetzer. „Was mich aber etwas erschreckt, ist der Ton, in dem die Debatte geführt wird. Die Feuerwerksgegner und meine Kunden, die Feuerwerksfans, reden nicht mehr wirklich miteinander. Alle schalten nur auf stur.“
Historische Altstadt und Naturschutzgebiete
Das Böllerverbot in Lüneburg betrifft keineswegs das gesamte Stadtgebiet sondern nur die historische Altstadt und das Naturschutzgebiet Kalkberg. Wegen der Mindestabstände zu Fachwerkbauten – 200 Meter – und aus Tierschutzgründen ist das Abbrennen von Feuerwerk in beiden Gebieten ohnehin nicht erlaubt. Das explizite Verbot erließ die Stadtverwaltung, weil sich an die geltenden Vorschriften nur wenige Menschen hielten.
An drei Plätzen am Rande der Innenstadt ist Feuerwerk zulässig: am Handwerkerplatz, Reichenbachplatz Nord und an den Sülzwiesen. Eine Liste aller Straßen, in denen das Verbot gilt, ist unter www.hansestadtlueneburg.de/feuerwerksverbot zu finden.
Samtgemeinde Lühe verbietet Kleinfeuerwerk
Die Samtgemeinde Lühe hat – in Ergänzung zur Allgemeinverfügung des Landkreises Stade – angeordnet, dass Kleinfeuerwerk in den Ortschaften Grünendeich, Guderhandviertel, Hollern-Twielenfleth, Mittelnkirchen, Neuenkirchen und Steinkirchen zum Jahreswechsel generell nicht abgebrannt werden darf. Hier stehen besonders viele brandempfindliche Gebäude – insbesondere Stroh- und Reetdachhäuser und historische Gebäude wie Kirchen.
Kein Verbot in Winsen, Buchholz oder Stade
Buchholz, Stade und Winsen verzichten auf explizite Feuerwerksverbote. Aber auch hier gilt: Gesetzlich verboten ist das Böllern in der Nähe von Reetdach- und Fachwerkhäusern, von denen in Winsen ebenfalls etliche stehen. „Viele Bewohner reetgedeckter Häuser sorgen sich zu Silvester um die Sicherheit“, sagt Theodor Peters, Sprecher der Stadt Winsen. In Winsen treffen sich „Feuerwerker“ traditionell am Schloßplatz und am Anleger der Elbfähre in Hoopte.
Graetzers Laden hat heute noch von 7 bis 14 Uhr geöffnet. Am Abend lässt Graetzer dann selbst die Effekte in den Himmel steigen. Morgen ist Inventur. Danach tritt Oliver Graetzer wieder seine normale Arbeit auf der Werft an.